Das ZDF stellt seine Literatursendung «Die Vorleser» ein. Unser Kommentar dazu.
Das ZDF hat bestätigt, dass die erst 2009 gestartete Literatursendung «Die Vorleser» bereits eingestellt wurde – die Sendung vom 03. Dezember 2010 war die letzte. In dem Format haben Moderatorin Amelie Fried und „Die ZEIT“-Journalist Ijoma Mangold über die Neuerscheinungen der Literaturszene diskutiert und mitunter auch gestritten. Schlecht war die Nachfolgesendung von Elke Heidenreichs «lesen!» nicht: Genau aufgrund der unterschiedlichen Literaturinteressen Frieds und Mangolds – und den zwangsweise folgenden differenzierten Ansichten über die rezensierten Bücher war «Die Vorleser» ein erfrischendes, interessantes Format für alle Buchfreunde. Nur bemerkt hat die Sendung keiner.
Weniger als eine Million Zuschauer waren bei der letzten Ausgabe Anfang Dezember dabei – zu wenig? Warum muss das ZDF bei solchen Sendungen überhaupt nach der Quote gehen? Ist es nicht am späten Abend bei einer Sendung, die ohnehin nur wenige Male im Jahr gezeigt wird, egal, ob sie nun fünf oder zehn Prozent Marktanteil erreicht? Weshalb diktiert die Einschaltquote nun auch bei jeder ZDF-Sendung das Schicksal über das Fortbestehen und die Einstellung? Es ist schon seltsam, wie die öffentlich-rechtlichen Sender fast wie die Privaten die Zuschauerzahlen zu dem Dogma machen, die sie eigentlich nicht sein dürften.
Denn wir Zuschauer zahlen schließlich Gebühren für unser Fernsehprogramm – und dies nicht zu knapp. Der ewige Vorwurf muss leider hier erneut bekräftigt werden: Welches Recht hat das ZDF, seine einzige Literatursendung aus dem Programm zu verbannen und dann auch noch gleichzeitig recht frech zu verkünden, dass man noch nicht einmal einen Nachfolger plane? Haben wir vielleicht nicht mitbekommen, dass die Passagen zum Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen im Rundfunkstaatsvertrag gestrichen wurden?
Es ist schade zu sehen, wie mittlerweile bei den Öffentlich-Rechtlichen Programmpolitik getrieben wird, die sich fast ausschließlich nach der Quote richtet. Das Argument von ZDF und Co: Kultur findet man bei Bedarf in den Dritten, bei 3sat oder arte. Dies ist durchaus richtig, haben diese Spartenprogramme im Literaturbereich beispielsweise tolle Sendungen wie «Literatur im Foyer» oder «lesezeichen» zu bieten. Doch unter einem Auftrag zur Bildung sollte etwas anderes verstanden werden, als solche Programme indirekt bei Spartensendern zu verstecken, die einen Bruchteil der Zuschauer erreichen, welche das ZDF oder Das Erste vorweisen können. Selbst wenn «Die Vorleser» nur eine Million Zuschauer hatten – es waren immerhin eine Million mehr, die sich vielleicht wieder für Literatur begeistern können, als ohne eine solche Sendung. Frohe Weihnachten, liebes ZDF!
Jan Schlüters Kolumne meldet sich in zwei Wochen mit einer neuen Ausgabe zurück.