Hingeschaut

Wackeln, Mut und eine Portion Kitsch

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Mit «Lena» hat das ZDF Neuland betreten – und damit möglicherweise einige Stammseher verschreckt.

Kritiker haben es gefordert und auch aus den Aussagen des ZDF konnte man es zuletzt immer wieder herauslesen – man hat sich auch deshalb von Telenovela-Produzent Grundy Ufa getrennt, weil man nicht wieder eine tägliche Serie haben wollte, die so oder so ähnlich wie ihre Vorgänger aussieht. Mit Wiedemann & Berg Television, einem Joint Venture von Endemol, arbeitet man nun mit einer neuen, jungen Firma zusammen, die für das ZDF «Lena», eine Adaption eines tierisch erfolgreichen argentinischen Formats umsetzt. Ein Ziel dürfte erreicht sein: «Lena» sieht in ihrer Bildsprache wirklich total anders aus als die Vorgänger. Sofort wird die Intention deutlich: Stärker als offiziell vom ZDF zugegeben, möchte man wohl das junge Publikum an die Serie bilden.

Damit sich auch Menschen unter 30 im ZDF wohl fühlen, wackelts und ruckelts im Bild gerne – das ist an einigen Stellen unpassend und stößt bereits jetzt in manchen Fanforen auf reichlich Kritik. Die Bildsprache allgemein ist eine Mischung aus Moderne und dem, was man in lateinamerikanischen Ländern kennt. Ungewöhnlich viele Großaufnahmen und somit der fast maximale Transport von Emotionen sollen für stärkere Gefühle auch beim Zuschauer sorgen. In Sachen Bildschnitt ist «Lena» ebenfalls deutlich moderner – man dürfte hier gleichauf liegen mit jungen und trendigen Formaten wie «Alles was zählt».

Auch «Alles was zählt» begann übrigens mit Wackelkamera, die Weichzeichner und Bildfilter sorgten dabei allerdings für ein hochwertigeres Erscheinungsbild. Beim bloßen Hinsehen kann «Lena» an der ein oder anderen Stelle nämlich durchaus ein wenig billig wirken – zu schnell assoziiert man mit der gewählten Bildsprache nämlich Trash-Produktionen wie «K 11» und Co. Inhaltlich setzte die Telenovela in ihrer Auftaktfolge auf großen Kitsch – der Magic Moment, also der Moment, in dem sich das Hauptpaar zum ersten Mal sieht, wurde groß inszeniert – auch das hat man wohl in Argentinien gelernt. Interessant war nicht nur der Prolog, der einen Mordanschlag auf Love Interest David sechs Monate nach der ersten Begegnung mit Lena zeigt, sondern auch die grundsätzliche Liebesgeschichte.

Hier geht «Lena» weg vom üblichen Klischee, der am besten vor Kurzem verlassenen Telenovela-Heldin, die sich in einen verlobten Mann verguckt. Bei «Lena» ist das genau anders: Sie hat einen Freund, ist mehr oder weniger glücklich mit ihm, verliebt sich aber doch in David, der zwar keine Freundin, aber doch einige Frauen hat. Genau dieser Punkt ist übrigens sehr mutig: Den männlichen Hauptdarsteller gleich in der ersten Sequenz für einen One-Night-Stand in der Flugzeugtoilette verschwinden zu lassen; das dürften einige ZDF-Stammzuschauer den Autoren wohl übel nehmen.

«Lena» kommt mit hellen, frohen Farben daher, überzeugt auch durch mitunter recht kurze Szenen. Weil die Produktion von rund dreiminütigen Szenen schneller geht, setzen andere Telenovelas aus produktionstechnischen Gründen eher auf die Kaugummi-Variante – nicht aber die neue ZDF-Serie. Auch das sorgt für ein ungewohnt hohes Tempo. Kaum jemand hätte wohl gedacht, dass das ZDF bereit ist, so viel an seiner Telenovela zu ändern und in der Tat damit ein beachtliches Risiko einzugehen. Es ist nicht davon auszugehen, dass man bei alten Zuschauern die hohen Werte der Vorgänger halten kann – der Erfolg von «Lena» wird also mit der Bereitschaft der Bevölkerung unter 40 Jahren zusammenhängen, sich auf diese Geschichte einzulassen. Und das kann auch nach hinten losgehen.

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