Am 8. Dezember wurde die wöchentliche Serie 25 Jahre alt. Lieferte das Format früher einen Skandal nach dem anderen, wurde es zuletzt doch ziemlich ruhig.
Am 8. Dezember 1985 startete die erste wöchentliche Fernsehserie Deutschlands: Die «Lindenstraße» - wie so viele Pioniere des deutschen Fernsehens musste auch die Serie von Hans W. Geißendörfer anfangs reichlich Spott ertragen. Inzwischen hat das Format nicht nur viele Fans, sondern auch zahlreiche Preise gewonnen. Inhaltlich begann die Serie übrigens so, wie auch heute viele Daily Soaps beginnen. Mit der Gegenüberstellung von Arm und Reich. 1986 stehen sich Familie Beimer und Familie Schildknecht. Die Zuschauer können mit erleben, wie eine ganze Familie zerbricht, da sowohl Mutter als auch Tochter Schildknecht, die beide in den gleichen Tennislehrer verliebt sind. Am Ende verliert die Mutter, die – für eine Serie in Deutschland fast unüblich – deshalb Selbstmord begeht.
Es ist nicht das einzige ungewöhnliche (Tabu)-Thema, das die Lindenstraße in den 25 Jahren aufgreift. Bereits 1987 beschäftigt man sich intensiv mit dem Umweltschutz, 1988 infiziert sich Figur Benno durch eine verseuchte Blutkonserve mit HIV und stirbt schließlich auch daran. 1990 gibt es den ersten schwulen Kuss in der Serie, ein wenig später auch das erste lesbische Paar. „Es gab einen Riesenaufstand“, erinnert sich «Lindenstraße»-Macher Hans W. Geißendörfer in einem Interview mit der Hörzu zurück. „Das Erzbistum Köln hat dem Sender schwer zugesetzt. Und dann gab es ein erstes Verbot: Schwule dürfen sich im Fernsehen nicht küssen“. Geißendörfer fand eine originelle Lösung: Die Kirche verbot Küsse auf den Mund und so küssten sich die Figuren fortan auf den Nabel oder die Brustwarzen.
1991 drehen sich einige Episoden um das Thema Ausländerhass und rechtsradikales Handeln, 1993 stirbt Franz Schildknecht, eine Figur aus den Anfängen. Er war mittlerweile Alkoholiker und erfror im Freien.
1994 beschäftigte sich die «Lindenstraße» mit Erotik und Sex im Alter: Amelie von der Marwitz und Ernst-Hugo von Salen-Priesnitz lassen die Zuschauer hautnah miterleben, wie das auch in späteren Jahren funktioniert. Als Ernst-Hugo in der Serie 1997 krank wird, entschließt sich das Paar zum gemeinsamen Freitod. Scheinehen, Esstörungen, Adoption für Homosexuelle und zuletzt Kokainabhängigkeit: Die «Lindenstraße» nahm nie ein Blatt vor den Mund, auch wenn es ihr zuletzt nicht mehr gelang somit für größere Schlagzeilen zu sorgen.
Das habe sich geändert, sagt auch Geißendörfer zur Hörzu. „Die «Lindenstraße» ist nicht primär dazu da, Skandale zu machen“. Geschichten gebe es aber weiterhin wie Sand am Meer. „Aber politisch zu provozieren ist schwieriger geworden“. An den Zuschauern würde fast alles abprallen, sagt der Fernsehmacher. Für 2011 hat sich Geißendörfer einige Highlights überlegt, sodass es nach zuletzt ein wenig ruhigeren Jahren wieder etwas hektischer zugeht.
Alles wollte der Macher noch nicht verraten, aber fest steht, dass im kommenden Herbst wieder die Hochzeitsglocken läuten werden. Zudem werden zwei sehr bekannte Darsteller die Weekly verlassen. Dafür kommen zwei neue Figuren: Die Türke Orkan, der seinem Namen alle Ehre machen wird und die Nachtklub-Sängerin Kitty, die einigen Männern in der «Lindenstraße» schlaflose Nächte bescheren wird. In Sachen Tabuthemen wollen die Macher im kommenden Jahr das Thema der Leihmutterschaft aufgreifen, das unter anderem aber auch schon vor Jahren in «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» behandelt wurde. Jack bietet sich als eben solche an, um ihren großen Traum, die Rally Paris – Dakar, in die Wirklichkeit umsetzen zu können. Doch dann erleidet sie eine Frühgeburt. Spannend wird es also nicht in einer der erfolgreichsten Fernsehserien – und genau darauf legt Hans W. Geißendörfer auch Wert. „Die «Lindenstraße» ist keine Soap. Sie ist eine Familienserie.“