Im Vorjahr verhalf Felix Sturm dem Boxsport im Sat.1-Programm zu einem spektakulären Neustart. Was ist beim nächsten Kampf von ihm zu erwarten?
Es ist nicht einmal ein Jahr her, dass Sat.1 den Boxer Steffen Kretschmann zum großen Sportler-Gesicht des Senders aufbauen wollte. Kretschmann wurde in einer schauderhaften vierteiligen Doku-Reihe promotet, um im Revanche-Kampf gegen Denis Bakhtov die Tür zur Star-Karriere weit aufzuschlagen. Der "Kampf seines Lebens" endete in einem Debakel, Kretschmann gab in Führung liegend einfach auf und mit der Karriere war es erst einmal vorbei. Ein Quotenerfolg war der Kampf ohnehin nicht.
Es dauerte nicht lange, da wagte Sat.1 das Experiment «ran Boxen» mit Felix Sturm ein weiteres Mal und wurde belohnt. Nachdem auch Sturm in einer zweiteiligen Reihe von «ran»-Spezialsendungen in den Wochen vor dem Kampf dem Publikum bereits vorgestellt wurde, geriet der Titelkampf gegen Giovanni Lorenzo zu dem, was sich Sat.1 sicherlich schon im ersten Versuch erhofft hatte: 5,27 Millionen Menschen sahen zu, fast doppelt so viele wie bei Kretschmann. In der werberelevanten Zielgruppe wurden mit 1,80 Millionen Zuschauern 22,8 Prozent Marktanteil erzielt, mehr als das Doppelte des Senderschnitts.
Und vor allem: Felix Sturm gewann den Kampf nach Punkten deutlich - nicht ganz unwichtig, um sich als Sendergesicht zur profilieren. Die wahre Bewährungsprobe, ob Felix Sturm als langfristiges Zugpferd des Boxsports für Sat.1 taugt, steht an diesem Samstag an, wenn er ab 23 Uhr mit Ronald Hearns in den Ring steigt. Eine Dokureihe erhielt er vom Sender dieses Mal vorab nicht - dafür machte Sturm Ende 2010 schlechte Werbung in eigener Sache.
Im November trat er nämlich als insgesamt achter Prominenter in der ProSieben-Show «Schlag den Star» an, um einen aufmüpfigen Kandidaten in die Schranken zu weisen. Wie viele andere Stars vor ihm verlor Sturm in den Sport- und Wissensspielern. Als bislang einziger aber komplett punktlos. Dass das seinen Marktwert beim Publikum beschädigt hat, ist aber kaum anzunehmen. Profisport und Raab-Shows sind dann doch zwei verschiedene Paar Boxhandschuhe.
Und auch die fehlenden Dokus dürften nicht ins Gewicht fallen, denn die waren im letzten Jahr wie bereits zuvor bei Steffen Kretschmann gewaltige Flops. Auf peinliche 3,8 Prozent in der Zielgruppe kam im August der erste Teil, der zweite auf zwar bessere, aber nicht minder katastrophale 5,0 Prozent. Selbst wenn man die Zahlen beider Ausgaben zusammenzählt - was auch nur 430.000 junge Zuschauer wären - und von den Werten des Kampfes abzieht, bleibt ein respektables Resultat.
Da auch das Konkurrenzprogramm ähnlich aussieht, nur dass auf RTL statt Johann König dieses mal Bülent Ceylan Witze reißen darf, kann höchstens die verflogene Neugierde auf den "neuen" Sat.1-Boxer die Quoten drücken. Die 5,27 Millionen aus dem Vorjahr stellen die Messlatte dar. Ein paar Einbußen können sicherlich in Kauf genommen werden, aber jeder Verlust größer 15 Prozent wäre eine ordentliche Enttäuschung.