360 Grad

Glamour 2.0

von
Wieso Anne Hathaway als Moderatorin der diesjährigen Verleihung der Academy Awards am vergangenen Sonntag positiv überraschte.

Und da war es passiert: Der sichtlich überwältigten Oscar-Gewinnerin in der Kategorie „Beste Nebendarstellerin“ Melissa Leo war in ihrer Dankesrede mit „When I watched Kate two years ago, it looked so fucking easy“ das böse F-Wort rausgerutscht. Die Welt hat es mitbekommen, in der US-Übertragung konnte dank der fünfsekündigen Zeitverzögerung und eines schnellen Beep-Buttons das Schlimmste verhindert werden. „It's the young and hip Oscars“, kommentierte Moderatorin Anne Hathaway.

Jung und hip und trotzdem mit alter Klasse und Größe – das war das Konzept der diesjährigen Verleihung, der auch durchgehend Rechnung getragen wurde. Zu verdanken ist dies hauptsächlich Hathaway, deren Präsentationsstil von einer gesunden Mischung aus verspielter Fröhlichkeit und altbewährter Klasse geprägt war, ohne dabei kalt oder aufgesetzt zu wirken. Ihre Gags zündeten, ihre Moderationen waren charmant und stilsicher. Die Verleihung war eine Zelebrierung großer filmischer Leistungen ohne den Hass und Zynismus, den Ricky Gervais bei der Vergabe der Golden Globe Awards im Januar an den Tag gelegt hatte. Auch so, oder gerade deswegen, hatten Hathaway und James Franco das Publikum auf ihrer Seite.

Stellenweise ging es ein wenig gehetzt zu, manches Mal wirkte der Aufbau der Veranstaltung etwas strukturlos. Doch wirklich problematisch war das nicht. Wer hierüber jammert, jammert auf einem verdammt hohen Niveau. Denn die Oscars glänzten noch nie durch eine austarierte Narrative oder besonders kunstvoll geschriebene Reden. Hier ging es schon immer in erster Linie darum, den nahezu mystischen Flair dieser Nacht der Nächte von Hollywood und der ganzen Filmwelt zu verbreiten. Oscar-Night ist die Nacht der künstlerischen Größe, der herausragenden filmischen Errungenschaften, die es zu würdigen gilt. Diesen Flair schafften Hathaway und Franco, die neue Generation der Academy-Hosts, gekonnt aufrechtzuerhalten und in ein neues Zeitalter zu bringen, ohne dass er etwas von seiner Klasse und seinem Stil einbüßte. Solch ein Unterfangen ist nicht einfach, doch es gelang, primär durch Hathaways Glanz und Francos trockene Art. Natürlich gibt es qualitativ noch deutlich Raum nach oben; doch an die beiden dieselben Ansprüche zu stellen wie an langjährige Gastgeber wie Whoopy Goldberg oder Billy Crystal, geschweige denn an Comedy-Größe Bob Hope, wäre massiv überhöht. Doch zumindest Hathaway ist auf dem Weg dorthin. Möge sie bald wieder Gelegenheit dazu haben, sich an entsprechender Stelle zu beweisen, und die großen Fußstapfen der Vergangenheit mit neuem Leben füllen, ohne sie zu verwischen. Das Talent dazu hat sie unweigerlich, wie man am letzten Sonntag sehen konnte.

Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.

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