Unser Kolumnist ordnet die Pläne für eine Neuauflage der in der zweiten Hälfte der 90er erfolgreichen «Wochenshow» ein.
Zurück zu Lück! Glaubt man den jüngsten Meldungen, dann könnte es schon bald eine Neuauflage der in den 90er Jahren bei Sat.1 beliebten «Die Wochenshow» geben. Als Host der Sendung soll erneut Ingolf Lück fungieren, der als einziges Mitglied des «Wochenshow»-Ensembles alle 220 Episoden des Brainpool-Formates abgedreht hat. Erstmals ging die Sketchshow, die übrigens am Samstagabend um 22.00 Uhr gesendet wurde, am 20. April 1996 auf Sendung. Von Beginn an war sie mit Ingolf Lück, Anke Engelke, Marco Rima und Bastian Pastewka zu einem Kultformat avanciert und holte vom Fleck weg hohe Einschaltquoten. Die Reichweite lag teilweise über sechs Millionen Bundesbürger. Sechs Jahre lang hatte man durchgehalten, ehe nur noch rund eine Millionen Zuschauer regelmäßig zu schauten. An dem Sendeplatz hatte man nichts geändert, wohl aber war die immer stetigere Fluktuation im Ensemble für den Quotenschwund verantwortlich, der letztlich in der Absetzung der Sketchshow bei Sat.1 im Jahr 2002 endete. Und ja, sie war Kult.
In der deutschen Jugend hatten sich in der zweiten Hälfte der 90er Jahre Sätze wie „Hallo liebe Liebenden“, „Danke, Anke“ oder „Komm ich jetzt ins Fernsehen?“ und „Pop, Pop, Popsofa“ eingebrannt, auf dem Pausenhof wurden die Sketche vom Wochenende nachgespielt und jeder hatten seinen Liebling und seine Lieblingsfigur in den talentierten Ensemble. Auch in den späteren Jahren noch. Ob es der „Erklärbär“ war, den Markus Maria Profitlich mimte, oder Figuren wie „Boulevard-Bio“, Herbert Görgens, Brisko Schneider sowie Ottmar Zittlau. «Die Wochenshow» hatte heutige Promintente wie Lück, Engelke, Pastewka, Profitlich, Michael Kessler, Marco Rima oder Annette Frier hervor gebracht.
Für sie alle war es ein rasanter Anstieg des Bekanntheitsgrads und für die meisten von ihnen auch gleichzeitig das Sprungbrett für die spätere Karriere, die sich entweder in der eigenen Serie den regelmäßigen Auftritten in Comedy-Formaten oder dem Theater endeten. Die meisten der der «Wochenshow» entsprungenen heutigen Comedians, die Brainpool groß gemacht hat, sind auch heute noch gut im Geschäft und haben ihre Fanbase behalten. Denn es war die Zeit des so genannten Comedy-Booms im deutschen Fernsehen. Bereits noch vor der «Wochenshow» war «Die Harald Schmidt Show» an den Start gegangen. Ihr hatte man etwas Zeit eingeräumt, letztlich waren auch hier die Einschaltquoten zufriedenstellend bis hervorragend. Mit «Die Wochenshow» kam ein weiteres Formate aus der Brainpool-Schmiede. Zwei Jahre später ging auch «TV total» an den Start. Die Comedybranche erlebte ihre ganz eigene Renaissance, die sich allerdings nicht in das neue Millennium retten konnte. Denn übrig geblieben ist nur noch «TV total», das mittlerweile viermal in der Woche in die deutschen Wohnzimmer kommt und bereits seit Jahren einen Wandel durchgemacht gemacht hat. Konzeptionell hat man sich verändert und vielleicht gerade deswegen so lange überlebt, weil man den Erfolg nicht ausgereizt hat, sondern ihn durch entsprechende Veränderungen halten konnte. Denn noch heute holt «TV total» teilweise sehr ansprechende Einschaltquoten für ProSieben.
Bei der «Wochenshow» hat man Veränderungen ebenfalls nichts gescheut. Sie wirkten sich aber negativ aus. Das stetig wechselnde Ensemble ließ viele kultige Sketche vermissen, was schließlich zur Absetzung der Sketchshow nach immer schwächeren Einschaltquoten führte. Das Konzept ging nicht mehr auf, auch weil tragende Säulen weggebrochen waren. Fast zehn Jahre später glaubt Sat.1-Chef Andreas Bartl aber offensichtlich wieder an einen Comedy-Boom, wie es ihn Ende der 90er Jahre gegeben hat.
Die legendäre «Harald Schmidt Show» soll ab September 2011 zweimal in der Woche wieder auf Sendung gehen, «ran Fun» ist bereits gestartet und jetzt ist auch noch eine Neuauflage der «Wochenshow» geplant, die den neuen Kurs komplett macht. Dabei ist man aber gerade erst mit der «Oliver Pocher Show» schwer gestürzt. Denn ob die «Wochenshow» auf dem ehemaligen Pocher-Sendeplatz am Freitag oder am alten, ursprünglichen Platz am Samstag funktionieren würde, kommt allein auf die Protagonisten an. Und gerade Ingolf Lück ist als Showhost derjenige, der in der Vergangenheit weniger für Aufsehen gesorgt hat, als alle seine neuen Teamkollegen zusammen. Im Pay-TV machte er Formate wie «Lucky Lück», was eher schwache Kritiken brachte und versteckte sich auch sonst eher regelrecht. Dass gerade Lück an alte Stärken und verloren geglaubte Zeiten wieder anknüpfen kann, darf zumindest auf kurzfristiger Basis bezweifelt werden.
Denn die fetten Jahre waren für ihn schon lange vorbei. Das Tross aus talentierten Sketch-Comedians wie den «Ladykracher»-Typen Friederike Kempter und Matthias Matschke, der «Broken Comedy»-Frau Carolin Kebekus sowie den bekannteren Axel Stein, Dave Davis, Matze Knop und Johann König in die richtige Richtung zu leiten, dürfte für den alten «Wochenshow»-Hasen Ingolf Lück die schwierigste Aufgabe sein, die zu stemmen nicht leicht wird. Auch dann nicht, wenn Gastauftritte von Pastewka, Engelke oder Profitlich angedacht sind. Natürlich bleibt Ingolf Lück unweigerlich mit der «Wochenshow» verbunden und ist gewissermaßen aus ihr nicht wegzudenken. Ein ähnlich schneller Erfolg wie in der zweiten Hälfte der 90er Jahren, wird aber nicht funktionieren. Zumal die zeitliche Veränderung auch an Lück nicht spurlos vorbei gegangen ist. Sollte es Brainpool jedoch gelingen an qualitativ an die «heute-Show» anzusetzen und diese als Maßstab für den guten Geschmack des heutigen Publikums zu nehmen, dann – und nur dann – könnte eine Neuauflage der «Wochenshow» auch in diesen Zeiten noch eine Chance haben. Dann könnte Sat.1 auch ein neuer Comedy-Boom gelingen, der von Harald Schmidt flankiert werden könnte. Versucht man jedoch den damaligen Erfolg bloß zu kopieren, dürfte der Schuss nach hinten losgehen und die Menschen schalten nicht mehr zurück zu Lück.
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