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Ich bin ein Star – holt mir die ‚Werbeflaute’

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Normalität bei der Werbeauslastung? Das RTL-Dschungelcamp bewegt sich zwischen Rekordquoten und geringer Werbeauslastung. Doch der Sender hat trotzdem gut Lachen.

Angesichts von Gagen, hohen Produktionskosten und kostspieligen Satellitenzeiten der Übertragung von Australien nach Deutschland von «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» ist die Sendung mit Abstand die teuerste Produktion des Kölner Senders. Schwer vorstellbar also, dass sich das Format mit der geringen Werbeauslastung komplett finanzieren lässt, wenn beispielsweise mit einer 120-Minuten-Ausgabe im schlechtesten Fall gerade mal rund 180.000 Euro brutto an Werbeeinnahmen erzielt werden. Ist das die Normalität? Über die Produktionskosten der aufwendigen Sendung macht RTL und auch die Produktionsfirma Granada verständlicherweise keine Angaben. Doch die Umsätze werden die halb gefüllten Werbeblöcke auch nicht maßgeblich steigern. Eine schwierige Refinanzierung – selbst bei voller Werbeauslastung.

Im Bereich des Sportfernsehens kennt man diese Umstände. Für exklusive Sportrechte, beispielsweise für die Fußball-Bundesliga, werden gigantische Summen auf den Tisch gelegt, während man schon im Vorfeld weiß, dass eine Kostendeckung durch die entsprechende Vermarktung nahezu ausgeschlossen ist. Hier zählen vor allem der Imagefaktor und die gute PR für den Sender. Dies dürfte somit auch übertragen auf das Dschungelcamp für RTL zutreffen, denn «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» zählt unbestritten zu den Highlights im TV-Jahr des Senders. Die Sendung bildet entsprechend einen maßgeblichen Schwerpunkt im Marketing und in der Kommunikation der Kölner. Die Comedy-Sendung sei eine wichtige Programmfarbe in der programmlichen Vielfalt von RTL, bestätigt Konstantin von Stechow.

In der Tat scheint RTL gerade in dieser Hinsicht von «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» profitieren zu können. Der große Nutzen liegt also in der PR-trächtigen Ausschlachtung sowie den hohen Reichweiten, die sich im weiteren Fernsehjahr noch auszahlen können. Aus dieser Perspektive wird das Dschungelcamp für den Kölner Sender also doch rentabel, weshalb einer sechsten Staffel im Jahr 2012 eigentlich nichts entgegen stehen dürfte. Gerade weil die PR-Strategie aufgeht. Im Klartext heißt das: Weil innerhalb der 16 Tage, in denen «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» auf dem Bildschirm ist, in fast allen Gazetten, boulevardesken Zeitschriften, Online-Medien und Internet-Blogs sowie ebenfalls ausgiebig in den sozialen Netzwerken über das Dschungelcamp berichtet, diskutiert und analysiert wird, wird es zum Medienevent, das auch den Sender RTL deutlich in den Fokus rückt. Gerade dieser PR-Effekt ist für die Privatsender nahezu ein Segen. Denn die vielen Formate im Privatfernsehen haben stets ihre liebe Mühe damit, mit Sendehinweisen, Cross-Marketing und Programmtrailern die eigene Sendung zu bewerben, um auf den berüchtigten Quoten-Nenner zu kommen. Meist wird hier ein großer Aufwand betrieben, den «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» fast gar nicht nötig hat.

Viel Eigenwerbung muss das Format mit Sonja Zietlow und Dirk Bach gar nicht betreiben. Denn in der kurzen Zeit sind sie in aller Munde. Die Diskussionen rund um die Show bewegen das Publikum beinahe im Alleingang zum Einschalten – die hohen Zuschauerreichweiten sind das beste Indiz dafür. Das nutzen natürlich auch die anderen RTL-Formate für sich aus: Dass die Sendung «Extra Spezial» am Montagabend mit einem entsprechendem Cliffhanger aus «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» auf stolze 49,7 Prozent Marktanteil kam, ist nur ein Beispiel. Denn auch die Primetime-Formate profitieren indirekt vom Dschungel-Hype und so kommen selbst Sendungen wie «Spiegel TV» und «Extra» auf beachtliche Einschaltquoten. Schließlich versuchen auch Formate der Konkurrenzsender ProSieben (zum Beispiel «TV total») und Sat.1 (beispielsweise «Kerner» und «Akte 2011») von den Dschungel-Quoten eine Scheibe abzubekommen. Mehr oder weniger mit Erfolg. Und auch das ZDF hat sich in der Sendung «Markus Lanz» dem Treiben in Australien gewidmet. Bei RTL hingegen kommen selbst die erfolgreichen Formate wie «Rach – der Restauranttester» im Vorfeld auf neue Bestwerte, die fernab aller Normalität liegen. Wenn RTL also von einer Normalität der Werbeauslastung rund um das Dschungelcamp spricht, meint der Sender wohl auch die Werbeumsätze, die mit den Sendungen im Vor- und Nachprogramm erzielt werden, schnellen doch auch hier die Zuschauerzahlen und Marktanteile ungebremst in die Höhe.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Rolle die "Moralfragen" bei der Werbeauslastung spielen.


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