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Eine gute Parodie nimmt ihre Zielscheibe ernst und verleiht ihr im richtigen Moment ein vollkommen unerwartetes Element. Oder sie überzieht durchgehend die Eigenheiten des Originals und gibt es so der Lächerlichkeit preis. Und die wohl schwierigste Parodie-Schule ist die des Komödien-Trios Zucker-Abrahams-Zucker. Viele versuchten ihren Stil zu kopieren, darunter auch die besagten Dilettanten Seltzer und Friedberg, kaum jemandem gelang es: Die Macher von «Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug» nehmen die visuelle und dramaturgische Sprache eines Films oder eines Filmgenres und impfen ihr zahllose abgedrehte Albernheiten ein. Dies erfordert ein auf den Punkt gebrachtes Fingerspitzengefühl und die richtige Balance zwischen Banalität und unerwarteter Genialität, um komisch zu sein. Zucker-Abrahams-Zucker beherrschen dies, alle anderen fallen auf Seltzer/Friedberg-Niveau herab.
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Die Filmparodie ist in ihrem Facettenreichtum eine unverdient unterschätzte Kunstform. Allein schon die stets geäußerte lapidare Aussage, in einer Parodie werde etwas durch den Kakao gezogen und lächerlich gemacht, ist ganz genau genommen ein Irrtum. Viele Parodien verstehen sich zugleich als Hommage an ihre Opfer. Das ist, von solchen Genrekonzentraten wie «Hot Fuzz» abgesehen, zwar seltener bei ausgedehnten Parodie-Produktionen der Fall, kommt dafür aber umso häufiger vor, wenn Serien oder Filme sich nur über die Dauer einer einzelnen Sequenz ins Fach der Parodie begeben.
Ein Film, der unzählige Male parodiert wurde, bei der sich die kritisierenden Parodien allerdings bestenfalls an einer Hand abzählen lassen, ist Stanley Kubricks «2001: Odyssee im Weltall». Dieser Klassiker von 1968 wird häufig als der beste Science-Fiction-Film aller Zeiten bezeichnet und noch heute begeistert (und verwirrt) er Cineasten wie am ersten Tag. Fast jeder, der nicht einsiedlerisch in einer Höhle lebt und dort jeglichen Kontakt mit fiktionalen Medieninhalten vermeidet, wird mit Teilen dieses Kulturgutes in Berührung gekommen sein. Meist jedoch ohne es zu merken. Denn nach höchst wissenschaftlichen Forschungen zu urteilen, die ich mir gerade aus den Fingern sauge, kommen auf jeden «2001»-Zuschauer fünfzig Menschen, die irgendwann eine Parodie auf den Film gesehen haben, nicht aber das Original.
So wie ich das beobachte, profitiert «2001: Odyssee im Weltall» unter allen als gut anerkannten Filmen am meisten von seinen Parodien. «Matrix» wird häufig parodiert, doch die meisten Kenner dieses Films hätten ihn sich auch ohne diese Verballhornungen angesehen. Für «2001: Odyssee im Weltall» hingegen rühren nunmehr Generationen von Film- und Serienmachern die Werbetrommel, indem sie ihm humoristisch Tribut zollen. Sei es das heiß diskutierte, verwirrende Ende, der ikonische schwarze Monolith, HAL 9000 (der Prototyp nahezu jeder kalt kalkulierenden Maschine in der Filmgeschichte) oder der legendäre Anfang mit Kubricks eigener Nacherzählung des „Morgen[s] der Menschheit“. Und wo eine Referenz auf «2001: Odyssee im Weltall» ist, ist auch «Also sprach Zarathustra» nicht fern, Richard Strauß' sinfonische Dichtung, basierend auf einem Text des Philosophen Friedrich Nietzsche.
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Es wäre ein leichtes, diese Liste stundenlang weiterzuführen. Ich ging zum Beispiel noch gar nicht auf die Anspielungen in «WALL•E» ein. In diesem Pixar-Film werden die humorvollen Referenzen auf «2001: Odyssee im Weltall» nicht nur als schneller Gag für die Filmkenner im Publikum eingesetzt, sondern auch um der behandelten Thematik weitere Tiefe zu verleihen. Vor allem funktionieren diese Momente dank des guten Drehbuchs selbst dann, wenn man Kubricks Meilenstein nicht gesehen hat. Das lässt sich nicht über jede «2001: Odyssee im Weltall»-Parodie sagen.
Was dagegen allen gemein ist: Sie sind Verbeugungen vor Stanley Kubrick. Die Filmschöpfenden zeigen den Cineasten im Publikum, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht haben und säen in den unwissenden Zuschauern Neugier. Kinder wachsen mit den Simpsons auf, kratzen sich eines Tages am Kopf, schauen perplex aus der Wäsche, trotten zum Computer, suchen ein wenig herum, stoßen darauf, dass diese seltsame Szene, deren Nachahmungen sie so oft gesehen haben aus «2001: Odyssee im Weltall» stammt – und dann wollen sie ihre Bildungslücke schließen. Es ist eine Szene, wie man sie nicht besser zu «Also sprach Zarathustra» inszenieren könnte. Der Beweis, wie aus der Kunstform Parodie, die viele als reine Verballhornung betrachten, ein Hilfsmittel der Filmkultur wird. Wie aus Nichtwissenden Kenner eines Kunstwerkes werden.
Vielleicht sollte jemand Seltzer und Friedberg mit einem gewissen Monolithen verprügeln. Einen Versuch ist es wert, womöglich werden aus diesen Affen mit Schreibmaschine plötzlich echte Comedy-Autoren. Wenn nicht: Im schlimmsten Fall haben wir danach etwas blutigen Matsch auf dem Teppichboden eines Büros in Hollywood. Wen juckt das schon?