Sonntagsfragen

Michael Kessler: 'Es geht um Kommunikation und Zuhören'

von
Schauspieler und Comedian Michael Kessler spricht im zweiten Teil des Interviews mit Quotenmeter.de (Teil 1: 'Jede Begegnung ist ein Abenteuer') über die anstrengenden Dreharbeiten für «Kesslers Expedition» und die begleitende Kommunikation mit dem Zuschauer über das Internet.

Auf Ihrer Expedition treffen Sie auf Land und Leute. Ist es gelegentlich auch schwierig mit den Menschen in Kontakt zu kommen oder fällt das weitgehend leicht?
Hier gilt das alte Sprichwort: Wie du in den Wald rufst, so schallt es heraus. Die Spreeler waren sehr offen, sehr kommunikativ und auch witzig. Sogar in Brandenburg. Manche haben mich in ihre Gärten und Häuser eingeladen. Ich halte das nicht für selbstverständlich.

Ist das denn dann auch Ihre größte Motivation für solche Expeditionen, dass Sie dort die Menschen in der Region kennenlernen?
Man sagt oft, die Geschichten liegen auf der Straße. Ich habe festgestellt, dass das wirklich auch so ist. Die Menschen stehen definitiv im Mittelpunkt bei unseren Expeditionen.

Welche Geschichten erzählten Ihnen die Menschen, denen Sie an der Spree begegneten, denn so?
Geschichten, die man in unserem rastlosen Alltag gar nicht mehr mitbekommt. Wir haben erfahren, warum die Menschen ihre Heimat so lieben und was es für Probleme gibt in der Region. Wie haben sich z.B. Land und Leute nach der Wende verändert.

Als Sie auf der Spree gepaddelt sind, hatten Sie nur das Paddelboot, einen Rucksack und ein Smartphone dabei. Was nehmen Sie diesmal als Ausrüstung mit auf die Expedition?
Gute Wanderstiefel, eine Regenjacke und Zucker für den Esel, wahrscheinlich. Wir planen übrigens auch meine Eingewöhnungsphase mit dem Esel zu zeigen. Das Smartphone ist natürlich auch wieder dabei, für die Live-Berichte von den Dreharbeiten.

Sie waren bei der Spree-Expedition 14 Tage lang mit dem Kamera-Team unterwegs. Wie hat man sich denn die Dreharbeiten vorzustellen? Waren sie sehr anstrengend?
Die Paddelei war kein Zuckerschlecken. Wir drehen mit einem kleinen Team sehr viel, sehr lange und durchgehend um mit so viel Material wie möglich in den Schneideraum zu gehen. Nicht jede Begegnung eignet sich für die Sendung. Das Team und ich müssen oft sehr schnell reagieren und viel improvisieren, wenn sich eine Begegnung ergibt. Nach Drehschluss geht’s dann nicht ins Grandhotel, sondern in den einfachen Gasthof. Aber alle brennen für das Projekt, alle lieben es. Es sind ungeheuer intime und intensive Dreharbeiten.

Mit der «Berliner Nacht-Taxe» und «Kesslers Expedition» haben Sie schon zwei Reality-Formate für den rbb gedreht. Man kennt Sie aber eher aus Comedy-Sendungen wie «Switch Reloaded» bei ProSieben oder Fernsehfilmen. Was ist Ihr Reiz an diesen Reality-Formaten beim rbb?
Als mich ein befreundeter Produzent fragte, ob ich mir vorstellen könne mit dem Taxi durch Berlin zu fahren und Leute zu interviewen, war meine erste Reaktion verhalten. Schließlich bin ich Schauspieler. Aber ich fand es eine spannende Idee und habe es deswegen ausprobiert und es hat wunderbar funktioniert. Ich bin immer neugierig auf neue Abenteuer und Herausforderungen in meinem Beruf. Es hat einen ungeheuren Reiz so eine Art von experimentellem Fernsehen zu machen. Bei «Nacht-Taxe» und «Expedition» gibt es kein Drehbuch. Alles entwickelt sich im Moment. Die Begegnungen mit den Menschen sind wunderbar. Es geht um Kommunikation und Zuhören. Die Formate wurden zu echten Herzensprojekten. Toll, dass der rbb solche Projekte verwirklicht!

Sind die rbb-Reality-Formate denn dann auch gewissermaßen ein Gegenentwurf zu den verschiedenen Scripted Reality-Sendungen im deutschen Fernsehen?
Absolut. Scripted Reality – das Wort allein ist schon ein Witz. Wir haben einen anderen Anspruch. Wir versuchen im Gegensatz zum sogenannten „Reality-TV“ die Realität wirklich und authentisch abzubilden. Die Menschen, denen ich begegne sind nicht gecastet. Nichts ist abgesprochen. Niemand wird vorgeführt, es gibt nichts zu gewinnen und ich stelle auch keine dummen Fragen.

Bei Ihrer Spree-Expedition und auch schon bei der «Nacht-Taxe» haben Sie die Fans mit Informationen, Streams oder Videos im Internet versorgt. Nicht zuletzt waren Sie auch einer der ersten deutschen Prominenten bei Twitter. Wie wichtig ist denn die Kommunikation vor und auch nach den Dreharbeiten mit den Zuschauern über den Microbloggingdienst?
Enorm wichtig. Wir wollen den Zuschauer an den Dreharbeiten teilhaben lassen. Neben der rbb-Website gibt es eine Expeditions-Facebook-Seite, wo die Zuschauer Infos, Bilder und Videos von den Dreharbeiten finden und ihren Input geben können. Bei der «Nacht-Taxe» gab es sogar einen Live-Stream der Dreharbeiten im Internet. Wir versuchen das Internet mit dem Fernsehen zu verbinden. Außerdem bekomme ich über Twitter und Facebook immer ein direktes Feedback der Zuschauer. Die Plattformen ermöglichen einen interessanten und spannenden Austausch zwischen Zuschauer und Macher. Die Zukunft liegt im Internet, da sollte man den Anschluss nicht verpassen.

Würden Sie denn sagen, dass die Kommunikation über Twitter und Facebook auch ein wenig ausschlaggebend für die guten Einschaltquoten von über 9 Prozent beim rbb war?
Es ist schwer zu sagen, ob wir durch die Verbindung zwischen Internet und Fernsehen wieder Zuschauer zum Fernsehen zurückholen. Ich glaube, dass das bestimmt stattfindet, aber in welchem Umfang das passiert weiß ich nicht.

Kurz noch zu «Switch Reloaded»: Günther Jauch – Ihre Paraderolle - hat «stern TV» bereits abgegeben und ist ab Herbst 2011 in der ARD zu sehen. Werden Sie ihn auch bei seinem neuen Polittalk unter die Lupe nehmen?
Zunächst müssen wir abwarten, ob ProSieben eine weitere Staffel bestellt. Aber davon gehe ich aus, denn die fünfte Staffel war bislang die erfolgreichste. Ansonsten sehe ich als Parodist und Autor bei «Switch Reloaded» mit Freuden Günther Jauch bei der ARD entgegen. Endlich gibt es mal Jauch-Sketche außerhalb der «Stern-TV»- und «Wer wird Millionär»-Studios.

Gibt es denn außer der Expedition mit dem Esel an die Ostsee in der nächsten Zeit noch weitere Projekte?
Gerade habe ich meine Stimme dem Bösewicht „Klapperschlange Jake“ geliehen, im neuen Animationsabenteuer «Rango» von den Machern von «Fluch der Karibik». Die Hauptrolle spricht im Original übrigens Johnny Depp. Der Film kommt am 4. März ins Kino und wird ein echter Knaller! Außerdem freue ich mich auf meine neue «Pastewka»-Folge, demnächst in Sat.1.

Damit wünsche ich viel Erfolg. Vielen Dank für das Gespräch.

Kurz-URL: qmde.de/47419
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