360 Grad

What the Fuck's Going on?

von
Julian Miller ist frustriert von der Erzählkultur derzeitiger Mystery-Serien. Vor allem das Finale des Inseldramas «Lost» hat ihn sehr enttäuscht.

Am Mittwoch ging im deutschen Pay-TV nach sechs Jahren das ABC-Mystery-Drama «Lost» zu Ende. Während die erste Staffel in den USA regelmäßig Einschaltquoten im zweistelligen Millionenbereich einfuhr, zogen die letzten Folgen nur noch vergleichsweise wenige Amerikaner in ihren Bann. Überraschend ist das jedoch nicht wirklich. Denn während die Autoren zwar zumindest die größten Mysterien der Serie mehr oder weniger aufgeklärt haben, blieb die Auflösung in vielen Dingen erwartungsgemäß unbefriedigend. Auch wenn die Showrunner Damon Lindelof und Carlton Cuse immer und immer wieder „den Weg“ zum Ziel erklärten, bleibt ein unangenehmer Nachgeschmack, wenn man betrachtet, dass viele unerklärliche Geschehnisse auf der mysteriösen Insel, über die man als Zuschauer jahrelang in Internetforen philosophiert hat, auf ewig ungelöst bleiben sollen.

«Lost» ist nicht die erste Serie, die sich dagegen entscheidet, eine vollständige Auflösung ihres Mysteriengewirrs zu liefern. Schon «Akte X», die Mutter aller neueren Science-Fiction-Serien, mit der FOX das Genre in den 90ern wieder salonfähig und erfolgreich machte, endete mit einem äußerst lieblos zusammengeschriebenen Finale relativ mau. Auch «Alias», das wie «Lost» von J. J. Abrams kreiert wurde, offenbarte in den letzten Staffeln einen deutlichen Unwillen, offene Fragen zu beantworten und ganze Storylines entpuppten sich als bloße MacGuffins.

Verwunderlich ist es da nicht, wenn Mystery-Serien nur noch ein immer begrenzteres Publikum erreichen. «Fringe», ebenfalls aus dem Hause Abrams, und das in den Vereinigten Staaten bereits abgesetzte «Flash Forward», konnten bei weitem nicht an die ehemaligen Quotenerfolge des Genres von vor einigen Jahren anknüpfen. Und auch «V», das in der letzten Season als Hit startete, musste am Ende seines ersten Fernsehjahres eine bedeutende Zuschauerflucht hinnehmen, als die Story immer mehr im Nichts versickerte. Und vermutlich wohl auch, weil sich der Spannungsgrad der Serie relativ niedrig hält, handelt es sich hier doch um das Remake eines dreißig Jahre alten Konzepts. Da hilft dann auch Elizabeth Mitchell nichts. Wenn sie auch in dieser Serie anders als in «Lost» wohl zumindest die Chance haben wird, ihre Figur einmal zu einem würdigen Ende zu bringen.

Alle neueren Mystery-Serien haben miteinander gemeinsam, dass ihre Auflösungen nach Jahren des Rätselratens häufig so kreativ und vielsagend sind wie ein buchstäblicher Deus ex Machina. Dabei ist es eigentlich klar, was Mystery-Zuschauer wollen. Und das ist ganz sicher nicht den Weg als Ziel. Wir wollen Antworten!

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