Noch witzelt Harald Schmidt im Ersten. Ist der Auftakt zur letzten Staffel seiner ARD-Show gelungen?
Eigentlich sollte Harald Schmidt mit seiner ersten Show nach der Sommerpause in eine ungewisse Zukunft gehen: Sein Vertrag mit der ARD läuft im Sommer 2011 aus; durch den kürzlichen Jauch-Deal hatte die ARD zudem nicht mehr genügend Geld in der Kriegskasse, um den hoch dotierten Millionenvertrag Schmidts noch einmal mit ähnlichen Gehältern zu verlängern. Eigentlich also. Doch Schmidt überraschte vor wenigen Tagen mit der Meldung, nach seinem auslaufenden ARD-Vertrag zurück zu Sat.1 zu gehen und die «Harald Schmidt Show» wiederzubeleben. Auf welchem Sender Schmidt nun also ab Herbst 2011 zu sehen ist, konnte kurz vor dem Ende seiner Sommerpause geklärt werden. Insofern stand auch die Premierensendung am Donnerstagabend unter einem besonderen Stern.
Im Stand-Up zu Beginn wurden die kontroversen Themen des Sommers im Eiltempo durchgepaukt: Sarrazin, Kachelmann und das Ende der Bundeswehr. Nicht ein Wort oder eine Anspielung erlaubte sich Schmidt zu seinem Sat.1-Wechsel, obwohl das Thema Anfang der Woche durchaus nicht nur branchenintern gehandelt, sondern überall vermeldet wurde. Der neu eingekaufte ProSieben-Parodist Max Giermann hatte nach dem zähen Stand-Up seinen ersten Auftritt als Imitator unseres Bundespräsidenten Christian Wulff. Da dieser aber zu wenige Merkmale und Auffälligkeiten vorweisen kann, um eine gute Parodie daraus schnitzen zu können, ging Giermanns per Clip zugespielte Witzelei ziemlich daneben. Hoffentlich lassen sich in den kommenden Sendungen Prominente finden, die sich auch gut parodieren lassen.
Dem schwachen Anfang folgten diverse Einspieler und Schmidt-Monologe über die zwei großen Themen Integration und „Stuttgart 21“. Highlights dieser Folge – wie auch schon in der vergangenen Staffel – waren die Clips des Schmidt-Ensembles, diesmal in Form von Jan Böhmermann, der sich als „Stuttgart 21“-Demonstrant unter das Volk mischte und den Bürgeraufstand zur internationalen Protestbewegung epischer Größe stilisierte.
Harald Schmidt selbst wirkte engagiert und professionell – von Lustlosigkeit war wenig zu spüren, leider dafür umso mehr von Humorlosigkeit. Ein Feuerwerk guter Gags war die Schmidt-Premiere wahrlich nicht, die typisch bissige Satire war dennoch über weite Strecken vorhanden. Der Interviewgast zum Ende der Show hieß diesmal Ernst Prost, Geschäftsführer der deutschen Firma Liqui Moly. Mit dem Unternehmer wurde eine Brücke geschlagen zur ersten «Harald Schmidt»-Sendung vor einem Jahr, die ebenfalls einen Geschäftsmann einer Traditionsfirma (Wolfgang Grupp von Trigema) zu Gast hatte. Leider erwies sich das Prost-Gespräch als belanglose Farce und ließ den überraschenden Charme vermissen, den die Schmidt-Interviews zuletzt hatten und einige legendäre Diskussionen innerhalb der Sendung hervorbrachten (beispielsweise mit Rainald Goetz). Es war also wahrlich nicht der beste Schmidt, den die Zuschauer am Donnerstag einschalten konnten. Hoffen wir, dass er sich seine komödiantischen Kräfte schon für den Sat.1-Neuanfang aufspart.