Statistisch gesehen

Sechs Richtige im Fußball-Lotto

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Oktopus Paul sagte die Ausgänge aller deutschen Partien richtig vorher. Übersinnliche Begabung oder doch alles nur Zufall?

Statistisch gesehen liegt die Chance auf sechs Richtige im Lotto 6 aus 49 bei 1 zu 13983816 und damit in etwa so hoch als würde man 800 Pakete Reis verschütten und dann blind nach einem bestimmten Reiskorn suchen.

Es hat leider wieder einmal nicht gereicht. Nach einer allerdings auch nicht unverdienten 0:1-Niederlage gegen Spanien ist die deutsche Elf wie vor vier Jahren erneut im Halbfinale gescheitert und darf nun nur noch das undankbare Spiel um den dritten Platz gegen Uruguay bestreiten. Sehr zur Freude des Ersten sicherlich, das dem ZDF dieses Mal die Übertragung des Finales überließ und damit nun die quotenträchtigen deutschen Auftritte gleich im Doppelpack hat. Deutschland musste sich übrigens sogar der gleichen Nation geschlagen geben wie vor zwei Jahren bei der Europameisterschaft. Einige mögen meinen, das sei immer noch besser als im Finale gegen Holland zu verlieren, aber wer wäre denn davon überhaupt ausgegangen?

Einer vielleicht, der alle echten sowieso selbsternannten Experten dieser Weltmeisterschaft mühelos in die Schranken wies: Oktopus Paul tippte alle deutschen Partien dieser Weltmeisterschaft richtig, indem er die Muschel aus dem richtigen der beiden aufgestellten Behälter fischte - einer mit der deutschen Flagge und einer mit der Flagge des jeweiligen Gegners. Der Auftaktsieg, die Niederlage gegen Serbien, das mühevolle Weiterkommen gegen Ghana, die auf dem Papier schweren Partien gegen England und Argentinien und schließlich das Aus gegen Spanien. Der gebürtige Engländer und heutige Oberhausener Paul wusste es alles schon vorher. Zufall oder doch eine hellseherische Begabung?

Von Signifikanz spricht man in der Statistik, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass das untersuchte Ereignis zufällig zustande gekommen ist, unterhalb einer gewissen, sehr niedrigen Schwelle liegt - oftmals werden dazu 5 Prozent gewählt. Hätte Paul seine Entscheidungen rein zufällig getroffen, mit 50 Prozent Wahrscheinlichkeit für Deutschland und 50 Prozent für den Gegner, wäre ein solch gutes Ergebnis wie er es erreicht hat in gerade einmal 1,6 Prozent aller Fälle zustande gekommen. Kaum zu glauben, dass das Zufall gewesen sein soll. Unterstellt man Paul, die deutsche Flagge so gewohnt zu sein, dass er sich in zwei Dritteln der Fälle dafür entscheidet, liegt der Wert immerhin noch bei 2,9 Prozent. Auffallend niedrig!



Noch gravierender: Nimmt man Pauls Ergebnisse der letzten Europameisterschaft hinzu, als er in fünf von sechs Fällen richtig lag (vor dem Finale war der Gute offenbar einfach verschnupft), ergibt sich im reinen Zufallsentscheid ein Wert von 0,3 Prozent, beim Entscheid mit deutscher Tendenz immerhin 0,9 Prozent. Und sofern man auch noch Unentschieden zulässt, mit der Hälfte der Wahrscheinlichkeit von Sieg oder Niederlage, dann verringert sich die Wahrscheinlichkeit, ein solche gutes Ergebnis rein zufällig zu erzielen sogar auf 0,01 Prozent. Und das kann nun wahrlich kein Zufall mehr sein. Die übersinnlichen Fähigkeiten von Paul sind damit statistisch erwiesen.

Gerüchteweise soll übrigens die Nachfrage nach Kraken in den Tierhandlungen bereits kräftig nach oben geschnellt sein während Spielcasinos schon reagierten und den Tieren Hausverbot erteilten. Auch auf dem Markt für unterwasserfeste Lotteriemaschinen soll angeblich derzeit Hochkonjunktur herrschen. Und ob das Fernsehen schon bei Paul angefragt hat und sich Hollywood bereits die Filmrechte gesichert hat ist zwar noch unbekannt aber ziemlich wahrscheinlich.

Paul wird es egal sein. Er hat das Rentenalter für Kraken erreicht und wird sich nun zur Ruhe setzen. Nach sechs Richtigen im Fußball-Lotto dürfte sich der Lebensabend allerdings auch recht angenehm gestalten lassen. Das sollte vielen deutschen Lottospielern doch eigentlich Hoffnung machen.

Oft steckt mehr hinter den Zahlen des TV-Geschäfts als man auf den ersten Blick sieht. Oder weniger. Statistisch gesehen nimmt sie unter die Lupe.

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