BBC World News-Acting Controller Richard Porter spricht im Quotenmeter.de-Interview über die Kunst, einstündige Nachrichtensendungen zu füllen. Außerdem erklärt er die Bedeutung von Asien und wie man Werbekunden akquiriert.
Vor über 80 Jahren startete der Auslandsradiosender BBC World Service – vor 20 Jahren stieß BBC World News mit einem eigenen TV-Nachrichtenprogramm hinzu. Wie groß sind die Fußstapfen, in denen sich BBC World News bewegt? Immerhin war BBC World Service die unabhängige Quelle im zweiten Weltkrieg.
Ich glaube, keiner, der für die BBC arbeitet, kann sich der Geschichte und dem Erbe dieses Unternehmens entziehen. Natürlich fühlen wir uns verantwortlich, die Traditionen und Werte, die die BBC in den vergangenen 80 Jahren aufgebaut hat, weiterzuführen, doch für uns ist es mehr eine Inspiration als eine Bürde. Die Prinzipien der Neutralität, das Verlangen, wichtige Fragen zu stellen und der Blick auf die gesamte Welt – das alles gilt bei BBC World News und dem BBC World Service nach wie vor.
Manche Briten sind gar nicht begeistert, dass die BBC so viel Energie in den internationalen Nachrichtensender investiert. Immerhin gibt es auch private Konkurrenten, die auf dem Weltmarkt mitmischen. Inwieweit ist es bei der BBC wichtig, weiterhin ein Global Player zu sein?
Zunächst sollte ich vielleicht betonen, dass BBC World News vollkommen kommerziell finanziert wird – die BBC ist Aktionär, doch wir agieren als kommerzieller Sender. Wir bieten unseren internationalen Zuschauern jedoch etwas Besonderes, und deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass wir unseren Platz als Global Player haben. Zahllose Umfragen haben gezeigt, dass uns Zuschauer als vertrauenswürdige und wichtige Quelle für neutrale Berichterstattung ansehen. Und ich glaube auch, dass im Vereinigten Königreich die internationalen Dienste der BBC stark unterstützt werden, weil die Menschen den Beitrag der BBC für den internationalen Journalismus zu schätzen wissen. Ich denke, die internationalen Dienste der BBC sehen die meisten als positiven Beitrag zur Reputation Großbritanniens in der Welt.
Neben BBC World News betreiben Sie auch den inländischen Sender BBC News – Wie groß sind die Unterschiede in der Produktion? Sind die Beiträge gleich? Werden Studios und On-Air-Design zeitgleich umgestaltet?
Wir sitzen in unterschiedlichen Studios, es gibt also keinen Grund für irgendwelches Austauschen. Wir senden beide rund um die Uhr, da wäre es aus Produktionsgründen schwierig, ein Studio zu teilen. Natürlich sind unsere Aufgaben sehr unterschiedlich, BBC World News spricht mehr ein internationales Publikum an und der News Channel berichtet hauptsächlich aus Großbritannien. Bei einer größeren Geschichte schöpfen wir allerdings manchmal aus den gleichen Quellen. Wir haben die Möglichkeit eines „Opt-ins” bei BBC News Bulletins, wenn wir das Gefühl haben, dass unsere Zuschauer mit dem, was der Sender zeigt, am besten bedient sind. Außerdem sind unsere Studios und Grafiken sehr ähnlich – es gibt bei uns eine gemeinsame BBC News „Marke“. Einige unserer Moderatoren, wie z. B. George Alagiah oder Mishal Husain moderieren Sendungen bei BBC News und BBC World News. Wenn es im Vereinigten Königreich eine wichtige Eilmeldung gibt, die für internationale Zuschauer ebenfalls interessant ist, arbeiten wir eng mit der inländischen BBC zusammen. Wir gehören alle zum gleichen Nachrichtendienst und haben deshalb Zugang zum gleichen internationalen Netzwerk an Quellen.
Neben ihrem Hauptsitz in London sendet BBC World News inzwischen aus Washington (für die US-Amerikaner) und aus Asien. Gerade asiatische Sendungen haben in den vergangenen Monaten stark zugenommen, ist das Interesse in diesem Kontinent so riesig? Und woher erklären Sie sich diesen Erfolg?
Asien war für uns immer sehr wichtig; ich glaube allerdings, dass das Interesse an der Region heute sehr viel größer ist, seitdem sich das wirtschaftliche Machtgefüge verlagert hat. China ist für die Weltwirtschaft unglaublich wichtig geworden und die Entwicklung in der gesamten Region bedeutet, dass die Welt mehr Geschäfte mit Asien abschließt und asiatische Unternehmen woanders eine noch größere Rolle spielen. Der Bedarf an Wirtschaftsnachrichten aus der Region ist besonders hoch – BBC.com hat deshalb gerade erst eine neue Rubrik für die Wirtschaft in Asien eingeführt. Unsere Zuschauer wollen auch mehr über die Kultur Asiens erfahren, über deren Einfluss auf die Welt und was die Zukunft bringt. Wir planen für dieses Jahr mehrere redaktionelle Schwerpunkte, um Asien bei Zuschauern von BBC World News stärker in den Mittelpunkt zu rücken.
Internet und die neue Generation der Mobiltelefone erleichtern das Arbeiten vor Ort, wenn kein Übertragungswagen zur Verfügung steht. Sie setzen diese Techniken inzwischen auch stark ein, ist das die Zukunft? Oder ist ein Nachrichtenteam vor Ort immer noch besser als ein einzelner Reporter?
Die Berichterstattung der letzten 20 Jahre hat sich vor allem durch das Smartphone und Breitband-Internet verändert. Heute kann man einen Bericht einfach mit einer Laptoptasche voller Geräte abliefern, wofür man vor nicht allzu langer Zeit noch ein großes Team gebraucht hätte. In einer Zeit, wo man schnell auf Nachrichten reagieren muss, hat das riesige Vorteile. Bei einer Sondermeldung erwarten Zuschauer Bilder und Berichte innerhalb von Minuten, und durch neue Technologie geht das heute sehr viel leichter. Wie wir jetzt wieder im Nahen Osten gesehen haben, können wir uns beim Berichten nicht immer aufs Internet verlassen. Es gibt also noch Gründe für traditionelles Equipment. Man braucht immer eine Alternative.
Wie viele Korrespondentenbüros und Auslandstudios betreiben Sie mit BBC World News? Sind in Zukunft Expansionen oder Einsparungen geplant? Wohin entwickelt sich der Trend?
Wir haben Zugang zu über 70 internationalen Büros und verfügen über ein Netz aus über 2000 Korrespondenten in aller Welt. Wir haben Studios in Washington, London und Singapur. Außer den neusten Ankündigungen bezüglich des BBC World Service, die bestimmte Sprachdienste betreffen, gibt es keinerlei Pläne, Kapazitäten im Bereich der Berichterstattung einzusparen.
BBC World News strahlt Werbeunterbrechungen aus, wie generieren Sie diese Werbungen? Immerhin ist es schwierig, Werbung zu bekommen, die man auf dem ganzen Globus sehen möchte. Wie schaffen Sie das? Bitte erläutern Sie uns den Unterschied gegenüber dem inländischen Markt!
Im Vereinigten Königreich wird die BBC durch die „Licence Fee“ finanziert, die jeder entrichten muss, der einen Fernseher besitzt. BBC World News wird kommerziell finanziert; unsere Einnahmen setzen sich zusammen aus Werbung und Vertrieb. Unsere großartigen Ad-Sales-Teams sitzen überall auf der Welt, die dem Sender immer wieder neue Werbekunden beschaffen. Weil es für die unterschiedlichen Regionen unterschiedlichen Satelliten-Feeds gibt, können wir unsere Werbekunden regionalspezifischer und gezielter ansprechen.
Kultstatus haben die unterschiedlichen BBC Countdowns erreicht. Fans kreieren auf YouTube & Co. eigene Versionen, die sich von David Lowes-Werkes kaum unterscheiden. Sind für dieses Jahr spezielle Versionen (wie Fußball-Frauen-Weltmeisterschaft) geplant?
Je nach Berichterstattung werden sie regelmäßig aktualisiert. Gerade erst haben wir eine neue Version produziert, die unsere Berichte über die Unruhen im Nahen Osten zeigt. Wir versuchen immer, besondere Ereignisse und Programme nach zu verfolgen. Es ist schmeichelhaft, dass Fans ihre eigenen Versionen produzieren, und es immer schön, wenn von der Arbeit unserer Teams Notiz genommen wird.
Ihre Kurznachrichten dauern zehn Minuten, das ausführlichste Magazin eine Stunde. In Deutschland dauern die Hauptnachrichten des wichtigsten TV-Senders gerade einmal 15 Minuten. Was packt man in eine solche Sendung hinein?
Ein Aspekt bei der internationalen Berichterstattung ist, dass es nie wirklich einen Tag gibt, an dem nicht viel passiert. Wir haben also nie Probleme, unser Sendeprogramm zu füllen. Weil wir unseren Zuschauern nicht nur zeigen wollen, was passiert ist, sondern auch warum, versuchen wir, Ereignisse genauer zu analysieren, deshalb gibt es immer viel zu berichten.
Wie werden die Einschaltquoten von BBC World News gemessen? Immerhin würde dies doch ziemlich aufwendig sein, Sie müssen in jedem Land Quoten messen lassen?
Wir benutzen international anerkannte Umfragen, z. B. EMS (Europa) und PAX (im asiatisch-pazifischen Raum). Daran lässt sich relativ gut erkennen, wer in den einzelnen Regionen einschaltet. Außerdem arbeiten wir mit unseren Vertriebspartnern zusammen, um herauszufinden, wie und wann uns Zuschauer sehen. Jede Woche erreichen wir rund 70 Millionen Haushalte; der Sender ist in rund 300 Millionen Haushalten, 200 Ländern und Territorien verfügbar.
Neben ausführlichen Nachrichten haben Sie auch viele Magazine im Programm. Kann man sagen, dass ein Format besonders beliebt ist?
Unser Reiseformat «fast:track» hat sehr treue Fans, aber auch unsere Technik-Sendung «Click» wird überall auf der Welt verfolgt. Unsere bekannteste Interviewsendung «HARDtalk» ist preisgekrönt und hat oft hochrangige Politiker zu Gast. Das macht sie bei Zuschauern sehr beliebt. Auch «Weekend World», unser Rückblick und Vorschau aufs Wochenende, und unser Kino-Magazin «Talking Movies» sind regelmäßige Publikumsmagneten.
Vielen Dank für das Interview!