Die Kritiker

«Ein geheimnisvoller Sommer»

von

Inhalt:


Esther Kaufmann ist eine überaus talentierte und erfolgreiche Fotografin – dementsprechend hohes Ansehen genießt sie in der Branche. Und doch findet Esther keine Bestätigung oder gar Freude mehr in ihrer Arbeit. Zurückzuführen ist die Resignation auf ihren verheirateten Verleger Rolf, mit dem sie seit gefühlter Ewigkeit ein Verhältnis pflegt. Die besten Jahre ihres Lebens hat sie ihm geschenkt, aber jetzt trennt sich Rolf von ihr – denn er erwartet ein Kind. Allerdings nicht mit der eigentlichen Gattin, sondern seiner neuen Sekräterin. Zu allem Überflüss lässt Rolf die Katze erst aus dem Sack, als er gemeinsam mit Esther das alte Ferienhaus der Familie besucht.

Wirklich lange hält der Zorn auf Rolf nicht an: Wenige Tage, nachdem er sich nachts aus dem Haus geschlichen hat, wird seine Leiche aus dem See geborgen. Esther versinkt zunehmend in ihren Isolationsängsten. Gesellschaft bekommt sie von Stephan Berghoff, einem Freund Rolfs, der früher immer zusammen mit ihm, dessen und einer weiteren Familie Urlaub gemacht hat – hier, in dieser Einöde, die Esther den Verstand raubt. Erst Paul, der Nachbarsjunge und Sohn der ehemaligen Haushälterin der Familien, macht ihr klar, das viel mehr hinter der ruhigen Kullisse steckt als man denken mag. Konkreter: Ein schmutziges Geheimnis.

Darsteller:


Suzanne von Borsody («Lola rennt») ist Esther Kaufmann
Ludwig Blochberger («Bis nichts mehr bleibt») ist Paul
Erwin Steinhauer («Polt») ist Rolf Berghoff
Peter Prager («Doctor's Diary») ist Stephan Rainbold
Nikola Kastner («Fleisch ist mein Gemüse») ist Sascha

Kritik:


Müsste man «Ein geheimnisvoller Sommer» mit einem Wort beschreiben, fiele die Wahl nicht schwer: Bedeutungsschwanger. Nicht etwa “bedeutungsvoll“ oder “bedeutend“, sondern ganz bestimmt “bedeutungsschwanger“ - damit hat man die Aufmerksamkeit und das Stirnrunzeln des Zuhörers auf seiner Seite. Der von Johannes Grieser iszenierte Fernsehfilm nimmt sich seine gesamze Laufzeit hindurch zu ernst und glaubt sich in schwerwiegender Aussagekraft – ohne dabei auch nur irgendetwas wirklich zu sagen. Das kann man allerdings weniger Regisseur Grieser vorwerfern, der als waschechter Krimi-Veteran («Tatort», «Ein starkes Team», «SOKO Leipzig») durchaus ein solides Drama abliefert. Hinter den pathetischen Dialogen und der ausladenden Story steht ja bekanntlich das Drehbuch. Das stammt in diesem Fall von Hannah Hollinger, die von einem „psycholigischem Drama in Form eines Thrillers“ spricht . Dumm, dass «Ein geheimnisvoller Sommer» sowohl am Aufbau von Spannung als auch Empathie für die Figuren scheitert. Von der recht vorhersehbaren Auflösung einmal abgesehen.

Hier wird vor nichts Halt gemacht – jeder Charakter muss sich etwas von der Seele reden und sogar der 17-jährigen Schülerin werden Worte in den Mund gelegt, die eine nicht fassbare Lebenserfahrung erahnen lassen. Wenn jede Figur vor dem Hintergrund einer kleinen, aber feinen Familientragödie am existenziellen Abgrund steht, dann kann die Handlung selbst nicht mehr mithalten. Jeder fühlt sich von jedem angezogen, keiner kennt die Motive des anderen, aber der Zuschauer weiß immer was Sache ist. Übrig bleiben da nur noch die Gespräche: “Ich glaube nicht an Fotos.“ - “Du glaubst nicht an den einen Moment der Wahrheit?“ - “Nicht wenn er aus dem Zusammenhang gerissen wird.“ - “Ich suche den Ausschnitt, der mir gefällt und mache ihn zu meiner Wahrheit.“ Die Ironie daran ist, dass eben dieses Wortduell nun aus dem Kontext genommen wurde, um als Beispiel, als Wahrheit zu dienen. Nur im Film selbst wird es dadurch auch nicht sinnreicher.

Gerettet werden kann das Werk auch nicht durch die fantastischen schauspielerischen Leistungen, allen voran Suzanne von Borsody in der Hauptrolle Esther Kaufmann. Aber auch Ludwig Blochberger und Peter Prager (bekannt als Dr. Franz Haase aus «Doctor's Diary») gehen in ihren zugegeben emotional überladenen Mustern auf. Letztlich sind es die durch die Bank großartigen Darsteller, die das Interesse an den einzelnen Geheimnissen wecken. Insgesamt ist der Film dennoch recht vorhersehbar. Vor allem der „Täter“ kann schnell ausfindig gemacht werden. Fazit: Mit «Ein geheimnisvoller Sommer» wollte man einfach zu viele Themen zu ausdrucksvoll porträtieren: Drama, Liebe, Krimi, Jugend, Alter, Sex, Tod. Dass das alles nicht in einen 90-minütigen ZDF-Fernsehfilm der Woche passt, hätte man wissen müssen. So bleibt dem Zuschauer nur das Spiel von Borsody & Co. – die Story selbst kann das Gewicht ihrer erzählerischen Tragweite schlicht nicht aufrecht halten ohne darunter begraben zu werden.

Das ZDF zeigt «Ein geheimnisvoller Sommer» am Tag, den 27. September 2010 um 20:15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/44793
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