Hingeschaut

Der amerikanisierte Uli Meyer

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Seit Mittwoch laufen einstündige Folgen der neuen «ErmittlungsAKTE». Warum das Format dennoch nicht an «Aktenzeichen XY» heranreicht.

Sonderlich geändert hat sich das als „neue“ «ErmittlungsAKTE» angepriesene Sat.1-Format mit Ulrich Meyer im Jahr 2011 nicht. Im Vergleich zum Vorjahr, als die Sendung am Sonntag um 22.15 Uhr ordentliche Ergebnisse ablieferte, ist man vor allem länger geworden. Eine ganze Stunde gönnt der Münchner Privatsender dem Format in diesen Wochen. Vergleiche mit dem ZDF-Quotenhit sind in wenigen Momenten anzustellen. Natürlich: Ohne dem großen Erfolg des ZDF-Formats wären die Verantwortlichen wohl nicht auf die Idee gekommen; die «ErmittlungsAKTE» orientiert sich aber eher an Sendungen wie «Cold Blood, was das Format nicht schlecht macht, es aber leider ein gutes Stück von «Aktenzeichen» weg bringt und an amerikanische Sendungen erinnert.

Ulrich Meyer führt in Form von Interviews durch die entsprechenden Fälle, zwei an der Zahl werden behandelt. Die Fälle sind der breiten Öffentlichkeit bekannt, sie sorgten seiner Zeit für viel Aufsehen: Zum Auftakt ging es zum einen um den Holzklotz-Mord. Die Einspieler sind von Laiendarstellern nachgestellt und zwar ähnlich schlecht wie auch im ZDF-Format «Aktenzeichen XY». Hier zeigt sich in der Tat eine – aber eben die einzige – Parallele. Überraschend war, dass das «ErmittlungsAKTE»-Team beim ersten Fall sogar den renommierten Schauspieler Dominique Horwitz als Darsteller für den Mörder gewinnen konnte.

Ulrich Meyer ist – anders als Kollege Rudi Cerne – nicht in einem Studio, sondern in einer Ermittlungszentrale, sprich: In der Pathologie. Farblich dominiert hier blau und grün; im Vergleich zur ersten Staffel hat man auf die Farbigkeit des Formats größten Wert gelegt. Meyer spricht hier mit Forensikerin Saskia Guddat, die Zusammenhänge darstellt. Werner Neumeyer ist im Format Spezialist für Kriminaltechnik. Zudem trifft der Sat.1-Moderator die verantwortlichen Kriminalhauptkommissare. Meyer trägt das Format. Er trägt zwar dazu bei, dass die Interviewpassagen oft gehetzt wirken, das enorme Tempo ist aber dennoch wichtig für die Sendung.

Ohne den zackigen Einspielern und den kurzen und knappen Interviews würden sich die teils doch sehr komplexen Zusammenhänge der verschiedenen Mordfälle zu sehr in die Länge ziehen. Der Fokus des Formats liegt aber – anders als bei «Aktenzeichen XY» klar auf der Dokumentation der Ermittler. Aktuelle Bezüge werden nur sehr kurz hergestellt. In der Mitte der Folge besucht Meyer beispielsweise einen Aufklärungstrupp der Bundeswehr. Eine «AKTE»-Mitarbeiterin soll mit Hilfe von Wärmebildkameras gefunden werden. Verschwendete Sendezeit; von vorn herein ist klar, dass das natürlich kein Problem ist. Die knapp fünf Minuten hätten sich die Macher also sparen können und lieber dem widmen, was in dem Format viel zu kurz kommt.

Nämlich die aktuellen Fahndungen. Zwei an der Zahl gab es in der «ErmittlungsAKTE» in dieser Woche, beide zusammen kamen vielleicht auf gut fünf Minuten Sendezeit. Würde sich die Sendung ausführlicher mit diesen Themen befassen und vielleicht auch Interviews zu solchen Fahnungen bieten, bekäme das Format noch mehr Relevanz. Ganz offenbar will man aber gezielt nicht in direkte Konkurrenz zu «Aktenzeichen XY» treten. Am Ende der Sendung bleibt eigentlich nur eine Frage: Wieso hat Sat.1 den hervorragenden Ulrich Meyer, der für den Sender steht wie kaum ein zweiter Moderator, so lange nur in seiner «Akte» versteckt? Meyer ist so etwas wie der Kloeppel von Sat.1 – er steht für viele Zuschauer für „Seriösität“ – oder eben das, was der Sat.1-Zuseher für seriös hält. Ihm mehr Sendungen und Sendezeit zu geben, ist eine vollkommen richtige Entscheidung.

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