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Wenig ermutigend machen aktuell im „Spiegel“ negative Meldungen des ARD-Programmbeirats die Runde, in denen Verantwortliche der ARD (immerhin einer der Ausrichter dieser Veranstaltung neben ProSieben) Lena dafür kritisieren, dass sie „nur noch eine Rolle“ spiele und „ihre Unbefangenheit verloren“ habe. Stefan Raab kontert in gewohnter Art mit einer Analogie: „Da waren bisher 43 Leute, die kein Mensch kannte [der ARD-Beirat, Anm.], und jetzt gibt es sozusagen einen Gejagten, einen FC Bayern.“ Und Marius Müller-Westerhagen, der sich noch vor einem Jahr in «Unser Star für Oslo» als Lena-Fan geuotet hatte, konstatierte im „Spiegel“: „Ich fürchte, Lena ist die Einzige, die dabei verlieren wird.“
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In der Jury, die Lenas Performance und die Songs für das Publikum bewertet, sitzen neben Mentor Stefan Raab diesmal auch „Silbermond“-Frontfrau Stefanie Kloß und Der Graf, Sänger der erfolgreichen Band „Unheilig“. Nach einer halben Stunde und Vorgeplänkel inklusive Werbung stellt Lena ihren ersten Song „Good News“ vor, eine mittelschnelle und fröhliche Musiknummer mit leichten Country- und Jazz-Einflüssen. Ein ähnliches Tempo hat das zweite vorgestellte Lied mit dem Titel „Maybe“ – beide Lieder reißen die Jury bisher nicht vom Hocker, beide entfalten als vielleicht langweilige, aber zumindest unspektakuläre Nummern eher gemütliche Radioqualitäten für den nächsten Stau als beim «ESC» begeistern zu können.
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Angebot Nummer vier: Das von Stefan Raab selbst komponierte Stück „That Again“, erneut jazzig und punktuell mit guter Big-Band-Atmosphäre, tempomäßig aber immer noch – wie alle anderen Lieder bisher – langsamer als unser Sieger-Song „Satellite“. Der Graf bemerkt bei „That Again“, dass man die Vertrautheit zwischen Raab und Lena merke und man Songs stimmiger füreinander komponieren könne, wenn man sich besser kennt. „Taken By A Stranger“, das Lena als experimentell bezeichnet, verwirklichte Gus Seyffert, ein waschechter Hollywood-Musikproduzent. Das Lied hält einen interessanten Text mit interpretationswürdigem Plot bereit, erinnert rein atmosphärisch an Jacksons „Smooth Criminal“ und hat eine irrationale Anziehungskraft, was sowohl Lena als auch die Jury bestätigen.
Die letzte Nummer des Abends wurde von Raab und Lena gemeinsam geschrieben und umgesetzt, basiert jedoch auf einer musikalischen Idee ihrerseits. „What Happened To Me“ ist fröhlich, up-tempo mit Ohrwurmqualitäten und erstmals ein Lied, das sowohl von der Schnelligkeit als auch von der Bühnenperformance Lenas an „Satellite“ erinnert.
Gewohnt gut präsentierte sich das bekannte Moderatorenduo Sabine Heinrich und Matthias Opdenhövel. Die Jury bot interessante und fachkundige Einwürfe, die allerdings durchweg zu kurz ausfielen; meist durften sie nur drei Sätze zum vorangegangenen Song abgeben. Inszeniert ist «Unser Song für Deutschland» hervorragend: Sowohl Studiodesign als auch Schnitt und Ausleuchtung der Bühne sowie der Performance Lenas wurden grandios in Szene gesetzt. Lenas Stimme selbst wirkte bei einigen der vorgetragenen Lieder eher dünn und kraftlos – allerdings gab es diesen subjektiven Eindruck auch schon oft im vergangenen Jahr beim Vorentscheid «Unser Star für Oslo». Insgesamt zeigte sie erneut ihre Wandelbarkeit und gelungene Interpretation verschiedenster Musikrichtungen, auch wenn nicht alle restlos überzeugten. Auch einige Songs selbst passten nicht zur pompösen Welt des «Eurovision Song Contest», sodass in der zweiten Show durchaus noch eine qualitative Steigerung erwartet werden darf. Und welche drei Lieder wählten die Zuschauer am Ende in die finale Vorauswahl? Es wurden „Maybe“, Lenas selbst geschriebenes „What Happened To Me“ und „Taken By A Stranger“, das aufgrund seiner Andersartigkeit überzeugte. Fortsetzung folgt…