Sonntagsfragen

«In aller Freundschaft»-Macher Honert: 'Eine verrückte Zeit'

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500 Folgen in «In aller Freundschaft». Wir blicken mit dem Macher Hans-Werner Honert zurück, sprechen über die parallel laufende Serie «Dr. House» und versuchen dem Erfolgsheimnis auf die Spur zu kommen.

500 Folgen «In aller Freundschaft» - erinnern Sie sich da noch an die Anfänge?
Die Saxonia Media hat dem MDR nach einem Brainstorming verschiedene Ideen vorgeschlagen. Wir haben uns dann entschieden, dass wir die Geschichte um drei Freunde machen. Es gab eine tschechische Serie namens «Klinik am Rande der Stadt», die uns inspiriert hat. Wir haben dann festgestellt, dass dieses Format sehr gut nach Leipzig passen würde. Anfangs haben wir eine Vier-Strang-Dramaturgie verwendet, das kam aber nicht gut an. Seit Folge zwölf oder 13 haben wir nun zwei Stränge und noch einen Kleinstrang. Seitdem stiegen die Zuschauerzahlen kontinuierlich, denn wir konnten so das zentrale Schicksal besser erzählen.

Anfangs kam das Format ja komplett ohne große Stars aus…
Wir hatten damals wirklich keine Stars – heute kennt ganz Deutschland unsere Darsteller. Sie sind heute Stars. Gern besuchen uns auch Stars aus anderen Formaten und fühlen sich wohl.

Würde das heute auch noch funktionieren? Ich erinnere mich an «Klinik am Alex» - dort versuchte man ebenfalls ohne bekannte Darsteller auszukommen.
Das müsste im Umkehrschluss dann aber auch heißen, dass jedes mit Stars bestückte Format ein Erfolg wird. Nein, es muss an etwas anderem liegen. Es geht darum, ob man eine gute Geschichte hat, oder nicht. Können die Leute lachen und weinen, wenn sie das Format sehen? Oder werden Geschichten erzählt, die mit den Menschen nichts zu tun haben? Ich glaube, meine Antwort hat einen langen Bart, aber am Ende geht es immer um Inhalte. Natürlich ist es aber so, dass bekannte Schauspieler zu Beginn für mehr Aufmerksamkeit sorgen.

«In aller Freundschaft» startete zu einer Zeit als «Für alle Fälle Stefanie» und auch RTL erfolgreiche Arztserien im Programm hatte. Waren das Vorbilder?
Nein, wir waren davon völlig losgelöst und haben ja auch ein ganz anderes Konzept. Wir machen eine Weekly, die zudem nicht gerade die Jüngsten anspricht. «In aller Freundschaft» ist etwas für das reifere Publikum. Das ist übrigens durchaus paradox: Als wir starteten, herrschte überall ein gewisser Jugendwahn und dann kommen wir daher und setzen auf alte Hasen – auch hinter der Kamera. Ich erinnere mich an Regisseure, die die Episoden umgesetzt haben, als würden sie an Shakespeare arbeiten. Das war schon eine verrückte Zeit. Sie müssen sich vorstellen: In Leipzig hatte niemand Erfahrung mit einer Weekly als Studioproduktion. Es gab dort keine Producer oder Beleuchter. «In aller Freundschaft» war also auch ein sehr wichtiger Schritt für die Medienstadt Leipzig.

Seitdem sind zwölf vergangenen. Können Sie den Erfolg überhaupt selbst fassen?
Ich habe mit dem Chef einer Klinik gesprochen. Der sagte mir, dass er unsere Sendung regelmäßig verfolge. Ich konnte das gar nicht glauben, weil er das Geschehen in einer Klinik tagtäglich erlebt. Aber er sagte mir: „Ich wünsche mir eine solche Klinik wie die Sachsenklinik“. Wir wissen, dass die Realität im Krankenhaus anders aussieht. Aber wir nehmen die Konflikte, die dort draußen existieren und suchen und präsentieren dafür eine Lösung. Dahinter steht sicher der Wunsch, dass die Welt besser wird. Ich glaube, dass die Leute genau das mögen.

Ein ähnliches Prinzip verwenden auch Telenovelas…
Den Vergleich würde ich ablehnen. Telenovelas funktionieren nach dem gleichen Prinzip: A liebt B, aber C ist dagegen. Wir nehmen Probleme – aus dem sozialen oder familiären Bereich – und suchen und bieten dafür Lösungen an. Ich glaube, dass wir ab dem Zeitpunkt nicht mehr erfolgreich sind, wenn wir den Anker zur Realität verlieren.

Gibt es denn ein Erfolgsgeheimnis hinter «In aller Freundschaft»?
Wenn Menschen uns hier besuchen, dann sagen sie oft, dass bei uns eine außergewöhnliche Stimmung herrscht. Beispielsweise kann kaum jemand vom Team glauben, dass die Serie wirklich schon im 13. Jahr läuft. Besucher sagen uns, dass der Ton trotzdem noch so frisch ist und alles so familiär zugeht. Wir haben uns auch nach so langer Zeit unsere Kreativität erhalten. Wenn wir es hier nicht mehr schaffen, uns gegenseitig zu kreativen Höchstleistungen zu stimulieren, dann werden die Reichweiten sinken. Unsere Gaststars sind regelmäßig von der Atmosphäre beeindruckt. Es gibt den Spruch: „Drehen ist Krieg“ – bei uns ist das nicht so. Und solange ich hier bin, wird das auch nicht so sein. Natürlich streiten wir uns manchmal, wenn es um kreative Dinge geht, doch haben wir den Blick dabei immer nach vorne gerichtet.

Sie senden seit geraumer Zeit gegen «Dr. House» - sind Sie angetan von dem Format?
Nachdem ich die vierte Folge gesehen hatte, war mir klar, dass das kein langfristiger Konkurrent für uns sein wird. Die Serie ist toll gemacht, sie hat aber ein anderes Modell. Die Art und Weise, wie House mit den Patienten umgeht, hat mir anfangs durchaus Spaß gemacht. Ich habe mich aber bald gefragt: Was kommt jetzt noch in dieser Serie? Wir versuchen in jeder Woche etwas Besonderes zu bieten. Wir hatten auch einmal eine Zeit, in der wir erkannt haben, dass ein bestimmtes Schema sehr gut funktioniert – und daran haben wir einige Folgen lang festgehalten. Was passierte? Die Quoten gingen leicht zurück. Deshalb versuchen wir jetzt – und das klingt vielleicht etwas übertrieben – jeden Abend ein kleines Fernsehspiel zu liefern.

«Dr. House» war also nie ein Konkurrent für Sie? Vielleicht auch, weil er eher Jüngere anspricht?
Jeder hat seinen eigenen Geschmack. «House» spielt in einem anderen Land, einem anderen Kulturkreis. Wir machen eine Serie, die direkt bei uns vor der Tür stattfindet.

42 Folgen liefen im Jahr 2010 – wie schaffen Sie diese große Menge vor dem Hintergrund, dass Ihre Schauspieler nicht die Lust an dem Format verlieren?
Unsere Autoren gehen bei allen Überlegungen immer von den Charakteren aus. Jedes Jahr besprechen wir dann frühzeitig mit den Schauspielern, was alles mit ihren Figuren passieren soll. Dann kann jeder seine Ideen und seine Meinung dazu sagen. So hat der Darsteller sehr rechtzeitig einen Überblick darüber, was passieren soll. Natürlich bauen wir auch immer wieder Pausen ein, damit Schauspieler auch andere Rollen – was wir ausdrücklich unterstützen – übernehmen können.

Was wird 2011 auf die Zuschauer zukommen?
Das möchte ich nicht verraten. Wir erzählen Konflikte im Beruf und im Privatleben und wir zeigen, wie sie gelöst werden.

Steht bei Ihnen jetzt wenigstens eine Winterpause an?
Eine große Pause wird es nicht geben. Natürlich haben wir über Weihnachten frei. Eine große Pause gibt es bei uns nur im Sommer, da sind wir alle mal fünf Wochen lang weg.

Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.

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