Kirschs Blüten

«Kirschs Blüten»: Fettnäpfchen am Spielfeldrand

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Was dürfen sich Jörg Dahlmann & Co. noch erlauben? Jürgen Kirsch stellt fest: Kritische Fragen sind unerwünscht.

Mensch „Töppi“, wir vermissen dich! Der ZDF-Reporter mit Leib und Seele, Rolf Töpperwien - für viele ein rotes Tuch, für andere aber ein Inbegriff des Sportjournalismus. Er ist gerade einmal wenige Wochen nicht mehr beim Zweiten Deutschen Fernsehen on Air und versorgt uns am Samstagabend nicht mehr mit knallharten Fragen, gerichtet an die Größen der Bundesliga. Und gerade deshalb vermissen wir ihn jetzt schon. Die Bundesliga-Stars mögen sich vielleicht in Sicherheit wiegen, denn nun müssen sie sich keine kritischeren Fragen mehr gefallen lassen. Keiner, der auch mal die Vereinsbosse in die Mangel nimmt. Niemand, der auch privat mit dem Fußball Feuer und Flamme ist wie „Töppi“. Ja, der Sportjournalismus war seine große Leidenschaft und genau deshalb polarisierte er so, weil der diesen Beruf lebte. Doch auch in der Nach-Töpperwien-Ära gibt es sie noch, die Sportjournalisten, die ihre Aufgabe ernst nehmen und neben fachlichen Analysen auch mal genauer nachhaken. Manche wollen sich einfach nur profilieren, andere sind aber mit ähnlicher Leidenschaft dahinter wie „Töppi“.

Sie alle verbindet aber eine Gemeinsamkeit, die sie vom Mythos des Rolf Töpperwien wieder deutlich unterscheidet. Als Sportjournalist kannst du noch so leidenschaftlich am Ball bleiben, die Grenzen, die „Töppi“ überschreiten durfte, in deren Nähe kommen nur wenige. Der Sat.1-Reporter Jörg Dahlmann zum Beispiel. Er hat sich nach einer Champions League-Partie des FC Bayern, pardon des großen FC Bayern, angemaßt dessen Trainer, pardon dessen kritiklosen "General", Louis van Gaal doch mal auf den Zahn zu fühlen. Offenbar hat er dabei einen besonders wunden Punkt getroffen, der bei der niederländischen Majestät in bayerischen Gefilden sehr stark schmerzte. Jörg Dahlmann versuchte nichts anderes als im Interview mit Coach van Gaal die Thesen dessen Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß abzuklopfen. Denn der hatte gesagt, van Gaal sei dünnhäutig, habe Spieler nicht berücksichtigt und liefere eine One-Man-Show beim FC Hollywood ab. Irgendwie war van Gaal im Interview mit dem Sat.1-Reporter Dahlmann, angesprochen auf diese Sachverhalte, dann doch dünnhäutig und nicht gerade kritikfähig. So gehörte es auch zu seiner One-Man-Show im Bällchensender, dass er so wirken sollte, als würde er dem Sat.1-Reporter gleich an die Gurgel gehen. Und mit Verlaub, alle Spieler hätten doch eine Chance bei ihm.

Wie konnte es dem Medienprofi van Gaal da nur passieren, dass er gerade mit dieser Einlage ins Fettnäpfchen getreten ist. Denn so fern der Realität scheint die Kritik von Uli Hoeneß ja dann doch nicht gewesen zu sein, denn Jörg Dahlmann konnte das ja für uns überprüfen – und van Gaal spielte mit. Nun ist es aber eine andere Frage, ob er sich die Kritik von seinem Präsidenten öffentlich gefallen lassen muss. Dem Reporter jedoch hat er – und zwar nur öffentlich - Rede und Antwort zu stehen. Wird er patzig, schneidet er sich quasi nur selbst ins Fleisch. Denn das verhält sich wie beim Fünftliga-Torwart, der nach fünf Gegentoren und noch dazu zwei offensichtlichen Fehltritten, auf die Frage „Ging das eine oder andere Tor auch auf Ihre Kappe?“ schlicht sauer und beleidigt antwortet: „Wenn du das meinst, okay.“ Statt auf konstruktive Kritik einzugehen oder gar Selbstkritik zu äußern. Das nennen wir Kritikfähigkeit. Van Gaal hat sie nicht, der Fünftliga-Torwart auch nicht. Nun wurde das Schauspiel aber weder für van Gaal noch für jenen Torwart zum Verhängnis, sondern stets für den Reporter. Jörg Dahlmann zumindest wurde jetzt für weitere Interviews für Sat.1 gesperrt. Gerade diese Entwicklung ist besonders bedauernswert, wenn nicht sogar ein Schlag ins Gesicht für den objektiven, kritischen Sportjournalismus. Denn während die Sportreporter die Mainzer Überflieger hochjubeln und auch die Dortmunder Himmelstürmer feiern, ist es auch ihre Pflicht zu fragen, warum es bei den Bayern eben nicht läuft. Wenn das keiner darf, dann vermissen wir „Töppi“ umso mehr.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Dienstag! Nur bei Quotenmeter.de!

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