Pro von Timo Niemeier:

Klopp wechselte inzwischen auch zum Konkurrenten RTL. Und von dort aus schickte er nach der WM gleich einen Gruß zurück nach Mainz: "Die Arbeit hat mir mit diesem Team einen Riesenspaß gemacht. Hier waren nur Arbeitstiere am Werk. Ich habe schon erlebt, dass von viel mehr Menschen als von diesem klitzekleinen Team die gleiche Arbeit bewerkstelligt wurde", so der Trainer von Borussia Dortmund. Gemeint sind wohl die Scharen von Mitarbeitern der öffentlich-rechtlichen Sender. Diese schickten zur Weltmeisterschaft in Südafrika mehrere hundert Männer und Frauen, Sky kam mit einem Team aus 70 Personen aus. Auch bei RTL reichte ein deutlich kleineres Team. Das Ergebnis war stets gleich: Eine technisch einwandfreie Übertragung der Fußballspiele. Wieso müssen aber ARD und ZDF die Gebührengelder derart verschwenden und so viele Mitarbeiter direkt aus Südafrika senden lassen.
Das Argument, dass bei Privatsendern während den Fußballspielen zu viel Werbung laufe, kann ich nicht gelten lassen. Natürlich läuft dort Werbung. Natürlich MUSS dort Werbung laufen. Fußballrechte sind derart teuer, dass Privatsender gar keine andere Möglichkeit haben, als einen Teil dieser Kosten über Werbung wieder hinein zu holen. Ganz gedeckt werden können diese Kosten ohnehin nicht. Anders bei ARD und ZDF. Hier spielt Geld dank der überschäumenden Gebühreneinnahmen fast keine Rolle. Dass aber ein privater Medienkonzern, der sich am Ende eines Jahres vor seinen Aktionären rechtfertigen muss, auch ein wenig die finanzielle Seite im Auge haben muss, ist klar.
Und würde bei den Mitarbeitern von RTL oder Sat.1 nicht auch die Motivation extrem steigen, wenn sie reelle Chancen auf Deutschlandspiele bei wichtigen Turnieren hätten? Ich denke ja. Bei Sat.1 konnte man sich in diesem Jahr schon über tolle Spiele in der Champions League freuen, RTL musste sich dagegen bei der WM mit dem ein oder anderen Grottenkick begnügen. Entsprechend hoch bzw. niedrig fällt die Motivation bei den einzelnen Mitarbeitern aus. Und zufriedene Menschen in einem Unternehmen liefern bekanntlich auch bessere Arbeit ab. Vielleicht dann sogar bis weit über ein Fußballturnier hinaus. Der ProSiebenSat.1-Gruppe würden positive Nachrichten und gutgelaunte Mitarbeiter jedenfalls gut tun. Fußballspiele der deutschen Nationalmannschaft bei Privatsendern, ein Versuch wäre es durchaus wert.
Contra von Manuel Nunez Sanchez:

Auch die redaktionelle Qualität hat sich in der jüngeren Vergangenheit bei Privatsendern im Sportbereich immer wieder als mangelhaft herausgestellt. Während man bei ARD und ZDF recht umfassend über die Mannschaften und die betreffenden Nationen informiert wird, beschränkte man sich bei den privaten Anstalten auf das Allernötigste und füllte die Teile der Berichterstattung, bei denen sich nicht genügend Werbepartner fanden, mit belanglosen und boulevardesken Themen wie Berichten von Fanpartys oder dem Leben der Spielerfrauen, während man gleichzeitig bei den Öffentlich-Rechtlichen bereits vor Spielbeginn zumeist fachkundige Analysen geboten bekommt.

Ganz außen vor gelassen werden kann auch die gute, alte Tradition der deutschen Zuschauer nicht, die sich einfach daran gewöhnt haben, die deutsche Nationalmannschaft auf dem ersten oder zweiten Kanal sehen zu können. Mit Sicherheit ist dies nicht das stärkste Argument, das gegen Übertragungen von Länderspielen auf privaten Kanälen spricht, aber ein gewisses Maß an Tradition sollte nach Möglichkeit und beim Fehlen besserer Alternativen doch gewahrt werden. Keine Sender sind außerdem derart frei und leicht empfangbar wie ARD und ZDF, die oftmals auch im Ausland in Hotelfernsehgeräten einprogrammiert sind.
Von der Pflicht, als von Gebühren der deutschen Bevölkerung lebende staatliche Sendestationen auch ein Programm für alle Bevölkerungsschichten machen zu müssen, einmal ganz zu schweigen. Dieser Pflicht kommen die beiden Sender schon jetzt selten genug nach, wie man an den schwachen Einschaltquoten bei den jüngeren Zuschauern sehen kann. Bis auf Fußball und «Wetten, dass...?» gibt es mittlerweile nur noch ganz wenige Sendungen, die wirklich alle Bevölkerungsschichten erreichen können, weshalb Länderspiele ein wichtiger Bestandteil zur Legitimation der Rundfunkgebühren sind. Schon deshalb sollte es den großen öffentlich-rechtlichen Sendern ein Anliegen sein, diese Events von nationaler Bedeutung, zu welchen Fußballspiele des deutschen Teams inzwischen hochstilisiert wurden, weiterhin an sich zu binden.