Anlässlich des Starts der zweiten Staffel sprachen wir mit Peter Arens, Leiter der ZDF-Redaktion Kultur, über die neuen Folgen von «Die Deutschen».
«Die Deutschen» war im Herbst 2008 ein riesiger Erfolg. Sie erreichten mit „trockenen“ Dokumentationen ohne Effekthascherei 5,12 Millionen Zuschauer. Selbst bei den 14- bis 49-Jährigen erzielte das ZDF herausragende 11,6 Prozent. Waren Sie über diesen Erfolg überrascht?
Wir hatten mit diesem großen Erfolg wirklich nicht gerechnet, da zehn Dokumentationen in der hart umkämpften TV-Primetime heutzutage ein großes Akzeptanzrisiko sind. Außerdem ist die politische Geschichte eines Landes beileibe kein einfacher Stoff, denken Sie an Wallenstein und den Dreißigjährigen Krieg oder Robert Blum und die Revolution von 1848. Aber die Filme haben beim Publikum einen Nerv getroffen.
Schon die erste Ausgabe „Otto, der Große“ war ein großer Erfolg. Wann war Ihnen klar, dass Sie eine Fortsetzung machen werden?
Seltsamerweise eher spät. Erst nachdem wir von Redakteuren und Zuschauern auf eine Fortsetzung angesprochen wurden, dachten wir uns, nach genau dem Konzept der ersten eine zweite Staffel anzugehen. Das hört sich jetzt seltsam an, aber so naheliegend dieser Beschluss auch war, standen Guido Knopp und ich noch zu sehr unter dem Eindruck dieses großen Überraschungserfolgs, als selbst darauf zu kommen.
Dennoch: Zwei Jahre sind ins Land gegangen ehe es nun weiterging. Wie entstand diese doch recht große Pause?
Nun, diese aufwändigen Bildungsdokumentationen benötigen einfach diese Zeit. Die Festlegung der nächsten zehn Figuren, die historische Recherche mit Fachexperten und Historikern, die Erstellung der Drehbücher, der Dreh mit Schauspielern und originalgetreuer Requisite, dann Schnitt, Postproduktion und Special Effects: Das funktionierte nur deshalb in nur zwei Jahren, weil Konzept und produktionelle Infrastruktur schon feststanden.
Während in Deutschland «Die Deutschen» auf Sendung ging, entwickelte der US-Sender History die Doku-Reihe «America. The History of Us». Der Aufbau beider Formate ist zwar unterschiedlich, aber dennoch widmen sich zwei große Nationen ihrer Vergangenheit. Ist das Zufall oder vielleicht ein Trend, dass die Menschen heutzutage wieder mehr an ihrer Vergangenheit interessiert sind.
Also, aufwändige, bildmächtige Dokumentationen über alte Geschichte wie bei «Terra X» sind per se erfolgreich, besonders in Deutschland, England und Amerika. Hinzu kommt, dass mit den neuen Möglichkeiten des digitalen Fernsehens eine hochattraktive Bildsprache einhergeht. Heute kann das Fernsehen genau wie das Kino große Massenszenen zeigen wie die Ankunft der christlichen Kreuzfahrerflotte 1228 vor Akkon oder die Schlacht der Bauern unter Thomas Müntzer 1525 gegen die Armeen der Fürsten bei Bad Frankenhausen. Dieses Abtauchen in Vergangenheit, die wir dem Zuschauer wirklich zeigen können, macht Geschichte lebendig, vor allem für junge Zuschauer. Daher glaube ich, dass Programme wie «Die Deutschen» mit Grund sind für ein neues, oder erstarktes Interesse an Geschichte.
«Die Deutschen II» widmet sich Personen wie Karl der Große, Friedrich II., Hildegard von Bingen und Karl IV. Wie läuft diese Themenauswahl ab – immerhin gibt es ja etliche interessante Persönlichkeiten?
Die neuen Themen haben die beiden Fachbereiche Kultur und Wissenschaft (Peter Arens) und Zeitgeschichte (Guido Knopp) in vielen Konferenzen und Gesprächen mit Autoren und Fachberatern festgelegt. Manche Entscheidungen ergaben sich allerdings von selbst: Der Karolinger Karl der Große konnte nicht in der ersten Staffel berücksichtigt werden, da er in die Zeit deutscher Vorgeschichte fällt, und man von dem Entstehen einer Art deutscher Nation erst seit Otto I sprechen kann. Thomas Müntzer musste sich hinter dem weltmächtigen Zeitgenossen Martin Luther anstellen, der Staufer Friedrich II hinter Kaiser Barbarossa. Also, wir verfugen jetzt die Lücken, die nach der ersten Staffel geblieben sind, haben aber mit den zehn neuen Namen wie Karl IV und Rosa Luxemburg auch diesmal hochinteressante Persönlichkeiten.
Sie erreichen mit «Die Deutschen II» bereits die Zeit der Weimarer Republik. Sofern es weitere Staffeln gibt, wann wäre denn bei Ihnen Schluss? Würden Sie beispielsweise auch den ehemaligen Bundeskanzler Schröder portraitieren oder braucht man erst einmal Abstand, um zu sehen, ob seine Position für «Die Deutschen» überhaupt relevant war?
Hier schaue ich ungerne in die Zukunft. Wir wollen jetzt den Erfolg der zweiten Staffel abwarten, dann gegebenenfalls überlegen, ob wir Figuren aus Kultur und Wissenschaft, wie Goethe oder Humboldt, beziehungsweise mehr Zeitgeschichte wie die Kanzler der Bundesrepublik angehen.
Sie haben für die zweite Staffel ein großes Internetportal eingerichtet, das bereits über 14 Millionen Aufrufe hatte. Was planen Sie im Dokumentations-Bereich im digitalen Netz außerdem?
Bei bildstarken Programmen wie der «Terra X»-Reihe "Deutschland von oben" werden wir wieder HD-Streams anbieten und die Inhalte der Sendungen interaktiv zugänglich machen. Als einen wichtigen Trend im Netz sehen wir den erzählerischen Ansatz, bei dem wir spielerische Komponenten mit Informationen verknüpfen, um so auch jüngere User für die Wissensthemen begeistern. So etwas haben wir zu unserem Dreiteiler «Universum der Ozeane – mit Frank Schätzing» gemacht, hier war das Online-Angebot mit Meereslebewesen in 3D völlig neu. Eine solche unterhaltsame Ausrichtung verfolgen wir auch für unserem großen Ägypten-Mehrteiler im nächsten Jahr. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist natürlich die Zusammenarbeit mit sozialen Netzwerken und You Tube, die wir weiter verfolgen, um die jüngere Zuschauer dort zu erreichen, wo sie unterwegs sind.
Vielen Dank für das Gespräch.