«CSI», «Without a Trace», aber jüngst eben «Chase», «The Forgotten» und Co. Das Bruckheimer-Prinzip funktioniert nicht mehr.
Er hat in den letzten Jahrzehnten Hits am laufenden Band produziert. Egal ob Kino oder TV, Jerry Bruckheimer hat beide Medien fest im Griff. Kaum ein Sender, der sich nicht die Finger nach dem neuesten Projekt leckt, auch die Hollywood-Stars stehen Schlange, um bei einem seiner neuesten Projekte dabei zu sein. Doch in vergangener Zeit mehren sich die Anzeichen, dass das Glück nicht mehr so auf der Seite von Bruckheimer steht, wie es in den zurückliegenden Jahren noch der Fall war. Der Platzhirsch droht seine Position an der Sonne einzubüßen, junge, ambitionierte Kollegen laufen ihm langsam den Rang ab.
Mit Top-Hits wie «Flashdance», «Top Gun» oder «Beverly Hills Cop» hatte alles in den 1980er Jahren begonnen. Jerry Bruckheimer revolutionierte das Kino, indem er optisch und akustisch eindrucksvolle Filme aufbot, seinen Figuren lockere Sprüche verpasste, aber eben weniger die Story an sich in den Fokus stellte. Gemeinsam mit seinem Produzenten-Kollegen Don Simpson reihte er einen Hit an den anderen. Nach dem Zerwürfnis mit Simpson und dessen baldigen Tod, arbeitete er fortan solo weiter – nicht minder erfolgreich.
Nach dem Kino wollte Bruckheimer aber auch die kleine Leinwand im heimischen Wohnzimmer erobern. Zuerst scheiterte er noch mit dem Versuch, die «Die Schattenkrieger» (1998/99) im TV erfolgreich zu platzieren. Doch nur ein Jahr später hatte er mit «C.S.I.» das Zauberwort schlechthin erfunden. Die Tatortermittler um den charismatischen Schauspieler William Petersen alias Gil Grissom wurden schnell zum Liebling der TV-Zuschauer auf dem ganzen Globus. Detaillierte Computeranimationen, schnelle Schnitte, Kulissen in Hochglanzoptik, noch dazu die spannenden Fälle in und um Las Vegas machten die Serie zum Ereignis. Schnell schossen dann noch die Franchise «CSI: Miami» (2002) und «CSI: NY» (2004) aus dem Boden, nicht minder erfolgreich. Das CBS-Procedural war geboren, der Fall der Woche wurde – bis zuletzt – fast schon überstrapaziert. Denn auf das «C.S.I.»-Franchise folgten dann auch schnell «Without a Trace» (2002 – 2009) und «Cold Case» (2003 – 2010) – alle bei CBS im Programm – alles Serien, die in ihrer Grundstruktur dem gleichen Modell folgten. Die Zuschauer aber liebten ihre neuen Serien. Zuschauerzahlen von 20 bis 30 Millionen versetzten Produzenten und Sender in einen wahren Rausch. Jedes Network versuchte dem Erfolgsmodell zu folgen, mutige und innovative Projekte seitens der Sender wurden erstmal verschoben. Doch nur Bruckheimer konnte sich mit seinen CBS-Serien durchsetzen, nur seine Produktionen bewiesen einen langen Atem.
2005 folgte dann der erste Versuch seitens Bruckheimer, eine neue Serie auch auf einem anderen Sender zu platzieren. «E-Ring» (Foto) hieß das Projekt und war mit dem Hollywood-Schauspieler Dennis Hopper sogar sehr namhaft besetzt. Doch auch dieser Name half nicht viel, nur 14 der 23 produzierten Folgen kamen im US-TV überhaupt zur Ausstrahlung. Im Durchschnitt waren nicht einmal neun Millionen Zuschauer dabei und Bruckheimers erster Misserfolg seit längerer Zeit geboren. Im gleichen Jahr scheiterte er zudem mit der Don Johnson-Serie «Just Legal» beim damals noch existierenden Sender The WB, ein Jahr später kam hier auch seine neueste Schöpfung «Modern Men» nicht über sieben Folgen hinaus. Doch auch bei seinem „Haus“-Sender CBS verließ ihn ab 2005 langsam der dauerhafte Erfolg. Die Justizserie «Close to Home» kam nicht über zwei Staffeln hinaus und war in den Jahren 2005 bis 2007 mit knapp über zehn Millionen Zuschauern im Schnitt auch kein großer Publikumsliebling.
Selbst der Versuch, das Genre zu wechseln und mit «Eleventh Hour» (2008/09, Foto) eine übernatürlich angehauchte Serie sowie mit «Miami Medical» (2010) eine effektvolle und schnelllebige Krankenhausserie zu präsentieren scheiterten mehr oder weniger kläglich. Projekte bei weiteren Networks, wie «Justice» (FOX – 2006), «The Forgotten» (ABC – 2009/10) oder «Dark Blue» (TNT – 2009/10), waren ebenfalls ohne Aussicht auf Erfolg. Und auch in der aktuellen TV-Season sind seine zwei Neustarts schon auf dem Boden der Tatsachen angekommen. «Chase» auf NBC wurde für das kommende Jahr auf einen neuen Sendeplatz verlegt und im Anschluss sogar mit einer verkürzten Episodenorder von nur noch 18 Folgen bedacht. «The Whole Truth» auf ABC ist offiziell bereits eingestellt, die restlichen, noch auszustrahlenden Episoden, wurden jüngst auch gestrichen. Ob diese im Internet oder doch noch im Sommer zur Ausstrahlung kommen werden, ist mehr als ungewiss. Und auch das «C.S.I.»-Franchise hat den vielen Jahren der Sendedauer einiges an Zugkraft verloren.
Die Gründe für den langsamen Abstieg der einst so gefeierten Jerry-Bruckheimer-Produktionen sind mannigfaltig. Zum einen wäre da der „naturgemäße“ Abnutzungsfaktor. Gerade langlebige Serien, wie das «C.S.I.»-Franchise oder aber auch «Without a Trace» und «Cold Case» nutzen sich über die Jahre ab, die Fälle wiederholen sich in ihren Grundzügen, die Geschichten um die Protagonisten sind zudem irgendwann zu Ende erzählt. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Faktor der Hauptfigur. Nach dem Ausstieg von William Petersen im Jahre 2009 gelang es den Produzenten der Serie nicht, mit Hollywoodstar Laurence Fishburne einen adäquaten Ersatz zu präsentieren. Viele Zuschauer konnten sich mit der Figur des Dr. Raymond Langston überhaupt nicht anfreunden, Anpassungen im zweiten Jahr seines Seriendaseins brachten bis dato auch keine große Trendwende.
Im Falle von «C.S.I: Miami» ist die Lage sogar so, das die erzählten Geschichten um Horatio Cane & Co. mit zunehmender Laufzeit der Serie immer abstruser wurden, die tatsächliche Arbeit als Spurensucher vor Ort immer mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. Ein Sendeplatzwechsel in der aktuellen Saison hat außerdem noch viele Stammzuschauer gekostet. Gleiches gilt im übrigen auch für den Ableger «CSI: NY», welcher seit diesem Herbst auf dem unbeliebten Sendeplatz am Freitagabend ran muss.
Ein weiterer Grund für den Misserfolg Bruckheimers in der jüngsten Zeit ist sicherlich auch dem Fakt geschuldet, dass er stets mit den gleichen Mitteln arbeitet. Visuell ausgereifte Kamerafahrten über die Städte, stylische Drehorte, hübsche Menschen und immer und immer wieder den gewöhnlichen Fall der Woche. So herrscht kaum Interaktion zwischen den meist sehr eindimensionalen Protagonisten – wie soll sich diese auch innerhalb nur einer Staffel aufbauen? – die Begrenzung auf die Genres Justiz- sowie Krankenhausdrama war sowieso eher gewagt. Hier waren in den vergangenen Jahren schon zu viele Serien auf der Mattscheibe zu sehen, die Erfolgsausichten von daher eher mäßig. Es fehlt einfach der Mut, anspruchsvolle, innovative Ideen zu verwirklichen. Über den Schatten springen und es zum Beispiel ABC aus dem Jahr 2004 nachmachen. Damals hatte der Sender schon fast jeglichen Kredit beim Publikum verspielt, aber in der Folge mit «Lost» und den «Desperate Housewives» den Grundstock für eine Jahre andauernde Erfolgsgeschichte gelegt – mit verschachtelten und über mehre Folgen oder Staffeln angesiedelten Handlungsfäden.
Doch Bruckheimer wird einen Weg finden. Denn schon mit «C.S.I.» hatte er seinerzeit ein Projekt in der Tasche, das bei den Sendern wenig auf Gegenliebe stieß. Derzeit bereitet er viele neue Projekte vor, unter anderem ist er für HBO dabei, mit «Cocaine Cowboys» eine in 1980er Jahren angesiedelte Serie über den Kokainhandel in Miami zu produzieren. Und man darf nicht vergessen, was Jerry Bruckheimer in den letzten zehn Jahren für das Fernsehen geleistet hat. Eine solche Erfolgsgeschichte mit dieser Zahl an erfolgreichen und langlebigen Formaten und Serien aus einer Hand muss erst einmal jemand überbieten.