Unser Kolumnist kann mit «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» nichts anfangen.
Seit Freitag ist es wieder soweit: RTL zeigt die mittlerweile fünfte Staffel der umstrittenen Reality-Show «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!». Nachdem es im vergangenen Jahr keine neue Staffel gab, war ich schon guter Dinge, dass dieses Format überhaupt nicht mehr auf die Bildschirme zurückkehren wird. Denn trotz der unverhältnismäßig guten Quoten meiden immer noch einige potentielle Werbekunden wie IBM oder Deutsche Bahn aus Imagegründen diese Sendung. Wie auch immer, im Jahr 2011 wagen sich nun doch erneut elf semiprominente Kandidaten aus Geldnot und/oder Aufmerksamkeitsgeilheit in den australischen Dschungel und kämpfen um die Gunst der Zuschauer.
Selbst wenn man den Sender RTL meidet, bekommt man ungewollt mit, wer denn nun diesmal in das Camp ziehen wird. Seit Wochen zogen sich unzählige Vorabberichte mit Spekulationen über mögliche Kandidaten durch die Boulevardpresse. Es ist bei jeder Staffel das Gleiche. Jedes Mal entsteht ein unglaublicher Hype um diese unfassbar unwichtige Sendung. Nicht nur auf RTL selbst, sondern auch bei den Schwestersendern Vox und Super RTL laufen Trailer; darüberhinaus sind die Innenstädte voll mit Werbeplakaten, und in allen Zeitungen und Online-Newsportalen gibt es beinahe täglich neue Artikel rund um das Dschungelcamp. Es ist davon auszugehen, dass die BILD-Zeitung wie in den vergangenen Staffeln auch jeden Tag eine Schlagzeile über den Dschungel präsentieren wird. Man erinnere sich nur an so wichtige Fragen wie: "Wer hat ins Camp geschissen?" Auch die anderen Sender wollen ein Stück vom Kuchen haben, und mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Dschungel-Kandidaten demnächst auch zu Gast bei «Markus Lanz» und «TV total» sein. Die Vermarktungskampagne läuft auf Hochtouren, und RTL wird deshalb auch dieses Mal wieder Quotenerfolge von mindestens 30 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe erreichen. Man muss die Menschen nur mit übertrieben viel Crosspromotion beballern und schon läuft es wie geschmiert. Ich finde es deprimierend, dass diese Rechnung, nicht nur beim Dschungelcamp, sondern auch bei «Deutschland sucht den SuperStar» und «Das Supertalent», immer wieder aufgeht.
Doch abgesehen von dem Hype kann ich auch mit dem Format an sich nichts anfangen. Es geht mir nicht den Kopf, weshalb ich mir zwei Wochen lang die Eskapaden von Möchtegern-Promis anschauen soll, die mich entweder keineswegs interessieren oder in hohem Maße nerven. Außerhalb der Sendung «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» dürfte das Leben dieser Kandidaten ebenfalls die wenigstens Zuschauer tangieren. Häufig wird das Dschungelcamp auch mit «Big Brother» verglichen, doch meiner Meinung nach haben die beiden Sendungen abgesehen von den Kameras nicht viel miteinander gemeinsam. Während es beim Großen Bruder größtenteils um spannende und emotionale Geschichten, sowie um soziale Bindungen und mögliche Lieb- und Feindschaften geht, steht beim Dschungelcamp die Schadenfreude im Mittelpunkt. Dirk Bach und Sonja Zietlow kommentieren das Geschehen absolut zynisch, und für die Zuschauer ist es das Höchste der Gefühle, einen ungeliebten Teilnehmer in einer der vielen Ekelprüfungen leiden zu sehen. Bei «Big Brother» dagegen wird eine zu subjektive Kommentierung in den Tageszusammenfassungen von den Zuschauern als meinungsmachend kritisiert.
Dennoch trifft man, wie die Einschaltquoten zeigen, mit dem Dschungelcamp offenbar mehr den Nerv der Zuschauer als mit «Big Brother». Abgewrackte C-Promis sind für die breite Masse scheinbar letztendlich interessanter als "normale" «Big Brother»-Bewohner. Ich gönne den Zuschauern ihren Spaß, doch für mich ist der Dschungel nichts.