Die neuen Vorabend-Planungen im Ersten nehmen Formen an. Aber sind Krimis und Show der Ausweg aus der Krise?
Am Mittwoch berichtete die Frankfurter Allgemeine von den fortgeschrittenen Vorabend-Planspielen der ARD für die Aufbesserung der Quote. Tatsächlich ist der Vorabend von Dienstag bis Freitag eine der wenigen relevanten Programmbaustellen im Ersten, die in den vergangenen Jahren fast nur Flops produzierte. Ob man es mit einer Dating-Show versuchte, peinlichen Auswüchsen wie der Stylingshow «Bruce» mit Bruce Darnell oder der aktuell ausgestrahlten Quizshow «Das Duell im Ersten»: Allen ist gemeinsam, dass die Zuschauer nicht eingeschaltet haben.
Die bisher verzweifelte Lage wird allein an letzterem Beispiel deutlich: «Das Duell» wird eineinhalb Jahren trotz schwacher Quoten (mittlerweile sogar in Doppelfolgen) gezeigt, weil keine vertrauenswürdige und erfolgsversprechende Alternative für den Vorabend vorhanden ist. Und nachdem Jörg Pilawa sein «Quiz» abgegeben hat und zum ZDF gewechselt ist, funktioniert die gesamte Vorabend-Strecke ab 18.25 Uhr mit Beginn des «Marienhof» nicht mehr.
Nun aber investiert die ARD in eine nachhaltige Programmreform am Vorabend für den Herbst 2011 – vorbei dürften die Zeiten sein, in denen Schnellschüsse wie «Bruce» auf den Sender geschickt wurden und das Quotenproblem nur vergrößerten. Dass die Reform keine Risiken scheut, zeigt die Absetzung des Soap-Klassikers «Marienhof», der seit 1992 ein fester Bestandteil im Ersten war und im Juni mit der letzten Episode über die Bildschirme flimmern wird.
Anlass zur Hoffnung gab in all den quotenschwachen Vorabend-Jahren lediglich eine Sendung: Das Hamburger «Großstadtrevier» am Montag, das als einzige konstante Marke ordentliche Quoten erreicht – jeweils mehr als drei Millionen Menschen schauen Woche für Woche zu. Die Krimiserie ist Ausgangspunkt der Programmreform, bei der laut FAZ aktuell mindestens drei Produktionsfirmen mit der Herstellung „regionaler Krimis mit Lokalkolorit“ beauftragt wurden. Auch beim Blick auf die erfolgreichen ZDF-Krimis am Vorabend zeigt sich, dass diese Programmfarbe gut beim Publikum ankommt. Fraglich ist bloß, ob die ZDF- und ARD-Krimis mit jeweils guten Quoten nebeneinander existieren können.
Damit dies passiert – oder damit Das Erste den ZDF-Reihen wie «SOKO 5113» sogar Zuschauer abluchsen kann –, wird viel Geld in die Hand genommen: „Hochwertige Fiktion“ wolle man schaffen und keine Ware am Fließband. Und diese Strategie ist für die ARD die einzig richtige: Denn nur höchste inhaltliche Qualität kann das Publikum dazu bewegen, von einem Krimi auf den anderen umzusteigen.
Zu vermuten ist, dass die ARD eine kohärente Krimi-Programmstrecke mit fünf wöchentlich ausgestrahlten Sendungen zeigen wird. Vermutlich werden neben dem Großstadtrevier also vier weitere neue Serien um 18.50 Uhr starten. Bleibt letztlich der durch den «Marienhof» freigewordene Sendeplatz um 18.25 Uhr. In der FAZ vom Mittwoch will man in Erfahrung gebracht haben, dass der neue ARD-Vorabend ein Mix aus Soap («Marienhof»), “Krimi light“ (die neuen Serien) und Wissensshow werden solle. Die Gerüchte stimmen mit einem Bericht des „Spiegel“ im Februar überein, nach dem die ARD mit Reinhold Beckmann über ein neues Vorabend-Quiz verhandelt. Sollte dies so kommen, dann konnte man zumindest eines der bekanntesten ARD-Gesichter für ein Vorabend-Format gewinnen.
Insgesamt aber erkennen wir, dass die ARD sich bei ihrer größten Programmbaustelle keine Flops mehr erlauben will: Die nachhaltige, nun schon mehrjährige Planung neuer Shows und Serien wird gemächlich und durchdacht angegangen; die neuen Inhalte sollen durch Qualität punkten – ein Element, das bei zahlreichen bisherigen Vorabend-Versuchen oft gefehlt hat. Und damit dürften die kommenden neuen Formate - selbst wenn noch nicht viel über sie bekannt ist - erfolgsversprechender sein als alle anderen der vergangenen Jahre, bei denen keine hellseherischen Fähigkeiten benötigt wurden, um sie schon im Voraus als Quotenflop einstufen zu können.
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