5 Köpfe

Ideen für einen neuen ARD-Vorabend ab 2011

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Die ARD wird wohl ab 2011 einen neuen Vorabend haben. Fünf Quotenmeter-Redakteure geben ihre Vorschläge ab - wie sollte das Programm künftig aussehen?

Manuel Weis, Chefredakteur Quotenmeter.de


Journalisten und teilweise auch Programmbosse neigen hin und wieder dazu, bei schlechten Quoten, die sich über eine gewisse Zeit hinweg ziehen, nervös zu werden. Das ist momentan sicherlich auch beim «Marienhof» zu beobachten – hier haben die ARD-Chefs schon eine ganze Weile durchgehalten. Für den neuen Vorabend des Ersten Deutschen Fernsehens kann die Empfehlung aber nur sein, weiterhin an «Verbotene Liebe» und dem «Marienhof» festzuhalten. Beide Formate müssen sich aber einer Frischzellen-Kur unterziehen. Neue und innovative Erzählansätze müssen her, gerade beim «Marienhof» sollte man nicht alte und verschwundene Charaktere zurückbefördern, sondern frische und unverbrauchte Geschichten erzählen. Dass man sich möglicherweise auch an ausländischen Formaten (oder Telenovelas) anlehnen kann, dürfte kein Hindernis sein. Direkt im Anschluss sollte der Show «Das Duell» der Stecker gezogen werden. Was an dieser Stelle laufen soll, ist nicht einfach zu beantworten. Ein Versuch wäre es wert noch einmal eine Telenovela mit der Laufzeit von 50 Minuten zu probieren. Auch wenn «Eine für alle» grandios scheiterte muss dies nicht heißen, dass das Genre im Ersten ab 18.50 Uhr nicht funktioniert. Die Zeit ab 19.40 Uhr könnte für ein neues Magazin genutzt werden, das die bisherigen kurzen Einzelformate miteinander verbindet – dann könnte die ARD um kurz vor 20.00 Uhr aber nicht mehr so viel Werbung zeigen, weshalb diese Idee wohl von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.

Jan Schlüter, Redakteur Quotenmeter.de


Programm-Baustelle Vorabend: Das Erste hat in den vergangenen Jahren schon unzählige Formate ausprobiert – und einige davon sind davon sogar noch mehr gefloppt als das gern zitierte Paradebeispiel «Bruce», die Stylingshow mit dem heutigen «Supertalent»-Juror Bruce Darnell. Aber führt der Ausweg aus der Misere wirklich über Doppelfolgen blasser Gameshows wie «Das Duell» oder die Absetzung gestandener Soaps wie «Marienhof»? Über letztere wurde in den vergangenen Wochen und Monaten spekuliert; es wurde von diversen Medien kolportiert, dass das Ende der langjährigen Soap besiegelt sei. In Wahrheit ist aber noch nichts entschieden und die ARD wäre töricht, würde sie einen ihrer Vorabend-Klassiker einstellen: Hier auch noch die Kontinuität im Programm zu Gunsten möglicher neuer, peinlicher Flops aufzugeben, wäre ein fataler Schritt in die falsche Richtung. Nein, schlecht laufende Soaps können durch gute, interessante Geschichten – also vorrangig die Arbeit der Drehbuchautoren – eher gerettet werden. Und auch sonst bleibt der große Vorabend-Umbau aus: Trotz zahlreicher Ideen programmiert Das Erste im Herbst anstelle des «Quiz mit Jörg Pilawa» zwei Folgen der Show «Das Duell». Diese Lösung kann aber nur kurzfristig gelten, da auch dieses Format kein Quotenbringer ist. Halbwegs beliebt ist der Sender am Vorabend nur noch montags mit dem «Großstadtrevier». Und vielleicht sollte man genau hier ansetzen: Deutsche Fiction-Formate sind im Trend; das ZDF macht den Erfolg mit seinen zahlreichen Vorabend-Krimis wie der «SOKO»-Reihe vor. Eine Stunde kann die ARD im Programm frei räumen und interessante Serien entwickeln. Das Flop-Potenzial dieser Idee wäre zumindest geringer als bei der ARD-Archivware, die mittlerweile im Sender-Giftschrank versteckt wurde, damit sich niemand mehr an sie erinnert.

Fabian Riedner, Geschäftsführer Quotenmeter.de


Die Programmverantwortlichen der ARD haben ein großes Problem, denn der gesamte Vorabend – mit Ausnahme des Boulevardmagazins «Brisant» – läuft unter Senderschnitt. Das Erste muss also zwei Stunden Programm produzieren, das bei den jungen als auch bei den älteren Zusehern gefragt ist. Mit «Verbotene Liebe» und «Marienhof» liegt man zwar – zumindest bei den jungen Leuten – noch über dem Sender-Marktanteil, jedoch fallen diese Werte kontinuierlich.

Neue Seifenopern wie zuletzt «Hannah» und «Eine wie Keine» haben Probleme, denn der Markt gilt derzeit als gesättigt. Womit sollten die Programmstrategen stattdessen ihr Programm füllen? Es gibt ein Feld, auf dem Das Erste nur mit dem ZDF konkurrieren kann: Nachrichten und Information. Um 18.00 Uhr sollte man den Weg zu einem Nachrichtenmagazin wagen, welches die magische «Tagesschau»-Länge von 15 Minuten durchbricht. Wenn Spiegel Online Millionen von Bürgern mit einer entsprechenden Aufmachung und interessanten Themen beeindrucken kann, dann sollte das die ARD auch am Vorabend schaffen. Ein tägliches Politikmagazin mit tagesaktuellen Nachrichten und kritischen Beiträgen könnte eine Revolution am Vorabend auslösen, denn von investigativem Journalismus haben sich «taff.», «Explosiv» und Co. schon seit vielen Jahren verabschiedet.

Der bekannte und beliebte ARD-Moderator Ranga Yogeshwar sollte nicht weiter vor der 20.00 Uhr-«Tagesschau» verheizt werden, sondern ein vernünftiges Magazin moderieren. Derzeit schafft es «Galileo» mit seichten Beiträgen und irgendwelchen seltsamen Tests auf Marktanteile um die 15 Prozent in der Zielgruppe, Das Erste könnte ebenfalls einen Stück vom Kuchen abhaben – allerdings mit seriösen Beiträgen. Einst dominierte «Welt der Wunder» mit wissenschaftlichen Reportagen den Sonntagabend, inzwischen wurde allerdings auch dies aufgegeben. Das Interesse der Zuschauer an Wissen ist nachwievor vorhanden, sonst würden die Verkaufszahlen von Fachschriften und DVD- und Blu-Ray-Filme nicht immer weiter zunehmen.

Dies sind zwei Lösungsvorschläge für den maroden ARD-Vorabend, der nicht etwa mit täglichen Seifenopern gefüllt werden, sondern die Kernkompetzten des Senders wiedergeben sollte. Nicht umsonst spricht das Privatfernsehen immer davon, dass der Vorabend die Visitenkarte einer TV-Station ist. Im Falle der ARD bestünde die Visitenkarte aus Boulevard, zwei mittelmäßigen Soaps, zwei Quizshows und danach einer Flut aus Werbung, die von Börse, Wetter und Wissen unterbrochen wird.

Sidney Schering, Kolumnist und Kinokritiker Quotenmeter.de


Sollten sich die Gerüchte tatsächlich bewahrheiten, dass wir uns bald von der Vorabend-Institution «Marienhof» verabschieden können, dann wäre dies natürlich ein geeigneter Anlass für eine komplette Rundumerneuerung des Vorabends im Ersten. Sollte jemand verrückt genug sein, mich um die Gestaltung des Vorabendprogramms im Ersten zu bitten, ich wüsste, worauf ich setzen würde. Da sich Quizformate mittlerweile überreizt haben und ich kein Freund von Daily Soaps und ihren (angeblich) im Voraus durchgeplanten Vettern, den Telenovelas, bin, hätte ich große Freude daran, wenn man wieder wie zu Beginn der 90er-Jahre auf Programme setzt, die gleichzeitig zwei unterschiedliche Alterssichten ansprechen. Damals liefen zum Beispiel «Die Dinos» im Vorabendprogramm: Ideales Programm, um die Kinder danach ins Bett zu schicken und gleichzeitig frech-frischer und intelligenter Eskapismus für Leute, die gerade von der Arbeit kommen. Dass Serien, die sowohl Kinder, als auch Ältere ansprechen am Vorabend auch heutzutage Erfolg haben können, zeigt ProSieben ja seit vielen Jahren mit den Simpsons. Da sich außer Matt Groenings gelber Familie kaum ein Fiction-Format für eine Endlosschleife in Doppelprogrammierung eignet, stelle ich mir vor, dass man vielleicht eine neue Serie und einen Klassiker zusammenpackt. Zur Ergänzung hätte ich auch an einer werktäglichen, kritischen und dennoch spritzigen Comedyshow Freude, einer frühen Late-Night sozusagen. Bloß mangelt es dafür wieder an tragfähigen, jungen Gesichtern... Und das ist wieder ein anderes Problem im deutschen Fernsehen.

Torben Gebhardt, Redakteur Quotenmeter.de


Das Erste und sein Vorabend. Eine vernünftige Möglichkeit, dieses Problemfeld schnell und komplikationsfrei frei zu räumen und mit quotenträchtigen Sendungen zu bestücken, ist wahrlich nicht einfach und mit Sicherheit auch kostenintensiv. Betrachtet man aber die Quotenentwicklung der aktuellen Formate in der tagtäglichen Sende-Schiene, wäre es nur klug, wenn sich Das Erste von einer seiner beiden Vorabend-Soaps trennen würde. Ein radikaler Schnitt im Zusammenhang mit dem Ende von «Das Quiz mit Jörg Pilawa» wäre ratsam. Zudem müssten noch verlässlichere Sendezeiten entstehen. Immer um Punkt und um halb startet eine neue Sendung. Schluss mit dem 20 nach, viertel nach, 25 nach, etc.
Zudem sieht man ja, das deutsche Fiktionsware mit dem «Großstadtrevier» auch im Gemeinschaftsprogramm der ARD funktioniert. Warum also nicht, ähnlich wie das ZDF mit dem «SOKO»-Franchise, täglich auf eine unterschiedliche Serie oder ein sonstiges Format setzen? Luft nach oben ist genügend vorhanden, schlechter als zur Zeit kann es auf einigen Sendeplätzen fast nicht mehr werden. Und die Erfolge der Vorabendserien aus der Vergangenheit sind ja nun auch noch nicht so weit in Vergessenheit geraten. Für die Zukunft gilt einfach die Devise, mehr Mut zu beweisen.

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