Ende Mai ging in den USA die Kultserie «24» zu Ende – in Deutschland liefen in dieser Woche bei Sky die letzten Folgen. Als einziger deutscher Journalist sprach Manuel Weis mit «24»-Showrunner Howard Gordon über die Serie, das Finale und über den anstehenden Kinofilm. Für alle Fans: Sky wird die zweite Hälfte der achten Staffel nochmals am Stück zeigen. Den Marathon gibt es am 18. Juni auf Sky Cinema Hits.
Herr Gordon, sowohl in Deutschland als auch in den USA endete «24» kürzlich. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie die finalen Minuten gesehen haben. Was fühlen Sie, wenn Sie an die zurückliegenden neun Jahre denken?
Ich fühle mich stolz und ich bin begeistert, wenn ich an das Ende der Serie denke. Ich muss an alle Beteiligten ein dickes Lob aussprechen, die Arbeit, die das Team geleistet hat, macht mich sehr stolz. Viele Serien verabschieden sich nicht auf dem Niveau, das sie viele Jahre lang hatten. Wir können sehr zufrieden sein, dass wir eine Konstanz in Sachen Qualität hatten. Natürlich gab es auch bei uns Momente, die besser waren als andere. Aber ich denke, wir haben acht Staffeln lang ein gutes Produkt abgeliefert.
War es denn nun die richtige Entscheidung, «24» nach der achten Staffel einzustellen?
Absolut. Wir mussten jedes Jahr neue und andere Geschichten erzählen – am Ende hatten wir so vieles schon gemacht. Jack hat in der Serie eigentlich alles erlebt. Ich persönlich wusste schon vor dem Beginn der achten Staffel, das wir auf ein Finale hinsteuern…
Sie haben das wirklich schon im August 2009 gewusst?
Ja, wir wussten auch. Auch Kiefer hat es sicherlich gewusst. Wir haben unsere Gedanken einfach nicht öffentlich gemacht. Das Ende hat für uns eine große Chance bedeutet. Wir haben auf Risiko gesetzt. «24» hat nun 190 Episoden, da musste für das Ende etwas Besonderes her. Jack Bauer war in einer sehr riskanten Position – und ich glaube genau deshalb hat das Finale viele Fans auch gefesselt.
Ist es denn richtig, dass Sie für die neunte Staffel vielleicht gar keine guten Ideen mehr gehabt hätten?
Das kann ich nicht sagen, weil wir uns damit nicht beschäftigt haben. Wir konzentrieren uns nun alle auf den Film.
Auch Staffel acht spielte wieder mit der Frage, ob Jack nun ein „Good Guy“ oder doch eher ein „Bad Guy“ ist. Wie denken Sie darüber?
Ich denke, dass Jack Bauer ein „Good Guy“ ist, der aber böse Dinge tut. Aber er hat gute Gründe dafür – es ist nötig, dies zu tun. Das war für uns immer die Herausforderung bei der Figur Jack Bauer. Von Staffel zu Staffel wurde sie deshalb komplexer. Ich bin der Meinung, Jack ist auf jeden Fall ein wirklicher Held. Aber ein Held muss manchmal schlimme Dinge tun, um den Rest zu beschützen.
Wenn Sie zurückdenken: Welche Staffel war Ihr persönlicher Favorit?
Die erste Season. Vermutlich denke ich da so gerne zurück, weil alles neu war. Das ist ein bisschen wie nach einer Hochzeit. Da ist auch alles aufregend und spannend. Wir waren uns damals schon sehr sicher, dass «24» ein starkes Produkt ist mit dem wir viele Menschen erfreuen können. Die erste Staffel steht bei mir also sicher ganz oben. Dann kommt die fünfte Staffel…
…die ich persönlich als beste einstufe…
Wirklich? Ich habe Familie Logan geliebt. Sie hat uns allen sehr viel Spaß gemacht und tolle Erzählmöglichkeiten geboten.
Wie schwer war es für Sie zu Beginn der fünften Staffel Präsident Palmer umzubringen?
Ja, das war wirklich hart für uns. Dennis Haysbert war auch überhaupt nicht glücklich darüber. Er ist es auch heute noch nicht. Aber sein Tod hat unglaubliche Emotionen ausgelöst. David Palmer stand im Zentrum der kompletten Staffel, obwohl er gar nicht mehr am Leben war. Jack war in Staffel fünf sozusagen der Rächer dieses Todes. Dadurch hat die Staffel einen emotionaleren Drive bekommen. Es war eine große Überzeugungsarbeit, die ich vornehmen musste, ehe ich auch Dennis Haysbert von dieser Geschichte begeistert hatte.
Staffel fünf war also vielleicht die beste der Serie. Es ist denn richtig, dass Sie in Staffel sechs dafür einige Probleme hatten?
Ja, die sechste Staffel ist wohl die schwächste gewesen. Wir sind da irgendwie vom richtigen Weg abgekommen. Es war für uns dann während der Staffel richtig schwierig wieder zurück zu kommen. Wir haben leider nie die richtige essentielle Geschichte für die Season gefunden. Aber das hat dann dazu geführt, dass wir uns alle selbst überdacht haben und die Serie mit Staffel sieben wieder auf ein anderes Level hievten.
Lassen Sie uns über den Kinofilm sprechen, den Sie planen. Ist es inzwischen sicher, dass Teile davon in Europa spielen werden?
Ja, ein Teil des Films wird in Europa gedreht.
Können Sie schon sagen, welche Länder Sie bereisen? Vielleicht sogar Deutschland?
Nein, das ist noch nicht sicher. In den nächsten Tagen werde ich die Bücher wieder sehen, dann weiß ich vielleicht mehr.
Am Ende von Staffel acht haben Sie einige Fragen offengelassen. Werden Sie diese im Film beantworten?
Ja, das wollen wir. Wir haben Jack Bauer am Ende in eine ganz bestimmte Position gebracht. Er wird ins Exil geschickt – weg vom dem Land, in dem er fast ein ganzes Leben verbracht hat. Er darf nicht mehr in das Land, für das er sich so aufgeopfert hat getan hat. Genau dieser Punkt bietet uns nun sehr viel Platz um eine weitere Geschichte zu erzählen. Ich persönlich fand das Ende von Staffel acht
sehr traurig.
Wird das jetzt ein einziger «24»-Kinofilm oder ist auch eine ganze Filmreihe denkbar?
Ja, das ist möglich – das ist eigentlich auch unser Grundgedanke. Aber wir müssen nun einen Schritt nach dem anderen machen. Ob es wirklich so weit kommt, hängt auch von kreativen und finanziellen Dingen ab.
Viele Crew-Mitglieder von «24» machen fortan die neue NBC-Serie «The Event» - wie gefällt Ihnen diese und welche neuen Serien in den USA können Sie noch empfehlen?
Viele gehen zu «The Event», viele aber zum Beispiel auch zu «Dexter» oder dem ebenfalls neuen Format «Terranova». Für mich ist das etwas ganz anderes – ich sitze jetzt zu Hause, bin nicht am Set und arbeite. Wir waren eine ganz starke Familie und auch deshalb ist «24» so gut geworden. Von den neuen Formaten habe ich bisher keines gesehen, deshalb kann ich keine Wertung vornehmen.
Sie selbst arbeiten auch an einem neuen Projekt über Soldaten, die aus dem Krieg zurückkehren…
Ich mache zur Zeit eine Thriller-Serie, die den Titel «Prisoners of War» trägt. Es gibt davon eine israelische Version, von der wir uns aber entfernen werden. Bei uns sollen die einzelnen Charaktere vermehrt im Vordergrund stehen. Wir haben CIA-Agenten, die im Irak waren, Soldaten, die nach zehn Jahren aus Afghanistan zurückkommen. Auch wenn es ein Thriller wird, werden wir die Geschichten aber deutlich langsamer erzählen als bei «24».
Können Sie schon Genaueres sagen, ob das Format wirklich im US-TV laufen wird?
Nein, dafür ist es noch viel zu früh. Wir wissen alle nicht, ob wir FOX damit überzeugen können, oder ob wir vielleicht bei einem Kabelsender landen.
Ich drücke die Daumen, bedanke mich für acht großartige Staffeln «24» und wünsche alles Gute.
Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung.