TV und so

Ich springe nicht!

von
Unser Praktikant mit einem Rückblick auf «Wetten, dass..?» vom Samstag.

Da stand sie nun, diese Christine Neubauer, und wollte nicht springen. Bei der ersten «Wetten, dass..?»-Show des neuen Fernsehjahres musste sie ihre Wettschuld einlösen, indem sie sich vom 10-Meter-Turm in der Münchener Olympia-Schwimmhalle fallen lassen sollte. Nachdem die Neubauer schon direkt nach der verlorenen Wette quengelte, reduzierte der Samariter Thomas Gottschalk den Einsatz auf einen 7,5-Meter-Sprung vom Turm. Sie willigte ein und wagte – von den Fernsehkameras und zehn Millionen Zuschauern begleitet – den Aufstieg in die Höhe. Doch plötzlich wollte sie nicht mehr.

Erst war der verkabelte Ton schuld, dass Neubauer sich nicht zu springen wagte. Gottschalk selbst sah, dass sie, wenn überhaupt, nur mit fremder Hilfe den „Todessprung“ machen würde. Er zog sich also selbst bis auf die Unterhose aus und gab den Sprungpartner. Doch nachdem Neubauer abgekabelt war, fiel ihr plötzlich ein, dass sie unter ihrem Dirndl (aus der eigens entworfenen Modekollektion) nicht die richtige Unterwäsche trug. Rumms! Neubauer ließ Gottschalk wortwörtlich im Regen stehen, als er allein den Sprung vom Brett praktizierte. Später beteuerte sie, dass sie nicht gesprungen sei, weil sie keinen Badeanzug, sondern eben nur normale Unterwäsche drunter trug. Merke: Neubauers Dirndl-Mode eignet sich nicht zum Schwimmbad-Besuch.

Warum ist Neubauer überhaupt mit auf den Turm gekommen und hat Gottschalk gefühlte 30 Minuten Sendezeit gekostet, wenn sie sowieso nicht springen wollte? Wahrscheinlich war es doch eher das mulmig-irrationale Angstgefühl, das uns beschleicht, wenn wir aus 7,5 Metern in den blauen Abgrund blicken. Schon einmal hat einen Fernsehstar die Höhenangst massig Sympathien gekostet: Kai Pflaume sollte als Moderator des «TV total Turmspringens» am Ende der Show vom Zehner springen und kniff ebenfalls – dies hat ihn nicht nur gellende Pfiffe beim Publikum gekostet, sondern auch die Moderation jeglicher weiterer «TV total»-Events. Raab mag eben keine Drückeberger…

Neubauer aber rettete sich dadurch, dass sie die Wettschuld von Katy Perry übernahm und in der Sendung noch einen Seilflug über das Münchener Olympiastadion vollbrachte. So endete der Abend versöhnlich für die Schauspielerin. Und seien wir ehrlich: Die kuriosen Szenen aus dem Schwimmbad haben mehr unterhalten als der Rest der Show. Peinlich war Gottschalks Umgang mit dem langjährig treuen Gast Joe Cocker, der sich erstmals bei «Wetten, dass..?» auf die Couch bequemte und dann mit einer Minute Interviewzeit abgespeist wurde. Später servierte man dem trockenen Alkoholiker Cocker ein alkoholfreies Bier – nach dieser Geschmacklosigkeit verließ der Rocksänger den Saal unauffällig.

Wie üblich vergaß Gottschalk diverse Namen und sogar die Adressen seiner Sendeanstalten (die er schon seit 20 Jahren aufsagen darf). Ein chaotischer Staffelstart für «Wetten, dass..?» also – aber ein sehr sympathischer und unterhaltsamer dazu. Durchgeplant und ohne Fehler wäre die Samstagabendshow nur halb so schön. Wer nämlich perfekte Inszenierung und kalkulierte Demütigung sehen wollte, der brauchte nur weiterschalten zu Bohlens „Supertalenten“.

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