Inhalt
Kurt Wallander ist gewiss nicht ausländerfeindlich. Als seine Tochter Linda ihm beim Abendessen ihren syrischen Freund Jamal vorstellt, kann er seine Befangenheit aber kaum verbergen. Ein Notruf befreit ihn aus der peinlichen Situation. Auf einem abgelegenen Bauernhof wurde ein altes Ehepaar überfallen und grausam zugerichtet. Der Mann ist bereits tot, mit ihren letzten Worten haucht die sterbende Frau dem Kommissar noch einen unverständlichen Hinweis auf die geflüchteten Täter ins Ohr. Wallander deutet den Kollegen gegenüber an, das Wort könnte sich auf Ausländer bezogen haben. Ein unbekannter Informant gibt den vertraulichen Hinweis an die Presse weiter, die das Thema genüsslich ausschlachtet.Kurz darauf brennt ein Auffanglager für Asylbewerber und ein Migrant wird von einem fremdenfeindlichen Fanatiker erschossen. Wallander fühlt sich verantwortlich für die Ausschreitungen und arbeitet fieberhaft an der Klärung der beiden Fälle.
Der ermordete Bauer, so viel ist schnell klar, zahlte Schweigegeld an eine Frau, die ein uneheliches Kind von ihm hatte. Zur Aufklärung des Mordes an ihm und seiner Frau trägt diese späte Enthüllung allerdings nichts bei. Die Ermittlungen konzentrieren sich schließlich auf den zwielichtigen Valfrid Strom. Der rechtsradikale Mörder des wehrlosen Migranten verkörpert für Wallander den perfekten Schuldigen. Als Strom sich der Verhaftung widersetzt, erschießt der Kommissar ihn auf der Flucht. Das Bauernehepaar hat Strom allerdings nicht auf dem Gewissen. Für die Lösung dieses Falles muss Wallander seine Vorurteile hinterfragen.
Darsteller
Kenneth Branagh («Operation Walküre») ist Kurt Wallander
Sarah Smart («Casualty») ist Anne-Britt Hoglund
Sadie Shimmin («The Bill») ist Lisa Holgersson
Tom Hiddleston («Cranford») ist Magnus Martinsson
Richard McCabe («Der ewige Gärtner») ist Nyberg
Jeany Spark («Tess of the D'Urbervilles») ist Linda Wallander
David Warner («Conviction») ist Povel Wallander
Arsher Ali («Gerichtsmediziner Dr. Leo Dalton») ist Jamal
Roger Watkins («The Bill») ist Stefan Nystrom
Kritik
2008 ging ein Raunen durch die Branchenreihen, als die britische BBC ankündigte sich u.a. gemeinsam mit der deutschen ARD Degeto Film und dem schwedischen Sender TV 4 an eine Neuverfilmung der berühmten Mankell-Reihe des Kommissar Wallander zu wagen. Zu diesem Zeitpunkt gab es ja bereits zwei „konkurrierende“ Filmreihen, die mit Rolf Lassgård (1996-2007) und Krister Henriksson (2005-2010) als schwedische Hauptdarsteller jeweils sehr gut beim Publikum ankamen. Nun also der Neustart von der Insel. Immerhin hatte man mit dem Shakespeare-Mimen Kenneth Branagh als Kurt Wallander von vornherein einen renommierten Namen mit an Bord – das macht zumindest neugierig. Und nun – rund zwei Jahre und sechs Verfilmungen später – sind die einstigen Skeptiker bzw. Kritiker ruhig geworden und Branagh und Co. haben sich in die Herzen der Zuschauer gespielt. Innerhalb der Kürze der Zeit gelang es zudem, sechs BAFTA Awards (britischer Filmpreis) zu gewinnen sowie zwei Emmy- und eine Golden Globe-Nominierung einzustreichen. Einer zweiten Staffel mit drei weiteren Filmen stand also wenig im Weg. Mit «Mörder ohne Gesicht» startet nun eben diese zweite Staffel im Feiertagsprogramm des Ersten. Und es ist wahrlich keine einfache Kost, die den Zuschauern hier präsentiert wird. Aber Wallander- bzw. Mankell-Kenner wissen ja, worauf sie sich einlassen.
Nach dem Erfolg der ersten Staffel hat man nichts anbrennen lassen und sich auch für die neuen Folgen die Dienste des erfahrenen Drehbuchautoren Richard Cottan gesichert. Zusammen mit Regisseurin Hettie MacDonald («Die erste Liebe - Beautiful Thing», «Law & Order: UK») adaptierten er Mankells Roman auf seine spezielle Art und Weise und setzte Branagh erneut ins Zentrum des gesamten Geschehens. Und so durchschreitet Branagh alias Wallander wieder gewohnt unkonventionell, mit Stoppelbart, müden Augen und mürrischer Miene die rund 90 Minuten der Handlung. Der spannende und vertrackte Fall um den Mord an einem alten Farmer-Ehepaar kostet ihn viel Nerven und Wallander geht bis zum Äußersten, um ihn zu lösen. Dabei schreckt er auch nicht durch den Umstand seiner einstweiligen Suspendierung zurück. Viel Kraft kostet ihn aber auch noch das emotionale Drama um seinen Vater Povel, der zunehmend unter seiner Demenz zu leiden beginnt. Und auch dem Zuschauer wird dieser Nebenschauplatz deutlich nahe gehen.
Die jüngste Neuverfilmung von «Kommissar Wallander» steht und fällt mit der Figur Kurt Wallander sowie dessen Darsteller Kenneth Branagh. Überzeugend, tiefgründig, emotional – diese Adjektive treffen sein Spiel wohl am Besten. Und bei so einer unheimlichen Präsenz macht es dann auch relativ wenig, wenn die Nebendarsteller um den Kommissar herum fast nur wie Statisten wirken. Nichts das sie schlecht agieren, nein, es kann nur niemand der Präsenz des Hauptdarstellers entgegenwirken, ihm niemand das Wasser reichen. Aber das scheint bei der britischen Adaption der Mankell-Reihe auch nicht wirklich beabsichtigt zu sein. Wenn es etwas gibt, das sich neben Branagh noch nachhaltig ins Gehirn des Zuschauers zu brennen vermag, dann sind es die zwischen alptraumhaften und atemberaubenden Szenen verschwimmenden Bilder, die Igor Martinovic meisterhaft einzufangen wusste.
Selbst wenn sich so mancher Zuschauer noch an Passagen aus Roman oder vorherigen Verfilmungen der Geschichte erinnern kann, die Neuinterpretation von «Kommissar Wallander - Mörder ohne Gesicht» bietet von Minute eins an TV-Drama aller erster Güte. Ein Einschalten lohnt sich, auch wenn der Schwermut der Verfilmung nicht ganz zum Anlass der anstehenden Feiertage passt.
Das Erste zeigt «Kommissar Wallander - Mörder ohne Gesicht» am, den 26. Dezember 2010, um 21:45 Uhr.