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Ein Rückblick: Im Jahr 2004 kündigte NBC an, dass Conan O’Brien Nachfolger von Jay Leno bei der legendären «Tonight Show» des Senders NBC werde. 2009 aber war Leno weiterhin unangefochtener Quotenkönig und wurde um 22.00 Uhr – also eineinhalb Stunden früher – mit einer eigenen Show ins Rennen geschickt. Conan übernahm wie geplant die «Tonight Show», konnte aber mittelfristig die Zuschauerzahlen seines Vorgängers nicht erreichen. Dieser wiederum floppte selbst auf dem Primetime-Sendeplatz um 22.00 Uhr, sodass die einstigen Late-Night-Flaggschiffe von NBC nun beide kenterten. Eine mediale Schlammschlacht begann, bei der sich die beiden Protagonisten in ihren eigenen Sendungen nicht mit Scherzen zurücknahmen. NBC reagierte Anfang 2010 und kündigte Conans Vertrag, der eine Abfindung in zweistelliger Millionenhöhe vorsah. Leno beendete seinen Primetime-Ausflug und kehrte am 01. März 2010 wieder als Moderator der «Tonight Show» zurück.
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Die Zuschauerzahlen lassen sich mittlerweile im Jahresvergleich analysieren – damit sind sie auch für das Network NBC aussagekräftig, da die Networks ihre Quoten gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr vergleichen. Conans «Tonight Show» startete im Juni 2009 unter großem medialem Echo, konnte daher natürlich die Zahlen von Leno im Juni dieses Jahres locker schlagen. Interessant wird es im Juli, als sich die Marktanteile von Conan auf Normalniveau eingependelt hatten: Damals erreichte er zwischen 1,0 und 1,1 Prozent Marktanteil bei den wichtigen 18- bis 49-Jährigen Zuschauern. Zum Vergleich: Leno holte 2008 durchschnittlich 1,8 Prozent, danach noch immerhin 1,4 Prozent bei den Werberelevanten. Gegenüber diesen Zahlen war Conan chancenlos. Aber auch Leno kann diese mittlerweile nicht mehr erreichen, denn im gleichen Zeitraum 2010 brachte er es ebenfalls nur auf 0,9 bis 1,1 Prozent Marktanteil und lag damit teils sogar hinter den Quoten Conan O’Briens.
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In den folgenden Wochen zeichnete sich daher wieder der übliche Trend ab: Leno konnte mit den Marktanteilen von O’Brien maximal gleichziehen, sie aber nie übertreffen. Ab Oktober lag man sogar jeweils wieder 0,1 Prozentpunkte hinter den Zahlen von 2009. Auch nach einem halben Jahr zeigt sich also für NBC, dass der hastige Wechsel beim einstigen Qutoenhit «Tonight Show» sich nur minimal ausgezahlt hat, wenn man die Reichweiten beim Gesamtpublikum heranzieht. Da aber die Marktanteile bei den jüngeren Zuschauern die wichtigste Kennzahl für Erfolg und Misserfolg im Fernsehen ist, kann die NBC-Rochade Leno/O’Brien nach einem halben Jahr schon als gescheitert angesehen werden, denn letzterer holte mindestens genauso hohe, oft bessere Zuschauerzahlen in der Zielgruppe als Leno, der aktuell die schlechtesten «Tonight Show»-Quoten seit seinem Antritt 1992 hinnehmen muss.
Ein Trostpflaster ist immerhin, dass der Late-Night-Altmeister auch aktuell noch meist seinen Rivalen David Letterman, der zur gleichen Sendezeit die «Late Show» bei CBS präsentiert, in den Marktanteilen schlagen kann. Aber dies schaffte O’Brien genauso im Vorjahreszeitraum. NBC steckt nun in einem Dilemma, das schlimmer nicht hätte ausfallen können: Die erfolgreichste Late-Night-Show im US-Fernsehen wurde durch überschnelle Entscheidungen zum Moderationswechsel und die folgende Schlammschlacht in den Medien, die NBC sehr viel Reputation kostete, zu einem Schatten ihrer selbst degradiert. Aus heutiger Sicht war die Rückkehr von Leno eine Fehlentscheidung – auch deswegen, weil er schon vor 2009 mit deutlich sinkenden Quoten zu kämpfen hatte, damals aber immerhin noch unangefochtene Nr.1 im Late-Night-Geschäft war. Über ein Jahr später sind der Ruf ruiniert und die Quoten unten. Wenn Conan O’Brien nun am 08. November seine TBS-Show gegen Leno und Letterman startet, wird er sicherlich weder deren Werte noch seine eigenen bei NBC erreichen. Doch er gilt jetzt schon als der gefühlte Sieger im „Late Night War“, der seine treuen Fans auch beim Kabelsender finden wird und seinen Quotengegnern noch den einen oder anderen Zuschauer abfangen könnte. Für NBC dürfte derweil vielleicht schon die Suche nach einem Leno-Nachfolger begonnen haben. Und Johnny Carson wird sich angesichts dieses Trauerspiels weiter im Grabe umdrehen.