Die Kritiker

«Nord Nord Mord»

von
Inhalt
Wenn's mal wieder soweit ist, da geh' ich raus auf die Straße, klöne mit den Menschen - und irgendwann da klön' ich auch mit dem Mörder. Kriminalkommissar Theo Clüver zur seiner Art von Ermittlungsarbeit

Willkommen auf der Insel! Eine idyllische Landschaft, wie sie sich kein Fremdenverkehrsbüro für Nordsee-Tourismus perfekter ausdenken könnte: Herrliche Seeluft, Möwen schreien und Seehunde singen in dem verträumten Städtchen direkt am Meer. Kurzum, hier ist die Welt noch in Ordnung.

Von wegen! Nirgendwo sonst kommt es so häufig zum Tod durch Fremdeinwirkung wie im vermeintlichen Küstenparadies, was bei den Bewohnern mit norddeutscher Gelassenheit zum Alltag gehört. So lieblich und herzerfrischend harmlos der malerische Ort doch sein mag, so seltsam und sinister sind doch viele seiner Bewohner. Zwischen den reetgedeckten Häuschen und den zierlichen Gärten lauert das Böse. Hinter der Fassade der heilen Welt verbergen sich bizarre Seelenlandschaften mit noch bizarreren Vorlieben und Leidenschaften. Und genauso ruhig und oftmals abgründig wie gemordet wird, wird hier auch ermittelt.

Im Mittelpunkt steht dabei Kriminalkommissar Theo Clüver, ein sympathischer, kantiger Typ, der nichts von modernen Ermittlungsmethoden hält und der den Mördern in seiner Heimatstadt besonnen, mit viel Geduld und psychologischem Feinsinn auf die Schliche kommt. Seine innere Ruhe mag von seiner harmonischen Ehe kommen, auch wenn er auf die tandrischen Köstlichkeiten seiner Frau Anna, die sie seit ihrer inspirierenden Indien-Reise zubereitet, eigentlich verzichten könnte. Selbstverständlich ermittelt Kommissar Clüver nicht allein. An seiner Seite arbeitet die raue Blondine Ina Behrendsen, eine selbstbewusste, burschikose Friesin, die, abgesehen von ihrem pflegebedürftigen kauzigen Vater, die Nase von Männern gestrichen voll hat. Die junge verlässliche Kriminalistin kommt mit ihrer nüchternen und konsequent emotionslosen Art Clüvers Wesen sehr entgegen.

Gewöhnungsbedürftig für das eingespielte Ermittlerteam ist der neue Kollege Hinnerk Feldmann, ein pedantischer Typ von der Ostsee, der sich "Profiler" nennt. Bei den Ermittlungen im malerischen Küstenort tun sich Abgründe auf, in die Clüver und sein Team bei jedem neuen Fall hinabtauchen müssen. Und davon gibt es ja genügend...

Darsteller
Robert Atzorn («Tatort») ist Theo Clüver
Julia Brendler («Katie Fforde - Festtagsstimmung») ist Ina Behrendsen
Oliver Wnuk («Stromberg») ist Hinnerk Feldmann
Ulrike Grote («Liebe deinen Feind») ist Anna Clüver
Martin Brambach («Unter anderen Umständen») ist Tom Peters
Ingo Naujoks («Tatort») ist Olli Hellmann
Anna Schudt («Alles was recht ist») ist Meggy Karlstedt
Hannes Hellmann («Einsatz in Hamburg») ist Hannes Jensen
Peter von Strombeck («Ein Dorf sieht Mord») ist Karl Wersing
Felix Vörtler («Flemming») ist Gerd Martens

Kritik
Nordisch-trockener Humor und skurrile (Mord-)Ereignisse sind die wesentlichen Bestandteile des neuesten ZDF-Krimis «Nord Nord Mord», den der Sender am Donnerstag, den 21. April 2011, zur besten Sendezeit ausstrahlt. Prominent besetzt und locker leicht von Regisseur Josh Broecker («Der Dicke») inszeniert, könnte hier sogar mehr draus entstehen. Zumindest ist der ausstrahlende Sender ZDF einer Serie bzw. losen Reihe nicht abgeneigt. Aber der Reihe nach.

Die seltsam ruhige Insel Sylt wird von dem Fund eines Totenschädels aufgeschreckt. Kriminalkommissar und „Rolling Stones“-Fan Theo Clüver alias Robert Atzorn und seine Kollegin Ina Behrendsen alias Julia Brendler sind aber alles andere als aufgeregt und gehen schon von Beginn der Ermittlungstätigkeit von einem baldigen Ende der Tätersuche aus. Ganz anders hingegen der neue Kollege Hinnerk Feldmann, der zuletzt ein 3-monatiges Profiler-Seminar in Chicago besucht hat und sich jetzt vollkommen und so ziemlich allwissend fühlt. Nur passt er mit seiner Ostseeküsten-Mentalität und -einstellung sowie seiner besserwisserischen Art nicht wirklich in die Szenerie der Westküste. Und auch die Einwohner sehen in ihm weniger eine Hilfe, sondern eher einen Eindringling. Feldmann-Darsteller Oliver Wnuk glänzt hier als leicht verpeilter Polizist und trägt im Verlauf der Handlung zu dem einen oder anderen hochkarätigen One-Liner bei.

Und auch sonst ist das Drehbuch von Lars Albaum («Moppel-Ich», «Treuepunkte») sehr locker im Umgang mit der nordischen Mundart und gefällt durchaus mit seinem trockenen Humor. Skurrile und mundfaule Figuren geben sich die Klinke in die Hand, seltsame Ereignisse durchziehen den gesamten Film. Das wirkt dann an der einen oder anderen Stelle vielleicht etwas zu klischeehaft, ist aber über die gesamte Länge gesehen gut verpackt worden. Und auf eine Auflösung des Falles muss man auch ziemlich lange warten und kann so 90 Minuten lang miträtseln. Dass am Ende alles für eine mögliche Fortsetzung offen gehalten wird, versteht sich fast von selbst. Das ZDF ist immer auf der Suche nach frischerer und humorvoller Serien- und Filmware. Bei einem Zuschauererfolg könnte man «Nord Nord Mord» dann in loser Folge, ähnlich den «Marie Brand»-Filmen, fortsetzen.

Das ZDF zeigt «Nord Nord Mord» am Donnerstag, den 21. April 2011, um 20:15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/49106
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelBlanker Bulle holt satte Quotennächster ArtikelDer Fernsehfriedhof: Eine dicke Sitcom

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung