Zu nachtschlafender Zeit versendet die ARD das US-Serienhighlight «Taras Welten». Warum sich eine Aufzeichnung lohnen würde…
Kopfschütteln war angesagt, als die ARD im Januar bekannt gab, zu welcher Uhrzeit man die neue US-Serie «United States of Tara», hierzulande unter dem Titel «Taras Welten», zeigen würde. Denn anstatt das Format in der Primetime auszustrahlen, entschlossen sich die Programmplaner dazu, das Format in die tiefe Nacht zu verbannen – genauer gesagt um 02.05 Uhr. Doch von der ARD ist man traurigerweise gar nichts anderes gewöhnt: Schon seit Längerem werden US-Serien oder Spielfilme sehr stiefmütterlich vom öffentlich-rechtlichen Kanal behandelt.
Eine schlechte Serie ist «Taras Welten» gewiss nicht: Zwei Emmy-Auszeichnungen, Steven Spielberg als Co-Produzent und haufenweise gute Presse-Kritiken sprechen für den qualitativen Erfolg der Serie. Noch dazu kann sich «United States of Tara» nicht über schlechte Quoten beklagen: In den Staaten bringt sie für den Kabelsender Showtime fast regelmäßig gute Zahlen. Bis zu zwei Millionen Amerikaner zieht «United States of Tara» wöchentlich in ihren Bann – oftmals gelang es der DreamWorks-Produktion sogar, an Showtime-Hits wie «Dexter» oder «Weeds» vorbei zu ziehen. Eine dritte Staffel, bestehend aus zwölf neuen Folgen, ist übrigens schon beschlossene Sache. Im März soll sie über die amerikanischen Bildschirme flimmern.
Dabei ist das Konzept von «Taras Welten» recht einfach gehalten: Tara Gregson ist eine verheiratete Mutter von zwei Kindern, die an einer dissoziativen Identitätsstörung leidet – einer Krankheit, die Taras Leben ganz schön beeinflusst. Insgesamt kann sie sich in sechs andere „Ichs“ verwandeln – von T, den aufreizenden Teenager bis hin zum Alkoholiker Buck ist hier fast alles vertreten. Für den Rest der Familie bedeutet das in erster Linie Stress, denn nicht selten kostet es Max, Kate und Marshall viele Nerven, mit dieser Situation umzugehen. Darunter könnte der Otto-Normal-Verbraucher im schlimmsten Fall stinklangweiligen Mainstream verstehen, weshalb man zunächst möglicherweise nicht an der Serie interessiert sein wird. Der qualitative Erfolg der US-Serie ist aber auf ganz andere Dinge zurückzuführen.
Hauptdarstellerin Toni Collette ist das Herzstück der Serie, kann sie sich doch wie keine ihrer anderen Kolleginnen perfekt in die Rolle der Mutter hineinversetzen. Bereits in früheren Projekten wie «The Sixth Sense», «In den Schuhen meiner Schwester», «About A Boy» und «Little Miss Sunshine» konnte man als Zuschauer sehr zeitig erkennen, welch großes Talent in Collette steckt. Die 38-Jährige legt in ihren Darbietungen so viel Wert auf Kleinigkeiten, dass man als objektiver Zuschauer fast schon das Gefühl hat, sie hätte es gar nicht nötig, überhaupt irgendetwas zu proben, geschweige denn ihre eigenen Charaktere erst einmal selber näher kennen zu lernen. Für ihre Leistungen wurde Collette deswegen 2009 bzw. 2010 mit einem Emmy- bzw. Golden Globe-Award ausgezeichnet.
Die Idee zur Serie hatte die amerikanische Autorin Diablo Cody. Ihre Kariere begann im Rotlichtmilieu, hauptberuflich war Cody als Stripperin in verschiedenen Nachtclubs der USA tätig. Die breite Masse wurde dann 2006 auf sie aufmerksam, als sie ihre eigene Biografie mit dem Titel "Candy Girl – A Year in The Life of an Unlikely Stripper" veröffentlichte. Ein Jahr später arbeitete Cody an dem von Kritikern gefeierten «Juno»-Drehbuch, welches 2008 mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Danach folgten die kommerziell eher weniger erfolgreichen Streifen «Girly Style» und «Jennifers Body – Jungs nach ihrem Geschmack» mit Megan Fox. Cody liefert zweifelsohne gute Drehbücher ab, die auch «Taras Welten» immer wieder auf einer erfrischend anderen Art gut tun. Und das ist es doch was eine gute Serie im Endeffekt ausmacht: Ein gutes Drehbuch und ein tolles Schauspieler-Ensemble, das man als Fan nicht missen möchte.
Bleibt abschließend eigentlich nur noch eine Frage zu klären: Warum verpulvert Das Erste diese hervorragende Serie im Nachtprogramm? „Aus programmplanerischen Gründen“, heißt es vom Sender. Im Fall von «Taras Welten» sei schlicht kein anderer Sendeplatz für eine nicht-deutsche Serie frei gewesen. Als Alternative für Fans bleibt daher nur die Programmierung des Festplattenrekorders oder die spätere Ausstrahlung beim Digitalsender EinsFestival. Dort wird das Format ab dem 28. März immer montags um 20.15 Uhr im Doppelpack zu sehen sein.
Das Erste zeigt insgesamt 24 Folgen der ersten beiden Staffeln ab sofort in der Nacht von Donnerstag auf Freitag um 2.05 Uhr in Doppelfolgen.