Unser Praktikant erläutert die Lieblingsargumente der Fans gegen die Absetzung ihrer Serie.
Fernsehserien sind für viele Menschen ein Teil des Lebens – und manche der Formate begleiten uns jahrelang, sind ein unverrückbarer Fixpunkt unserer Freizeitgestaltung. Egal ob es uns gut oder schlecht geht, ob wir erfolgreich oder gerade bei einer Klausur durchgefallen sind, ob wir einen neuen Job gefunden haben oder gerade gefeuert wurden, ob wir Liebeskummer haben oder auf Wolke Sieben schweben: Manche Serie begleitet uns durch die Sinuswellen des Lebens. Und oft fühlen wir uns plötzlich leer, wenn gerade diese Lieblingsserie plötzlich abgesetzt wird. Auf einmal kann man zu dieser „Ersatzfamilie“ nicht mehr wöchentlich zurückkehren, auf einmal wird einem dieser eben angesprochene unverrückbare Fixpunkt entrissen.
Dann erst merken wir wieder, dass das Fernsehgeschäft eben ein ganz normales ist. Es spielt zwar mit unseren Emotionen wie kein anderes, aber auch dies ist nur wirtschaftliches Kalkül. Spielt eine Serie nicht das ein, was sie soll, dann wird sie abgesetzt. Um die Trauer der Fans machen sich die Sender dabei für gewöhnlich nicht den Hauch eines Gedanken. Diese Fans wiederum aber erfinden in ihrer Bestürzung die irrationalsten Argumente dafür, dass ihre Serie gar nicht abgesetzt werden kann und dass die Entscheidung der Senderchefs einfach nur dumm sei. Folgend erläutere ich drei dieser immer wieder auftauchenden Fan-Argumente:
1. Die Serie hat gute Kritiken: Hat Qualität im Fernsehen schon einmal irgendwann gezählt, wenn es um die Quote ging? Diese Quote interessiert es nicht, ob irgendein Wald- und Wiesen-Redakteur aus Oberammergau das Format in den Himmel geschrieben hat oder Internetseiten es als neuen Stern am Fernsehhimmel preisen. Meist ist es noch so, dass zu jeder positiven Kritik auch eine negative gefunden werden kann – die bei der Fan-Argumentation natürlich ausgeblendet wird.
2. Die Serie lag auf dem falschen Sendeplatz: Genau, wahrscheinlich hat der Sender sein Format absichtlich auf diesem Programmplatz scheitern lassen. Diese Ausrede wird sehr gern herangezogen, obwohl man oft einfach erkennen muss, dass die Sendung einfach zu schwach war, um gegen die Konkurrenz zu bestehen. Teilweise wird auch gerne erläutert, warum am Freitagabend beispielsweise niemand die «Oliver Pocher Show» schaut: weil die junge Zielgruppe nicht zu Hause ist. Damit hat aber nur die Reichweite und überhaupt nicht der Marktanteil etwas zu tun, denn dieser wird nur aus den Zuschauern berechnet, die zu dieser Zeit auch wirklich vor den Fernsehern sitzen. Und ganz ehrlich: Wenn das Format nicht auf dem Platz besteht, auf dem der Sender es erfolgreich sehen wollte, dann ist es gescheitert.
3. Jeder, den ich kenne, sieht diese Sendung: Jeder von deinen zehn Bekannten sieht sie? Wow, das sind immerhin zehn Zuschauer! Solche Aussagen sind leider wenig repräsentativ. Wahrscheinlich habt ihr ungefähr dieselben Fernsehinteressen und empfehlt euch gute Shows gegenseitig – daher ist es wenig überraschend, dass ihr das gleiche Format gut findet und auch alle schaut, egal ob es ein Straßenfeger oder totaler Quotenflop ist. Es ist leider sehr oft so, dass wir bei Argumentationen von unserer persönlichen Umwelt und Sichtweise auf das Allgemeine und Objektive schließen. Dieser induktive Vorgang ist fast immer falsch und lässt eine schlüssige Argumentation vermissen.
In der kommenden Woche gibt es bei „TV und so“ den zweiten Teil der besten Fan-Ausreden für ihre abgesetzte Serie.