Ist Impro noch in?

ZDFneo startet bald eine prominent besetzte Impro-Comedy. Ein Kommentar zur überraschenden Meldung.

Nicht selten hat uns ZDFneo in den vergangenen Monaten mit spannenden und interessanten Formaten überrascht. Mittlerweile kristallisiert sich heraus, dass der ambitionierte Spartensender eine brauchbare Alternative für das gewöhnlich langweilige TV-Programm geworden ist. Die Vermutung, dass er sich zum „arte für die jüngere Generation“ entwickeln würde, hat sich ebenso halbwegs bestätigt: Viele gute Dokumentationen, Independent-Filme sowie hochgelobte Serien («Spooks», «Hustle», «Weeds», «Huff») zeigen, dass vornehmlich eine junge, aber eben anspruchsvolle Zielgruppe erreicht werden soll. Damit hat ZDFneo tatsächlich eine kleine Marktlücke gefunden – auch wenn sich dies bisher nur marginal auf die Einschaltquoten auswirkt, die in der TV-Saison 2009/10 bei durchschnittlich 0,2 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen lagen. Immerhin aber verdoppelte man auf Anhieb den Wert des Vorgängersenders ZDFdokukanal. Und schließlich ist ZDFneo ja auch erst seit November 2009 auf den Bildschirmen.

Nun produziert die Fernsehstation eine Impro-Comedy namens «Ent-oder-Weder», die von keinem geringeren als «Quatsch Comedy Club»-Star Thomas Herrmanns moderiert wird. Zur Stammbesetzung der Comedians, die in der Show ihr improvisatorisches Talent beweisen müssen, gehören Bernhard Hoecker («Genial daneben») und TV-Zyniker Oliver Kalkofe («Kalkofes Mattscheibe»). Besonders letzterer ist eine Überraschungsbesetzung, denn Fernsehkritiker Kalkofe ist sehr selten ein ständiges Ensemble-Mitglied von Shows. Umso mehr Zündstoff verspricht dieses Team, zu dem sich jeweils ein wechselnder weiterer Komiker gesellt.

Zunächst werden sechs Folgen á 30 Minuten produziert. Herrmanns fungiert darin als Ideengeber, der den Comedians sagt, welche Thesen sie vertreten und welche Meinung sie zu den jeweiligen Themen haben sollen. Bisher hört sich das Konzept ein wenig nach «Frei Schnauze» an – jener Impro-Comedy bei RTL, die bis 2008 produziert wurde und aktuell noch im Nachtprogramm als Wiederholung zu sehen ist. Aber kann Impro überhaupt kopiert werden? Das Konzept materialisiert sich ja schließlich erst dadurch, dass es kein inhaltliches Konzept gibt. Impro ist eben Impro. Und daher ist es nicht entscheidend, ob nun Dirk Back in «Frei Schnauze» die Stichworte gibt oder bald Thomas Herrmanns im neuen Format «Ent-oder-Weder».

Der Unterschied besteht in der Umsetzung der Stichworte. Und hier können wir Zuschauer von Kalkofe und Co. viel Spaß erwarten – besonders wenn möglicherweise Fernsehshows parodiert werden, was sich bei dieser Besetzung schließlich anbieten würde. «Switch reloaded» auf Impro getrimmt. Denn auch Hoecker, der «Switch reloaded» beiwohnt, ist kein unbeschriebenes Blatt im Genre: Er spielt seit Jahren als Stamm-Mitglied in der «Schillerstraße», dem Pionier unter den Impro-Comedys. Hervorragend, dass der kleine Sender ZDFneo sich an dieses Projekt heranwagt, denn Impro ist eigentlich out. Die «Schillerstraße» ist als eine der wenigen Sendung dieses Genres übrig geblieben, doch auch ihr fehlte es zuletzt nicht nur an Zuschauern, sondern an inhaltlicher Qualität. «Genial daneben» fehlte es besonders an ersterem. ZDFneo wird mit seinem neuen Format zwar sicher nicht die Auferstehung dieses Genres feiern können, aber es kann gezeigt werden, dass ein riesiges Potenzial in diesem Bereich vorhanden ist, wenn nur die richtigen Comedians engagiert werden. Schließlich ist Impro neben dem StandUp die Königsdisziplin der komödiantischen Darbietung. Und dafür braucht es eben die besten. Kalkofe und Hoecker gehören dazu.

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