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Die ersten Ausgaben der neuen Show beinhalteten alles, was zu einem klassischen Late-Night-Format gehört: Stand-Up-Teil am Anfang, Showband, Showtreppe, Schreibtisch, Einspielfilme und Gäste aus dem Unterhaltungsbereich. Doch gerade dieses Korsett wurde zu Pochers Verhängnis. Der Moderator musste erkennen, dass er nicht für alle Elemente einer Late-Night-Show geeignet ist. So gehört es üblicherweise zum Konzept, sich mit dem tagesaktuellen politischen Geschehen zu befassen, doch bei Pocher beschränkte sich im Stand-Up die Themenvielfalt eben meist nur auf Fernsehen und Fußball. An Gesellschaft und Politik traute sich junge Vater bald nicht mehr heran. Auch die redaktionellen Showteile konnten anfangs überhaupt nicht überzeugen, und die typischen Top 5-Rankings und Clipshow-MAZen wirkten oft sehr gequält.
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Mit den zahlreichen Optimierungen hat sich Oliver Pochers Sendung inzwischen zu einer sehenswerten Personalityshow entwickelt. Gerade seit dem Beginn der zweiten Staffel, die nun immer freitags um 23:15 Uhr zu sehen ist, ist ein inhaltlicher und qualitativer Aufschwung zu beobachten. Die Schwachstellen, wie der anfängliche Stand-Up, wurden inklusive der vielfach kritisierten Baby-Puppen gestrichen. Es ist erfreulich zu beobachten, wie die Show immer mehr auf Pocher zugeschnitten wird, und wie Pochers Stärken endlich wieder in den Vordergrund treten. Dazu gehören vor allem seine überfallartigen Reportagen, die ihn bereits zu «Rent a Pocher»-Zeiten populär gemacht haben. Ob er nun in "Pochers Auftrag" einen Tag lang als Bademeister arbeitet, oder in "Olli e.V." skurrile Interessengemeinschaften wie den Taubenzüchterverein besucht - durch sein Talent, in unvorhersehbaren Situationen spontan und improvisiert zu handeln, sind diese Einspielfilme fast immer ein amüsantes Highlight. Man kann Oliver Pocher sicher einiges vorwerfen, aber nicht, dass er sich für seine Show nicht anstrengen würde, denn seit dem Start der zweiten Staffel gab es in jeder Sendung drei bis vier solcher Einspielfilme. Ein Engagement, das Stefan Raab und Harald Schmidt seit einigen Jahren vermissen lassen.
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Doch all diese löblichen Veränderungen der Show brachten bislang im Hinblick auf die Quoten keinerlei Besserung, und Pocher krebst mit nur 6,2 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe nach wie vor unter dem Sat.1-Senderschnitt herum. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Vorprogramm als Lead-In gut läuft oder nicht. Offenbar haben sich viele ehemalige Zuschauer nach den anfänglich schwachen Ausgaben abgewendet, und schalten inzwischen gar nicht mehr ein um zu sehen, ob die Show sich entwickelt hat. Das Interesse dieser vergraulten Zuschauer wieder zu wecken, ist eine schwierige Aufgabe, die nur durch kontinuierliche Qualität gelöst werden kann. In den vergangenen Wochen gab es zahlreiche gelungene Ausgaben und es ist schade, dass dies quotenmäßig nicht honoriert wird. Die Show hätte durchaus das Potential zum Gesprächsthema in Schule und Büro zu werden, wie einst «TV total» in den Anfangsjahren.
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Der ungünstige Sendeplatz am Freitagabend tut sein Übriges. Bereits zu «Schmidt & Pocher»-Zeiten warnte Harald Schmidt vor dem undankbaren Sendetermin, doch Pocher bzw. Sat.1 wollten nicht hören und mussten nun erkennen, dass Altmeister Schmidt Recht behielt. Ein neuer Sendeplatz ist unbedingt anzuraten. Der langersehnten Erfolg ist Oliver Pocher auf jeden Fall zu gönnen, da er sich für seine Show wirklich ins Zeug legt. Wenn er sich nun auch noch endlich von seinen bedauernswerten Parodie-Versuchen von z.B. Angela Merkel verabschieden würde, wäre die Sendung uneingeschränkt zu empfehlen. Und bevor er sich weitere internationale Gäste wie Kylie Minogue einlädt, sollte er dringend einen Aufbaukurs Englisch besuchen.