Kann der US-Serien-Hit «Glee» SuperRTL weg vom Image des Abfallverwertungssenders der RTL Group bringen? Julian Miller kommentiert.
Man kann sein blaues Wunder erleben, wenn man die Kühlschranktür öffnet und einmal in die hinteren Ecken sieht. Denn da türmen sich nicht selten ranzige Butter, abgelaufene Wurst oder Pizzen, die schon etwas pelzig geworden sind. Jedenfalls ist all das, was sich dort in der Regel befindet, in keinster Weise mehr zum Verzehr geeignet. Ergo: Ab in die Mülltonne und den Deckel fest verschließen, damit das verfaulte Zeug nicht bis zum Abfuhrtag ein Eigenleben entwickelt.
Doch was macht ein TV-Konzern mit seinen Abfallprodukten, nämlich den ganzen Uralt-Sendungen, die im Archiv vor sich hindümpeln, und Programmen, an denen man irgendwann einmal – meist eher unfreiwillig in irgendeinem Paket – die Rechte erworben hat? Sofern es sich um halbwegs sendefähiges Material handelt, für dessen Ausstrahlung man nicht vor Gericht landet, ist ein Im-Archiv-Lassen unwirtschaftlich. Das Zeug muss irgendwie raus. Das Nachtprogramm ist da eine Möglichkeit, eine andere besteht darin, einen seiner weniger populären Sender in ein Müllreservoir umzufunktionieren. Letztere Strategie scheint die RTL Group seit langem mit dem Prime-Time- und Spätprogramm von SuperRTL zu verfolgen.
Dieses gleicht einem Supermarktwühltisch. Die Programmierung lässt kein wirkliches System erkennen und die metaphorische Ware, die man hier sendet, ist minderer Qualität oder schon uralt. Oder beides. Man zeigt langweilige Backstage-Berichte über erfolgreiche RTL-Shows, die man damit ausschlachtet, so weit es nur irgendwie geht, und Wiederholungen von «The Nanny» in Dauerschleife. Weiter aufgefüllt wird das Ganze mit drittklassigen Serien aus dem Ausland und merkwürdigen Zeichentrickproduktionen. Fertig ist die Prime-Time.
Früher hat man sich bei SuperRTL noch ein wenig Mühe gegeben, um ein wenig Abwechslung in den Sendetag zu bringen. Damals gab es immerhin noch Wiederholungen halbwegs lustiger Formate, wie der RTL-Kultshow «Alles nichts, oder?» mit Hella von Sinnen und Hugo Egon Balder. Oder wer erinnert sich noch an «Bibi und Rolli», die zwei massiv übergewichtigen Kölner, die eine Kneipe aufmachen wollten? Klar, das war kein Qualitäts-TV. Aber immerhin zeigte es noch einen gewissen Willen zur Unterhaltung und eigenständigen Programmierung. Auch die Bumper waren damals noch nicht so vollkommen lieblos zusammengenagelt. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Heute hat es den Anschein, als begnüge man sich damit, ein Sendeband aus dem Archiv kurz zu entstauben und in den Player zu werfen.
Um dieses Image loszuwerden, bedarf es grundlegender Änderungen. Dass man ab Januar nächsten Jahres den US-Musical-Hit «Glee», eine großartig geschriebene und gespielte Serie, ins Programm aufnimmt, wird allein wenig helfen. Vielmehr wird es wohl eher darauf hinauslaufen, dass «Glee» in Deutschland ein ähnlicher Erfolg wie in den Vereinigten Staaten versagt bleiben wird. Um SuperRTL weg vom Abfallverwertungskanal zu bringen, müsste deutlich mehr getan werden. Denn langsam fängt der Sender an, gehörig zu miefen.
Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.