Auf der Spitze der deutschen und amerikanischen Kinocharts macht es sich derzeit ein hierzulande kaum bekannter Superheld bequem: «The Green Hornet». Basierend auf einer 1936 gestarteten Radioserie, die später in Comicform und für das Fernsehen adaptiert wurde, nimmt der maskierte Kämpfer fürs Recht in diesem neuen Kinohit die Form von Seth Rogen an. Der Star aus «Beim ersten Mal» und «Zack and Miri Make a Porno» versuchte als Autor, ausführender Produzent und Hauptdarsteller schon jahrelang, diesen Film zu stemmen, doch der Weg zur Kinoveröffentlichung war verworren und steinig. Der asiatische Regisseur und Schauspieler Stephen Chow («Kung Fu Hustle») war lange als Darsteller des Sidekicks Kato eingeplant und sollte Seth Rogens Actionkomödie inszenieren, aber es entstanden kreative Differenzen zwischen Chow und Rogen. Als bekannt wurde, wen Seth Rogen und die produzierenden Sony Studios als Ersatzmann ansprachen, war das Staunen groß: Die Wahl fiel auf Michel Gondry, einen ehemaligen Werbefilmer und gefeierten Kino-Surrealisten. Blödelkumpel Seth Rogen, ein Superhelden-Blockbuster und Arthouse-Liebling Michel Gondry, für den besorgten Cineasten war schnell klar, welche Variabel in dieser Gleichung klein gehalten wird.
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Ganz im Gegenteil. Michel Gondry ist, so kurios es klingen mag, die perfekte Wahl für Seth Rogens Ausflug ins Superheldenfach. Und er durfte sogar seinen Stil beibehalten, auch wenn er, genauso wie der Hauptdarsteller und Co-Autor, sich zu Gunsten des Materials etwas zurückhalten musste. Zugegeben, inhaltlich wird man die eher flache Actionkomödie nicht mit anderen Filmen des französischen Regisseurs verwechseln. Aber Gondry bringt der Actionkomödie, die schnell in reinste Comic-Blödelei hätte abgleiten können, mit seiner Inszenierung einen skurrilen, selbstverständlichen Flair. Statt «The Green Hornet» zu einer Superheldenparodie werden zu lassen, schuf er eine lockere Actionkomödie, die mit den Regeln des Genres spielt und trotzdem einfach “nur” angenehm schräg, statt völlig überdreht wirkt.
Gondry beweist, wie so oft, ein feines Gespür dafür, vollkommen abstruse Ideen so zu verankern, dass sie vom Publikum als schrullig erkannt werden, sei es nun mal die Traumwelt aus «Vergiss mein nicht!» oder die überzeichneten Talente Katos, das aufgemotzte Auto und verflucht noch eins, ausgerechnet Seth Rogen als Hauptdarsteller in «The Green Hornet». Diese “unwirkliche Plausibilität” ist entscheidend, um die Actionkomödie ernst nehmen zu können und neben ihrem Grundkonzept und dessen Staffage weiterhin die Figuren zu akzeptieren. Käme «The Green Hornet» zu überdreht rüber, hätte niemand mehr Interesse an seiner sehenswerten Dynamik zwischen Held und Sidekick, der Dialogwitz würde von der Prämisse völlig überschattet, er wäre eine reine Superheldenparodie. Was es in diesem Fall zu bedauern gälte.
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Gondrys zielsichere Inszenierung hat einen sehr offensichtlichen Grund: Er hatte ehrliches Interesse an diesem Stoff. Als 1997 die Rechte an «The Green Hornet» noch bei Universal lagen, wollte Michel Gondry mit der grünen Hornisse sein Leinwanddebüt feiern!
Man muss es nun mal einsehen: Ab und zu wollen Regisseure aus ihrer von Fans vordiktierten Schublade ausbrechen, insbesondere, wenn es um Projekte geht, für die man sie eine besondere Passion hegen. Und so lange die Ergebnisse befriedigend sind, sollte man sich keinesfalls päpstlicher als der Pabst benehmen und jemandem wie Michel Gondry vorschreiben, was er machen würde und was nicht.