Die Kino-Kritiker

«The Green Hornet»

von
«Beim ersten Mal»-Star Seth Rogen bekämpft als «The Green Hornet» Oscar-Preisträger Christoph Waltz in einer dezent skurrilen Actionkomödie.

Los Angeles: Nach dem Tod seines wohlhabenden Vaters denkt Lebemann Britt Reid (Seth Rogen) nicht im Geringsten daran, in die Fußstapfen des beliebten Zeitungsverlegers zu treten. Britt hatte nie ein gutes Verhältnis zu ihm, weshalb er nach der Beerdigung die ganze Belegschaft entlässt und gelangweilt in die Redaktion der ihm vererbten Zeitung stapft, um zu verkünden, dass er sich nicht einmischen will und die Leitung lieber anderen übergeben möchte. Doch als eine Tasse bitteren Kaffees zum Frühstück den verwöhnten Chauvi zur Verzweiflung bringt, lässt er denjenigen herbeibeordern, der ihm vor Vaters Tod immer die morgendliche Koffeinzufuhr zubereitete: Mechaniker Kato (Jay Chou). Kato stellt sich zu Britts Überraschung als wahres Multitalent heraus, körperlich durchtrainiert, mit hellwachem Geist und erstaunlichen technischen Fähigkeiten. Britt beschließt, dass Kato sein Potential voll nutzen sollte und will, dass er ihm dabei hilft in einer Art posthumen Racheakt an dem Vermächtnis seines Vaters ein maskierter Verbrechensbekämpfer zu werden. Mit aufgemotztem Wagen und gefälschtem Ganovenimage mischen Britt und Kato die Unterwelt der Stadt auf, wodurch sie die Aufmerksamkeit des Gangsterbosses Chudnofsky (Christoph Waltz) wecken. Dieser sieht seine Vormachtstellung im kriminellen Milieu gefährdet und macht Hatz auf die vermeintliche Konkurrenz.

Die Handlung fällt in «The Green Hornet» eher dünn aus. Die Beweggründe des Protagonisten, nachts sein Leben aufs Spiel zu setzen um Recht zu tun, bleiben fadenscheinig. Und das wohl um dem Film zusätzliche Substanz zu verleihen mit der Brechstange in den Film gehebelte Lehrstück über die Verantwortung des Journalismus erreicht nie den Stellenwert, den die Subthematik von Superheldenstücken wie «The Dark Knight» oder auch «Spider-Man» inne haben. Die Drehbuchautoren Seth Rogen und Evan Goldberg stellen in ihrer Kinoadaption der ins Vergessen geratenen Radioreihe «The Green Hornet» unmissverständlich den Spaß an allererste Stelle und lassen die Realität nie in den Weg ihrer obersten Priorität kommen. Durch das, von einem sehr zähen Beginn abgesehen, extrem kurzweilige Skript der «Superbad»-Autoren, wird die innere Logik von «The Green Hornet» allerdings schnell vom Publikum akzeptiert. Es ist unwichtig, wieso Kato sich jede Nacht in Lebensgefahr begibt, ohne aus diesen Aktionen etwas für sich zu gewinnen. Allein die Missgeschicke und Erfolge des heldenhaften Duos sind in dieser Actionkomödie von Bedeutung.

Der Antrieb des Films ist deswegen konsequent die unausgewogene Freundschaft zwischen Britt und Kato. «The Green Hornet» verläuft praktisch wie eine ungerechte Buddy-Komödie: Seth Rogen spielt mit sehr viel Charme und großartigem Timing das eingebildete und dominante Charakterschwein, dessen verblendete Egozentrik für einen Großteil der Lacher des Films verantwortlich ist. Jay Chou hingegen übernimmt den komplementären Part des treudoofen Sidekicks, erhält aber regelmäßig seine kurzen Rachemomente. Diese spielen sich zunächst als kleine verbale Seitenhiebe ab, doch wenn im weiteren Verlauf endlich der Knoten platzt und sich die unausgeglichenen Freunde wie vergrämte Kleinkinder um die Vorherrschaft in ihrer Partnerschaft zoffen, beginnt ein rapider Angriff auf die Lachmuskeln. Zum charakteristischen Humor des Films trägt auch Academy-Award-Gewinner Christoph Waltz bei, der einen augenscheinlich aus der Mode gekommenen Drogenbaron spielt, dem es sich nicht erschließt, wieso er auf so viele seiner Gegner keinen Eindruck mehr schindet. Waltz spielt seine zwischen vollkommen überzeichnet und eher unterkühlt changierende Figur mit sichtbarer Freude und, wie schon bei seiner Glanzrolle Hans Landa aus «Inglourious Basterds», mit einem verdorbenem Charme. Die einzige säuerlich aufstoßende Castingentscheidung betrifft Britt Reids Sekretärin, die von einer verschenkten Cameron Diaz gespielt wird. Sofern ihre Figur nicht gerade Opfer eines Witzes ist, fügt sie sich nicht ganz in die Humordynamik von «The Green Hornet» ein und wirkt so eher wie ein Bremsklotz.

Was «The Green Hornet», neben seiner originellen Held-Sidekick-Dynamik und dem erfolgreich ins Actiongenre übertragenen Seth-Rogen-Humor, besonders auszeichnet, ist die vorab viel diskutierte Besetzung des Regiestuhls. Autor, Hauptdarsteller und Produzent Seth Rogen bewies schon bei der Kiffer-Actionkmöde «Ananas Express» wagemutiges Denken, als Independent-Drama-Regisseur David Gordon Green für die Inszenierung verantwortlich gemacht wurde. Nun wiederholt Rogen seinen geglückten Kniff und holte den bekannten Independent-Regisseur Michel Gondry an Bord. Gondry drehte unter anderem die surrealistische Tragikomödie «Science of Sleep» sowie den mit Jim Carrey und Kate Winslet besetzten, modernen Klassiker «Vergiss mein nicht!» aus der Feder von Charlie Kaufmann. Das passt nicht zusammen? Falsch, denn die Denkweisen von Seth Rogen und Michel Gondry ergänzen sich erstaunlich gut, und so durchsetzt Gondry die Actionkomödie mit niemals deplatziert wirkenden, einfallsreichen und nonkonformen Spielereien. Das einprägsamste der Gondrys Handschrift tragenden Elemente ist die den Kampfszenen vorgeschaltete "Kato Vision", in der Sidekick Kato die Lage haargenau analysiert und vor seinem geistigen Auge die Angriffsziele klar markiert. Es scheint, dass Gondry auch atmosphärisch die Zügel in der Hand hielt: Trotz seiner knalligen Einfälle wirkt «The Green Hornet» weniger wie ein überdrehter Cartoon in Realfilm-Format, sondern genüsslich lapidar mit einer dezenten Skurrilität – nicht zuletzt wegen seiner toll inszenierten Actionsequenzen. Diese sind nicht vom Bombast eines Michael Bay, sondern (vor allem im Finale) mit stilvollem Camp versetzt. Ein Widerspruch in sich, aber ein Michel-Gondry-Film mit dem sonst in der Faulenzerkumpel-Schublade feststeckenden Seth Rogen als Superhelden kann halt schwerlich ohne (gewollt) amüsante Paradoxien auskommen.

Mit «The Green Hornet» startet auch ein weiterer Film in den Kinos, der nicht in 3D gedreht, sondern erst in der Postproduktion konvertiert wurde. Anders, als bei solchen Katastrophen wie «Kampf der Titanen», wurde bei dem Konvertierungsprozess von «The Green Hornet» jedoch große Sorgfalt gewährleistet. Es gibt zwar, gerade in ruhigeren Szenen mit etwas verwegeneren Kameraeinstellungen, Momente in denen das Bild durch einen matschigen 3D-Effekt leicht verzerrt wird, ansonsten ist der 3D-Effekt aber gestochen scharf und sehr deutlich zu bemerken. Das Bild geht klar in die Tiefe und in den Actionszenen fliegt des Öfteren etwas auf den Zuschauer zu. «The Green Hornet» zeigt, dass konvertiertes 3D tatsächlich funktionieren kann. Zugleich stellt sich aber die Frage, wie «The Green Hornet» erst aussähe, hätte Gondry bei seinem Ausflug ins Popcornkino neben ungewohnt viel Geld auch 3D-Kameras zur Verfügung gestellt bekommen.

Fazit: Absurde Ehen funktionieren eben doch. «Beim ersten Mal»-Komiker Seth Rogen als Superheld, «Inglourious Basterds»-Nazi Christoph Waltz als osteuropäischer Drogenboss und «Abgedreht»-Kunstfilmer Michel Gondry auf dem Blockbuster-Regiestuhl machen «The Green Hornet» zu einer skurrilen Actionkomödie, die ihre lasche Story mit forschen Wortgefechten zwischen Held und Sidekick sowie nicht all zu Hollywood-typisch umgesetzter Gute-Laune-Mentalität wieder wett macht.

«The Green Hornet» ist seit dem 13. Januar in vielen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/47037
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