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Dass es auch nach zehn Jahren noch Sternstunden in der Late-Night von Stefan Raab gibt, erlebte Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch beim Auftritt des „falschen Elton“ vor Ort.
Auch die Interaktion mit der Showband, den „Heavytones“ macht Spaß. Beim Stand-Up befragt er den Musiker César "Chino" Pérez (Posaune und Gesang) nach der Bundeswehr in Venezuela und vergleicht seinen Bassisten mit Justin Bieber. Selbst das Publikum wird auf den Arm genommen. Wer von den im Studio Anwesenden denn Zivildienst gemacht habe, will Raab zu Beginn von «TV total» wissen. Einige Hände gehen auskunftswillig nach oben. „Ach hier, die Drückeberger“, witzelt Raab. Zuvor redete er noch über die Schlagzeilen, die die Gattin von Verteidigungsminister zu Guttenberg machte und die Abschaffung der Wehrpflicht. Die Witze kommen auf die typische Raab-Art: Hin und wieder auch schon mal unter der Gürtellinie. Niemals vorher auswendig gelernt, aber echt und authentisch.
Dabei ist es auch jene Echtheit in der Moderation von Stefan Raab, die mit zum Konzept von «TV total» gehört. Wer als Late-Night-Sendung, die die TV-Landschaft mit Videoausschnitten durch den Kakao zieht, ernst genommen werden will, darf sich nicht zu schade sein, auch über die eigenen Fehler zu lachen. „Es wäre etwas Neues, wenn ich mich auf eine Sendung vorbereite“, hat Raab schon öfters zu Protokoll gegeben. Gelegentlich muss er deshalb manche Informationen von seiner Aufnahmeleiterin Nicole erfragen oder korrigieren lassen, seine „Aufsager“ wiederholen oder aber er verspricht sich bloß. Ein gutes Beispiel: Damit «Blamieren oder Kassieren» vorbereitet werden kann, muss sich Raab mit seinem fahrbaren Tisch in Richtung Studioband bewegen. Für Aufnahmeleiterin Nicole tut er das aber zu langsam, weshalb sie ihn mit hektischen Bewegungen zu mehr Schnelligkeit auffordert. Raab springt darauf an und interagiert mit ihr vor laufender Kamera.
„Du willst erst aufbauen? Dann mach doch“, stichelte der Entertainer etwas ironisch, während Mitarbeiter im Hintergrund Tisch und Stühle für die spätere Fragerunde mit dem „falschen Elton“ aufbauen. „Das können wir doch ruhig mal zeigen“, fordert Raab. Die emsigen Brainpool-Mitarbeiter erhalten prompt einen Sonderapplaus. Diese Szenerie ist typisch für die Echtheit beim Format «TV total». Dass hinter den Kulissen viel gearbeitet wird und viele helfende Hände nötig sind, um eine solche Sendung viermal pro Woche zu stemmen, verhehlt man nicht, sondern stellt die Menschen hinter den Kulissen gelegentlich auch mal gerne für ein paar Sekunden ins Rampenlicht. „Bei uns geschieht nichts durch Geisterhand“, setzt Raab mit «TV total» auf ein ehrliches TV-Format, während er in seinen Stand-Ups aufzeigt, wie in anderen Sendungen Zuschauer für dumm verkauft werden.
Doch auch «TV total» ist dem Wandel der Zeit erlegen. Den „Raab der Woche“ gibt es schon viele Jahre nicht mehr und in jeder Sendung geben sich oft zwei, drei Gäste die Klinke in die Hand. So gab Lisa Feller eine Kostprobe ihres Stand-Up-Programms, das sie vor der Aufzeichnung mit einer kleinen Konversation mit dem Publikum aufwertete. Im Rahmen der Promotion-Wochen für den «Bundesvision Song Contest» in der kommenden Woche war zudem die Band „kleinstadthelden“ zu Gast, die auch live spielen durfte. Die Akustik im Studio ist brillant und für jeden Musik-Fan ein Genuss. Bei der späteren Ausstrahlung kam das nicht ähnlich rüber. Promotion ist dennoch ein gutes Stichwort, denn die meisten Gäste bei «TV total» sind tatsächlich zu Promotions-Zwecken vor Ort. Nicht ungewöhnlich im Showbiz, doch hat sich die Comedy-Sendung im Laufe der Jahre dahingehend entwickelt, dass der Anteil der Gast-Promotion höher wurde. Das Grundgerüst des Konzepts der Anfangsjahre von «TV total» ist aber erhalten geblieben.
Damals war Raabs Late-Night für viele junge Menschen ein Muss jede Woche. Heute ist das Zuschauerinteresse geringer geworden, denn mit der erhöhten Taktung auf viermal wöchentlich war die Sendung ein stückweit auch gewöhnlich geworden. Dass «TV total» trotzdem noch viel Neues hervorbringt, dafür ist die besuchte Aufzeichnung in Köln-Mühlheim ein Paradebeispiel gewesen. Und tatsächlich wurde durch den Sieg von Lena Meyer-Landrut beim Eurovision Song Contest auch rund um «TV total» wieder ein Hype entfacht, der der Show gut tut. Ein eingespieltes Team mit nach wie vor guten Ideen steht hinter dem Format «TV total», das seit über zehn Jahren seinen festen Platz bei ProSieben gefunden hat. Nicht zu Unrecht, denn in der Tat ist die Late-Night, die Ideenschmiede von Stefan Raab, der hier gelegentlich weiter experimentiert. Auch wenn nicht jeder Gast ein Highlight ist oder mittlerweile nicht jede Sendung abräumt: Die Sternstunden im «TV total»-Studio, es gibt sie immer noch zu erleben.