TV und so

Guttenberg!

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Er sei am Ende seiner Kräfte. Guttenberg macht vor, wie man sein Image durch Rücktritt retten kann.

Da war er weg, der Karl-Theodor, den Horst Seehofer laut eigener Aussagen „erfunden hat“. Der blitzschnelle Aufstieg und Fall des bisherigen Bundesverteidigungsministers in der Politik erinnert an so manchen (ehemaligen) TV-Star, dessen Halbwertszeit ähnlich kurz war. Bestes Beispiel dürfte Oliver Pocher sein, der am Anfang der Zusammenarbeit mit dem „Late-Night-Gott“ Harald Schmidt am Höhepunkt seiner Karriere angelangt war – innerhalb weniger Jahren hatte er es vom Viva-VJ zur begehrtesten Position im deutschen Fernsehen geschafft. Sein Fall kam so schnell wie wenig überraschend: Seit einigen Tagen ist bekannt, dass die bei Sat.1 ewig quotenschwache Show von Pocher am 18. März eingestellt wird. Die Beispiele Guttenberg und Pocher zeigen, wie vergänglich das Auftreten im öffentlichen Raum ist; wie schnell eine glanzvolle Karriere vorbei sein kann.

Guttenberg unterscheidet sich in einem essentiellen Punkt von TV-Stars wie Pocher: Er hat einen vergleichsweise immer noch hohen Zuspruch in der Bevölkerung. Während Pochers Beliebtheit an seiner schwachen Quote direkt abzulesen ist, steht Guttenberg in den Umfragen weiterhin ordentlich dar – trotz seiner Plagiats-Affäre hätte die Mehrheit der Bundesbürger für einen Verbleib im politischen Amt plädiert. Sein genial inszenierter, melodramatischer Presseauftritt am Dienstagmorgen, seine Aussagen vom „Ende der Kräfte“ und das implizit zu erhaschen wollende Mitleid (auch wenn er es umgekehrt beteuert hat) werden Guttenbergs Ansehen nicht schmälern – im Gegenteil wird seine Gunst bei den Menschen weiter steigen.

Davon kann ein in der Öffentlichkeit lebender VIP mehr profitieren als vom Amtsverbleib selber. Ein interessantes Beispiel hierfür ist wiederum der „Torwart-Titan“ Oliver Kahn: Lange Jahre war der beste deutsche Torhüter in allen Fußballstadien Deutschlands verhasst. Dann kam die WM 2006 und Klinsmann nominierte Lehmann als Torwart Nummer 1 – Kahn opferte sich der Mannschaft und blieb als zweiter Torwart im Team, obwohl er aus Beleidigung und Resignation hätte aufhören können. Sein Teamgeist und die legendären Gesten beim Viertelfinal-Elfmeterschießen gegen Argentinien haben sein Image unfassbar aufpoliert, sein Ansehen in der Bevölkerung hat sich umgepolt. Davon profitiert Kahn noch heute mit seinen zahlreichen Auftritten in Shows sowie als langjähriger Experte für DFB-Spiele beim ZDF. Auch Guttenberg wird es ähnlich ergehen: Sein Rücktritt wird mittelfristig profitabel sein – indirekt auch schon jetzt: Der Sündenbock, der ein Viertel seiner Doktorarbeit plagiiert hat, ist vergessen, denn nun steht Guttenberg als bemitleidenswertes Opfer einer medial-politischen Schmutzkampagne dar; sein Image ist gerettet. Alles Kalkül?

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