Story
Auf der Donauinsel wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Da ein Raubmord sofort ausgeschlossen werden kann, da um das Opfer herum verteilt rund 100.000 Euro liegen, muss die SOKO weitere Spuren lesen. In der Hand der Toten findet sich ein offenbar von einem Kleidungsstück abgerissener Knopf mit einem eingravierten Wappen. Dieses zeigt ein Buch und eine Krone und führt zu einem traditionsreichen Eliteinternat für Jungen. Internatsleiter Wagner ist tief betroffen, die Tote als die Tochter des Schulwarts identifizieren zu müssen. Er bittet die SOKO Wien um eine diskrete Vorgehensweise, da die Schüler des Internats allesamt aus reichen Familien stammen.
Bei der Inspektion der Schüleruniformen stellt sich bald darauf heraus, dass am Ärmel der Jacke von Julian Meinsdorff, dem Sohn einer Bankerfamilie, tatsächlich ein Knopf fehlt. Der will das ermordete Mädchen aber nur flüchtig gekannt zu haben. Die SOKO Wien stößt bald auf eine zwielichtige Spur, die sie zu der Erkenntnis bringt, dass die Ermordete einem lukrativen Nebenerwerb samt Latex- und Peitschen-Utensilien nachging. Da die Ermittler bei den Schülern auf eine Mauer des Schweigens stoßen, wird Penny Lanz als Informatikdozentin in das Internat eingeschleust, wo sie auf schockierende Indizien und Zusammenhänge stößt.
Darsteller
Stefan Jürgens («Tatort», «380.000 Volt») ist Major Carl Ribarski
Gregor Seberg («Die Wanderhure») ist Oberstleutnant Helmuth Nowak
Lilian Klebow («Stadt, Land, Mord») ist Revierinspektorin Penny Lanz
Dietrich Siegl («Um Himmels Willen») ist Oberst Otto Dirnberger
Maria Happel («Klimawechsel») ist Dr. Franziska Beck
Helmut Bohatsch («SOKO Wien») ist Franz Wohlfahrt
Sigmar Solbach («Die Alpenklinik») ist Maximilian Meinsdorff
Jonathan Beck («Freche Mädchen 2») ist Julian Meinsdorff
Holger Handke («Tatort», «SOKO Kitzbühel») ist Roman Jung
Peter Faerber («FC Rückpass») ist Fritz Danner
Hannes Gastinger («Die Lottosieger») ist Konrad Wagner
Martin Fischerauer («Der Fall des Lemming») ist Matthias Steglitzer
Kritik
Es ist nicht so, dass es ein solches Krimi-Szenario nicht schon des Öfteren gegeben hat: Eine Eliteschule mit dunklen Geheimnissen ihrer Schüler und reiche, einflussreiche Väter, die sich mit einer Armada aus Anwälten gegen das Ermittlerteam stellen. Das komplexe Thema, das neben Spannung auch Interesse bei dem Zuschauer erzeugt, weil Gewissens- und Vertrauensfragen aufgeworfen werden, die man auf sich selbst projizieren kann, birgt dabei aber auch die Gefahr, dass man zu viele Details erzählen muss, so dass die Geschichte dann allmählich etwas einseitig erscheint. Bei dem Drehbuch von Stefan Brunner für die «SOKO Wien»-Folge ist genau das Gegenteil der Fall. In der Kürze der 60-minütigen Episode hat man die interessanten Details gar weggelassen und erzählt die komplexe Geschichte quasi in einer schnelleren Fassung. Dabei nimmt das zunächst gewonnene Interesse beim Zuschauer immer mehr ab. Viele Handlungsabschnitte wirken obendrein stark verkürzt und auch das Ende ist dadurch nicht wirklich schlüssig. Mehr noch ist es gar nicht gut gewählt worden, denn gänzlich nachvollziehbar ist es ebenfalls nicht. Die erste Folge der sechsten Staffel der «SOKO Wien» steht sich also mit dem straffen Zeitplan der Erzählungen irgendwie selbst im Weg. Ein in Kriminalfilmen übliches Recherchieren und Spurenlesen findet fast nicht statt, bekommen die Ermittler doch fast alle nötigen Details auf dem Silbertablett serviert, während andere wie zuletzt «Kommissarin Lucas» mit einem ähnlichen Fall-Szenario sich die Fakten mühsam erarbeiten mussten.
Der Faktor Zeit hat in dem Film also eine gewichtige Bedeutung, denn hier waren Regisseur Erhard Riedlsperger schon gewissermaßen die Hände gebunden. Eine Szene nach der nächsten musste abgedreht werden. Für Detailgenauigkeit blieb offenbar keine Zeit. Dadurch wird jedenfalls sehr viel Potenzial verschenkt, das ein solches Szenario für einen Kriminalfall bietet. Auch jegliche Gesellschaftskritik hat man ausgespart, reißt diese nur grob an, indem die Ermittler mit Schmäh-Sprüchen die Verhörten aus der Reserve zu locken versuchen. Das Drehbuch ist also nicht die große Stärke von «SOKO Wien: In bester Gesellschaft», denn für die komplexe Story war die verfügbare Erzählzeit einfach zu kurz. In bester Gesellschaft konnte sich aber auch der Regisseur fühlen, denn das Schauspieler-Ensemble trägt dazu bei, dass der Kriminalfilm letztlich doch noch zumindest Unterhaltungswert hat. Denn so ist es das authentische Spiel des Ermittler-Teams, das mit etwas Ironie und Wortwitz das schwierige Thema sogar ein wenig auflockern. Doch auch die Wiener Schmäh ist hier noch ausbaufähig. Dennoch sind die Verhörszenen ein großer Pluspunkt für den Film. In jenen Verhörszenen kommen auch die Nebencharaktere zur Geltung und deren Darsteller wie zum Beispiel Jonathan Beck als Sohn des reichen Vaters oder Holger Handke als Anwalt der reichen Familie und Martin Fischerauer als Mitschüler-Erpresser dürfen ihr Talent sowie Können unter Beweis stellen.
Letztlich sind vor allem sie es, die das eher maue Drehbuch noch in die richtige Richtung drehen können. Doch retten können sie die zu knappe Geschichte nicht mehr, denn aus einem wenig detaillierten Drehbuch können auch die besten Darsteller ihrer Zunft keine komplexe Geschichte mehr machen. Und so ist es etwas schade, dass man sich hier nicht mehr Zeit genommen hat oder aber die Geschichte nicht ganz so facettenreich aufgezogen hätte. Denn tatsächlich wäre ein größerer Mehrwert der «SOKO Wien»-Folge übrig geblieben hätte man sich in dem komplexen Szenario auf wenige Details gestürzt, diese aber dann auch ausführlich behandelt. Übrig geblieben ist ein abgehetztes Ermittler-Team, das den Mord zwar aufklären kann und auch die dunklen Geheimnisse aufdecken kann – doch die Frage nach dem besten Weg dorthin, offenbart das große Manko. Denn dieser Weg ist nur sehr dürftig gepflastert worden, so dass viele Lücken nicht gefüllt wurden.
Das ZDF zeigt «SOKO Wien: In bester Gesellschaft» am Freitag, 14. Januar 2011 um 18 Uhr. Insgesamt 13 neue Folgen der Serie werden freitags, ebenfalls um 18 Uhr, ausgestrahlt.