Das ZDF bietet um die Rechte an der Champions League mit. Warum aber vernachlässigt man andere Sportarten?
Am Dienstagmittag ist die Bewerbungsfrist für deutsche TV-Sender in Sachen Champions-League-Rechte ab der Saison 2012/13 abgelaufen: Neben dem aktuellen Rechteinhaber Sat.1, der die Fußball-Königsklasse bisher mittwochs zeigen darf, soll RTL ein Angebot abgegeben haben – und auch das ZDF, das erst kurz zuvor öffentlich sein Interesse bekundet hatte. Dass dies Kritiker auf den Plan ruft, ist nicht verwunderlich: Nun hat der Chef der bayerischen Landesmedienanstalt sich darüber empört, dass einerseits für Randsportarten kein Gebührengeld ausgegeben werde, andererseits für beliebte Rechte wie die Champions League schon. Hat Wolf-Dieter Ring recht? Und wenn er recht hätte: Wären die Handlungen des ZDF verwerflich?
Erstere Frage dürfte unbestreitbar und eindeutig zu beantworten sein: Natürlich will sich das ZDF mit den beliebtesten Sportübertragungen schmücken; andere Ereignisse werden vernachlässigt. Dies wird nicht daran deutlich, für welche Sportrechte die Öffentlich-Rechtlichen – insbesondere das ZDF – Angebote abgeben, sondern für welche nicht. Erst kürzlich gerieten ARD und ZDF in die Kritik, weil ihnen die Kosten für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften zu hoch gewesen seien: Zwölf Millionen Euro hätten die Übertragungsrechte für die kommenden beiden Leichtathletik-WMs gekostet. Doch die Öffentlich-Rechtlichen argumentierten damit, Sportrechteagenturen nicht über Gebühren zu finanzieren.
Wie glaubwürdig ist aber dieses Argument vor dem Hintergrund, dass das ZDF gerade mehr als 50 Millionen Euro für die Champions League geboten hat? Oder Das Erste seit Jahren die Bundesliga durch die «Sportschau» kräftig mitfinanziert? Dabei hatte die vergangene Leichtathletik-WM 2009 sogar gute Einschaltquoten – mit einem neuen TV-Vertrag ist es trotzdem nichts geworden. Ein Schelm, wer dabei denkt, die Öffis hätten sich die Gelder für attraktivere Rechte eingespart. Auch ist auffällig, dass das ZDF lediglich für die Champions League sein Interesse bekundet hat. Von der quotenschwächeren Europa League hörte man nichts, auch wenn die Rechte aktuell nicht ausgeschrieben werden. Dennoch: Es ist eindeutig erkennbar, wie selektiv die öffentlich-rechtlichen Sender mittlerweile ihre Sportarten einkaufen und mit welcher Doppelmoral sie sich für ihre Angebote (oder eben keine Angebote) rechtfertigen.
Insofern ist es nicht ganz realitätsfern und diskussionsunwürdig, über eine Quote – nicht im Sinne der Einschaltquote – für Randsportarten nachzudenken, die durch ihre Präsenz beim Ersten und im ZDF mehr Aufmerksamkeit beim Publikum erlangen. Dies ist aktuell beispielsweise durch den Wintersport der Fall; bisher eben auch mit der Leichtathletik. Aber warum denkt man zukünftig nicht darüber nach, auch einmal wieder für den früher oft gezeigten Tennissport zu bieten? Oder für die Deutsche Eishockey-Liga im Free-TV? Idealerweise würde eine tägliche «Sportschau» über aktuelle Entwicklungen in zahlreichen Sportarten berichten – dann wäre die ursprüngliche Intention einer möglichst kompletten Sportberichterstattung auch für Freunde von Randsportarten gegeben. Schließlich schimpft man sich Vollprogramm und nicht „Fast-Vollprogramm mit ausgewählten Sporthighlights“. Zugegenen: Dass ein Vollprogramm auch voll zahlreiche Sportarten abseits des üblichen Blickfeldes unterstützt, ist utopisch. Aber dürfen die Zuschauer der sportbegeisterten Bundesrepublik nicht zumindest ein größeres Engagement in mehr Sportarten als drei oder vier erwarten, wenn sie jährlich mehr als sieben Milliarden Euro GEZ-Gebühren an ARD und ZDF zahlen?
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.