In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" verliert Stefan Raab die Beherrschung – aufgebracht entgegnet er der allgemein verbreiteten Kritik, er sei am Ende.
Es war mit Sicherheit keine leichte Woche für Stefan Raab. «Unser Song für Deutschland» sorgt nach wie vor für viel Unmut. Nicht nur die Einschaltquoten sind Grund für die schlechte Stimmung – auch die Idee, Lena erneut beim Grand Prix antreten zu lassen, gefiel einigen Personen gar nicht. Laute Kritik an Stefan Raab: So etwas passiert eben nicht alle Tage. Klar, dass sich dieser nun zur Wehr setzt. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" äußerte sich der 44-Jährige Entertainer am Freitag äußerst erbost über die nicht aufhörenden Negativ-Schlagzeilen. Seine These: Manche Journalisten würden keine anderen Deutungen zulassen.
„Ich bin doch von der ARD gebeten worden, Ödland aufzuarbeiten. Nach 2004 gab es nur die Auswahl zwischen drei Künstlern. Sie hatten also die Wahl zwischen Pest und Cholera. In dem Jahr vor Lena hatten Sie nicht mal diese Wahl. Da wurde diktatorisch bestimmt: Alex swings, Oscar sings und Dita tanzt. Da haben Sie die Pest, die Cholera und die Syphilis frei Haus bekommen. Dann sind wir hingegangen und haben in dieses System eine Neo-Demokratie eingeführt. Wir haben nicht nur über den Künstler abstimmen lassen, sondern auch über den Song. Das System, was wir jetzt hier betreiben, ist nur die logische Konsequenz“, verteidigt der Entertainer seine derzeitige Strategie.
Und auch hinter Lenas Titelverteidigung möchte Raab unverändert stehen. Leute, die sagen, „Man solle aufhören, wenn es am schönsten ist. Man mache sich den eigenen Ruhm kaputt“, könne er nicht verstehen. „Das zeigt aber, worauf die aus sind: auf Ruhm. Ruhm bringt aber im Leben nichts. Ruhm ist so kurzatmig, dass auf der Aftershowparty des Deutschen Fernsehpreises die Hälfte der Leute nicht mehr weiß, wer einen Preis bekommen hat.“
Seine Aufgabe bestünde in gewisser Weise darin, Verantwortung zu übernehmen für eine Künstlerin. „Alle, die jetzt schreiben, was Leute wie Sie als Frage nachplappern, sind genau jene, die bei anderen Casting-Shows meckern, dass dort eine Casting-Leiche nach der anderen produziert wird“, sagte Raab. Die Öffentlichkeit spreche eine andere Sprache: „Lena ist die erste Casting-Künstlerin, die es geschafft hat, mit einem zweiten Album in Folge auf Nummer eins der Charts zu landen. Das hat es vorher noch nicht gegeben.“
Gerade hier sehen viele Beobachter das Problem: Das eine hat mit dem anderen schlicht nichts zu tun. Ob Lena nun ein Nummer-Eins-Album landet oder nicht, tut in Hinsicht auf den bevorstehenden «Eurovision Song Contest» in Düsseldorf recht wenig zur Sache. Kritisiert wurde der Vorentscheid nämlich in erster Linie für die vorgestellten Lieder, die nicht ins Schema der Großveranstaltung passen würden. Bei all den Wütereien sollte er deswegen nicht außer Acht lassen, dass schlussendlich die Zuschauer diejenigen waren, die «Unser Song für Deutschland» als «ESC»-untypisch bewerteten. Ganz unabhängig davon, wie die Einschaltquote ausfiel.
Die vergangenen beiden «Unser Song für Deutschland»-Sendungen bei ProSieben blieben hinter den Erwartungen zurück, nach einem tollen Start mit 2,56 Millionen Zuschauern musste man in Woche zwei herbe Verluste einstecken. Die Zielgruppenmarktanteile bewegten sich bei zunächst 13,1, dann 9,1 Prozent. Beim Ersten dürften die Quoten wieder etwas anziehen. Dort nimmt man es diesbezüglich aber ohnehin nicht so genau. „Über den Marktanteil werden die Zuschauer am 18. Februar entscheiden“, so ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber vor wenigen Wochen im Gespräch mit Quotenmeter.de.
Am Freitagabend entscheidet sich dann übrigens, welcher Song im Mai 2011 vor ganz Europa vorgetragen werden soll. Zur Auswahl stehen sechs Songs, "Taken By A Stranger" oder "Mama Told Me" sind zum Beispiel zwei Favoriten vieler Zuschauer. Die ARD überträgt ab 20.15 Uhr live – Quotenmeter.de wird vor Ort sein und im Verlauf des Abends einen ausführlichen Bericht dazu online stellen.