Hingeschaut

Das Dschungel-Camp gegen den Rest der Welt 2011

von

In der RTL-Show gibt es unzählige Querschüsse gegen RTL, andere Sender und Stars: Die derbsten Sprüche von Sonja und Dirk.

Dass die RTL-Show «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» ein Millionenpublikum trotz später Sendezeit begeistert, ist nicht neu. Neu hingegen ist die Begeisterung von immer mehr Medienschaffenden und das langsame Verstummen der zahlreichen Kritiker. Dies liegt vor allem in der Tatsache begründet, dass die Sendung erfrischend selbstironisch ist, zahlreiche Querschüsse gegen die eigene Zunft verteilt und unzählige Insider-Gags beinhaltet. Egal ob der Vergleich von Katy Karrenbauer mit Filmfigur Machete oder Hartz-IV-Empfänger Arno Dübel. Man muss schon viel Fernsehen schauen und in einschlägigen Medien unterwegs sein, um wirklich jeden Gag zu verstehen. Damit werden auch immer mehr Brancheninsider geködert und selbst die härtesten, elitären Kritiker gebauchpinselt. Auch die Anspielung auf einen Schuhversandhandel als Reiner Langhans seine Schuhe tauschen möchte, gehört dazu. Schließlich wirbt der Konzern Zalando für sein Angebot mit einer Parodie des Alt-68er. Viel zitiert und fast schon legendär ist auch die Einspielung von „I need a Dollar“ bei der Vorstellung von Katy Karrenbauer, die zuvor kaum eine Sendung ausließ, um nicht über ihre Privatinsolvenz zu sprechen.

Vor allem die Moderationen von Sonja Zietlow und Dirk Bach strotzen vor Spitzen gegen die Pop-Kultur und andere bekannte Persönlichkeiten, die entweder nichts oder nur sehr indirekt mit der Show zu tun haben. So gibt es verbale Attacken gegen Ulli Hoeness, Thilo Sarrazin oder Gina-Lisa. Garniert werden diese durch Parodien eigener RTL-Formate wie «Die 10...» oder «Familien im Brennpunkt», in welche die Highlights des Tages eingebettet werden. Welche weiteren versteckten Angriffe die bisherigen Ausgaben beinhalteten, zeigen folgende Beispiele:

Anspielungen auf das eigene Programm von RTL:

„Du denkst aber schon, dass wir hier beim RTL sind?" - "Ja, wir kommen schon noch auf «Supertalent»-Niveau runter....Kannst du eigentlich mit Sand malen?"

„Missy, ich mache mir wirklich Sorgen.“ – „Um Katy?“ – „Nein, nein, um das Niveau dieser Show.“ – „Äh! Und wieso? Dann geh’ halt nicht mehr ran, wenn der Hoeneß anruft.“ – „Nein, das ist es nicht. Es ist genau das Gegenteil. Das Niveau ist zu hoch. Ja, im Stern hat man uns zuletzt mit Jean-Paul Sartre zusammengeworfen.“ – „Uh, das ist natürlich heftig.“ – „Vorgestern haben sie noch einmal nachgelegt und uns Brecht’sche Züge unterstellt.“ – „Brecht? Nur weil ich den Langhans in der Kantine mal als Drei-Groschen-Opa bezeichnet habe.“ – „Ja, überhaupt, der Reiner, wenn das mit dem so weitergeht, wird das der intellektuelle Super-GAU. Sieh’ Dir nur mal den nächsten Film an. Missy, wir müssen gegensteuern!“ – „Aber wie?“ – „Hier, zerschmettere diese Dose – mit Deinen Brüsten.“ – „Zerschmettern?“ – „Ja frag nicht. Tu es einfach. Tu’s für die Sendung. Tu’s für RTL.“ – „Nein, das finde ich kacka.“

„Sag’ mal, wie hieß der neue bei «Stern TV»? Wie heißt der noch mal?“ – „Ähm, Hallaschka.“ – „Oh, Gesundheit.“ – „Nein, so heißt der. Du, ich habe sogar gelesen, der hat die erste Sendung ohne Krawatte moderiert.“ – „Nein.“ – „Verrückter Hund.“ – „Der hat ja was drauf.“ – „Kein Weg führt mehr zurück zum ZDF.“

„Auch heute muss wieder einer der Camper zur Dschungelprüfung und die heißt heute «Ab durch die Wand». Sag’ mal Sonja, vorhin schon «Die 10...», jetzt «Ab durch die Wand», verfilmen wir etwa Deinen Wikipedia-Eintrag, Frau Zietlow?“ – „Das kommt mir auch so vor. Die Sendung hat ja auch ein bisschen was von «Der Schwächste fliegt».“ – „Ja und wenn wir unten bei den gescheiterten Existenzen stehen, erinnert mich das dann verdammt an Deine Talkshowzeiten.“ – „Ja, mich selber ja eigentlich. Immer wenn ich da irgendwie sage ‚Und Du bist es vielleicht’, dann denke ich automatisch an einen Vaterschaftstest.“

„Wir haben doch in der ersten Sendung gesagt, dass sie [Katy] 400.000 Euro Schulden hat.“ – „Ja, das haben wir uns auch schön ordentlich vom Zwegat ausrechnen lassen – so übersichtlich auf einer Flipchart.“ – „Ja, und da unten stand ja auch 400.000, aber wir hätten weiterblättern müssen.“


Schüsse gegen andere Shows und Persönlichkeiten:

Nach der Dschungelprüfung, in der Kandidatin Sarah ein Kakerlaken-Kostüm tragen musste: „Haute Couture – statt Kot vom Tier.“ – „Oh, Kot vom Tier, das waren nicht wir. Das war «Wetten, dass..?».“ – „Ach so, ja. Das waren ja gar nicht wir. Aber gut, mein Gott, jetzt riechen die wahrscheinlich an ihren Gummistiefeln.“

„Aber sag’ mal, manchmal glaube ich, dass wir der Sarah ein kleines bisschen Unrecht tun, weil sie hat ja bei «Kerner» erzählt, dass sie ein ganz normales Mädchen ist und sich auch mal einen Cheeseburger kauft.“ – „Den sie dann aber leider als Vegetarierin nicht essen kann.“

„Ich finde, wir sollten endlich mal die anderen Kandidaten vorstellen: Katy Karrenbauer. Schauspielerin. Sie ist Sängerin, Autorin, Comedian – also eine Entertainerin wie der weibliche Karsten Speck.“ – „Oder der männliche Hape Kerkeling.“ – „Oder Wolfgang Lippert, der kann auch alles und noch mehr.“

„Eine Ostdeutsche reißt einer Halbinderin die Hütte ein. Ich hatte wirklich gehofft, dass die Kandidaten mit Migrationshintergrund zusammenhalten.“ – „Ja und den haben die meisten hier. Gitta ist Halb-Marokkanin und Froonck ist Francosauerländer...“ – „Froonckosauerländer!“ – „Ja, ja, bien sûr. Ja und Kay und Mathieu Carriere hört sich auch nicht gerade an wie Müller oder Meier. Das dürfte hier eigentlich Thilo Sarrazins Lieblingssendung sein.“ – „Der sitzt gerade vergnügt vor dem Fernseher und wippt mit dem Pferdefuß. Endlich die ganze Multikulti-Mischpoke abgeschafft.“ – „Ja, das meine Damen und Herren ist gelebte Integration.“

„Sag mal, vorhin hattest Du doch so einen Spruch mit dem Westerwelle? ‚Sarah ist wie Westerwelle’. Hast Du doch bei Beckmann geklaut, stimmt's?“ – „Hör auf. Jetzt geh’ mir weg mit Kandidaten der nächsten Staffel. Lass uns doch erst mal die hier fertig machen.“


Die Kandidaten besitzen einen kleinen Handspiegel: „Der Spiegel geht rum wie im ‚P1’“

Weitere mediale Referenzen:

„Willkommen zurück bei «Facebook – Das Musical». Ganz Deutschland hat gerade elf Freunde hinzugefügt. Statusmeldung: pleite.“ – „Und wir hängen jetzt zweien von den elf eine Einladung an die Pinnwand zur Dschungelprüfung.“ – „Genau und ich bin mir sicher sieben Millionen Deutschen gefällt das. Komm, wir schubsen sie mal an.“

„Ich habe gestern noch einmal Sarah gegooglet. [...] Sie hat anscheinend seit vorgestern einen Wikipedia-Eintrag und seit gestern läuft ein Antrag auf Löschung wegen Irrelevanz.“ – „Häh, selbst die Spaghettizange hat einen zweiseitigen Eintrag.“


Man erkennt schnell, dass die Sticheleien ein derberes Niveau als in anderen Shows haben. Die meisten Texte stammen aus der Feder von Mickey Beisenherz und Zietlows Ehemann Jens Oliver Haas. In einem Interview mit dem Stern sagte dieser: „Es ist viel schneller und viel direkter. Es bleibt wenig Zeit für Bedenken, Übervorsichtigkeit und falsche politische Korrektheit. Fern der Heimat dürfen wir uns einmal im Jahr sprachlich und inhaltlich mal so richtig austoben. So entstehen Drehbücher, die es in Deutschland nie geben würde." Dank der Rückendeckung durch RTL-Redakteur Markus Küttner kann auf diese Weise bei allem Trash und geschmacklichen Fragwürdigkeiten eine der erfrischendsten, unterhaltsamsten und cleversten Unterhaltungssendungen entstehen, die eben viel mehr ist, als nur das Essen von Känguru-Hoden.

Und hier finden Sie noch einmal die besten Querschüsse aus der sechsten Staffel (2012) und aus der siebten Staffel (2013)

Kurz-URL: qmde.de/47200
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