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Der Sitcom-Trend: Wann kommt Nachschub aus den USA?

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Sitcoms erfreuen sich nun schon seit längerer Zeit im deutschen Fernsehen großer Beliebtheit. Aber gibt es abseits von «Two and a Half Men» auch andere Erfolgs-Sitcoms, die demnächst deutsche Bildschirme erobern könnten?

Das Quotenphänomen «Two and a Half Men» ist längst kein spezielles mehr: Allgemein hat sich das Sitcom-Genre in den vergangenen Monaten in die Herzen der Zuschauer gespielt. Am Nachmittag erreichen neben Charlie Harper auch viele weitere der sogenannten Situations-Komödien gute Einschaltquoten – selbst der Klassiker «Eine schrecklich nette Familie» punktet nach wie vor mittags bei kabel eins. ProSieben hat nach seinem erfolgreichen Comedy-Dienstag in der Primetime mit den «Simpsons» und angesprochenem «Two and a Half Men» eine weitere Sitcom für das Abendprogramm angekündigt: «How I Met Your Mother» (Foto), in den USA mittlerweile schon in der sechsten Staffel, wird ab Januar mittwochs um 22.15 Uhr sein Quotenglück versuchen – aktuell kann die Serie am Samstagmittag gute Marktanteile in der Zielgruppe vorweisen.

Sitcoms liegen also im Trend. Ein kleines Problem gibt es allerdings: Der US-Markt gibt momentan nicht allzu viel her, wenn es um weitere Importe solcher Serien geht. Denn die wieder entdeckte Liebe der Deutschen zu amerikanischen Comedys lässt die USA kalt – viele der hier noch erfolgreich laufenden Sitcoms sind in den Vereinigten Staaten längst abgesetzt. Die meisten Neustarts überleben maximal zwei Staffeln. Dennoch sind Sitcoms auch in ihrem Ursprungsland punktuell erfolgreich; ein Dauerbrenner ist beispielsweise auch der hiesige Quotenkönig «Two and a Half Men». Aber welche frischen und neuen Programme könnte es noch abseits der hier schon beliebten Sitcoms geben und wo sollten ProSieben, kabel eins und Co. auf Einkaufstour gehen?

In den USA hält der erfolgreichste Network-Sender CBS die Fahne für Sitcoms hoch. Dieser hat neben Charlie Harper auch den neuen Stern am Sitcom-Himmel im Programm, der sich «The Big Bang Theory» (Foto) nennt – eine Serie, die auch hierzulande schon in zwei Staffeln am Samstagmittag bei ProSieben mit mäßigem Erfolg gelaufen ist. In den USA hat sie sich im Doppelpack mit «Two and a Half Men» zum erfolgreichsten Serienprogramm der vergangenen TV-Saison entwickelt. ProSieben, das die Rechte an der Show hält, hat die erstaunliche und einzigartige Entwicklung dieser relativ jungen Sitcom ruhig abgewartet – die letzte Episode lief hierzulande Ende 2009.

Nun aber will die rote Sieben den riesigen US-Erfolg auch hierzulande auskosten: Ab Januar zeigt man «The Big Bang Theory» werktäglich am Mittag, dann auch mit der Erstausstrahlung der dritten Staffel. Schaut man auf die bisherige Entwicklung der Serie, ergeben sich einige Parallelen zum Hit «Half Men»: Beide Formate wurden zunächst – mit eher schwachen Quoten – in der Daytime am Samstag versendet und nur einmal pro Woche gezeigt. Der große Erfolg von Charlie Sheen kam erst mit der täglichen Ausstrahlung bei kabel eins, die letztlich ProSieben dazu bewegte, neue Staffeln in der eigenen Primetime zu versuchen. Auch «The Big Bang Theory» lief nur wöchentlich am Samstag, kommt aber nun in die Werktags-Ausstrahlung – diesmal aber nicht bei kabel eins, sondern sogar bei ProSieben. Dies dürfte ein Beweis dafür sein, dass die Sendergruppe in dieses „neue“ Format angesichts des Sitcom-Trends noch mehr Vertrauen hat.

Sollte die Serie dort erfolgreich sein, dürfte sie mittelfristig ebenfalls in die Primetime wandern – vielleicht wie in den USA im Anschluss an «Two and a Half Men». Beide Programme wurden von dem gleichen Produzenten, Chuck Lorre, erfunden und ausgearbeitet. Und beide verkörpern die moderne, massenkompatible Sitcom wie keine andere. In «The Big Bang Theory» wohnen zwei junge hochintelligente, aber lebensunerfahrene Physiker neben einer hübschen, aber einfältigen Kellnerin. Die beiden entdecken, dass es noch eine Welt abseits der Formeln und Zahlen gibt – der Gegensatz zwischen den „Nerds“ Sheldon und Leonard, die beide trotz ihres jungen Alters schon einen Doktortitel besitzen, und der Arbeiterin Penny, die weniger geistige, aber dafür mehr emotionale Intelligenz besitzt, ist Dreh- und Angelpunkt der Situationskomik.

Neben diesen Programmen setzt CBS seit wenigen Monaten noch auf eine dritte Serie unter dem Banner des Sitcom-Schöpfers Chuck Lorre, der in «Mike & Molly» als ausführender Produzent arbeitet. Diese Show handelt von einem dicken Liebespaar, das sich auf einem Treffen der Anonymen Übergewichtigen kennen lernt und von dort aus gemeinsam durchs Leben geht. Diese Serie setzt, wie alle Lorre-Formate, auf Stereotype und einfache, plakative und wenig subtile Witze. In «Mike & Molly» wird also in vielen Situationen über das Gewicht der Protagonisten gelacht, so wie in «Half Men» viele Witze über Frauen und in «Big Bang Theory» zahlreiche über Freaks gemacht werden. Dies aber ist genau das Erfolgsrezept dieser Serien; deswegen werden sie auf der ganzen Welt geliebt. «Mike & Molly» ist in den USA relativ erfolgreich gestartet und dürfte eine zweite Staffel erhalten, sodass die Serie auch für den deutschen Markt interessant wird. Mit einer Ausstrahlung ist hierzulande allerdings nicht vor 2012 zu rechnen, weil es schlicht zu wenig Folgen gibt.

Neben diesen beiden Hoffnungsträgern von Chuck Lorre setzt CBS auf noch eine weitere klassische Sitcom in der aktuellen TV-Saison: «$#*! My Dad Says» (Foto) handelt von dem jungen Mann Justin Halpern, der mit seinem Twitter-Account deswegen Berühmtheit erlangt hat, weil er dort besondere Zitate seines 72-jährigen Vaters zu allen möglichen Dingen des Lebens veröffentlicht. Der echte Account zählt mittlerweile knapp zwei Millionen Follower – CBS nutzte den Stoff für eine Sitcom, in der «Star Trek»-Legende William Shatner Justins Vater spielt. Bei den Kritikern kam das Format mit der interessanten Ausgangsidee allerdings sehr schlecht an; es hagelte negative Rezensionen. Trotzdem hat die Serie in den USA bisher relativ stabile Zuschauerzahlen und dürfte, wenn die Quoten 2011 nicht absinken, wie auch der Neustart «Mike & Molly» eine zweite Staffel erhalten. Auch hier gilt aber, dass der deutsche Zuschauer dieses Sitcom nicht mittelfristig zu Gesicht bekommen dürfte.

Neben den klassischen Sitcoms hält der US-Fernsehmarkt weitere interessante halbstündige Comedys bereit, die unter dem Genrebanner „Mockumentary“ fungieren – ein Konzept, das grundsätzlich mit dem Kamera- und Schauspielstil von «Stromberg» vergleichbar ist. In solchen Serien wird der Alltag in bestimmten Berufen und Organisationen vermeintlich dokumentiert; der Realitätscharakter spielt eine wichtige Rolle.

Besonders der Sender NBC setzt auf diese Konzepte. Erfolgreichstes Zugpferd ist dort «The Office» (Foto), die amerikanische Version von «Stromberg». In Deutschland lief das Format schon unter dem Title «Das Büro» auf Super RTL. Nach der Ausstrahlung der ersten Staffeln im Spätabendprogramm war die Serie allerdings seit knapp zwei Jahren nicht mehr im Programm. Das Problem an Mockumentarys ist, dass ihr Komik-Stil nur im Original perfekt herüberkommt – mit Synchronisationen kann der echte Charakter solcher Formate nicht gut eingefangen werden. Beispielsweise würde es umgekehrt auch nicht funktionieren, wenn «Stromberg» ins Englische synchronisiert wird. Insofern sind US-Quotenhits wie «Modern Family» (ABC) oder «The Office» keine Alternative für klassische Sitcoms und dürften daher wenige Chancen auf eine deutsche Ausstrahlung haben. Sollte sich ein deutscher Sender doch daran wagen, muss die Lokalisierung perfekter als perfekt sein, sonst kann der oft subtile Witz solcher Comedys nicht ins Deutsche transportiert werden.

Festzuhalten bleibt, dass die USA derzeit nicht allzu viel Sitcom-Nachschub bereit stellen könen, auch wenn wir Zuschauer nach frischer Ware lechzen. Neben «The Big Bang Theory», das ohnehin demnächst im Werktagsprogramm ausgestrahlt wird, gibt es auf kurzfristige Sicht wenig neues Material. Sollten «Mike & Molly» sowie «$#*! My Dad Says» bei CBS weitere Staffeln erhalten, kommt eine deutsche Ausstrahlung in Frage. Und bei den zuletzt angesprochenen Mockumentarys muss ein Sender großen Mut beweisen, um damit in den Kampf um die Quote zu gehen. 2011 starten in der Midseason zwei weitere Sitcoms in den USA: ABC versucht sich dann an «Happy Endings», einer Beziehungs-Comedy mit Elisha Cuthbert, sowie «Mr. Sunshine», einer Serie von und mit dem «Friends»-Star Matthew Perry.

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