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Steile Aufstiege: Wer alles als Daily-Talker begann

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Folge drei unserer großen Daily-Talkshow-Reihe. Wir blicken genauer auf das heute fast ausgestorbene Genre, das in den 90ern aber das Nachmittags-Programm beherrschte. Heute: Ein Blick auf die Talk-Gastgeber, die nach ihrer Talk-Zeit eine richtig große Karriere hinlegten.

Während der Flut der Daily-Talks im deutschen Fernsehen von den frühen 90er-Jahren bis hin zu den frühen 2000ern gab es nur wenige Shows, deren Moderatoren sich nach Ende ihrer Talkzeit auch weiterhin eine komfortable Position im TV erhalten oder ihre Lage sogar noch verbessern konnten. Eigentlich waren es nur vier an der Zahl.

Der erste startete 1996 in Sat.1 mit seiner gleichnamigen Sendung - «Johannes B. Kerner». Vorher als Sportreporter beim SFB und Moderator vom «Punkt 5 Länderreport» in der ARD tätig, wechselte Kerner 1992 zum Bällchensender, um dort einer der «ran»-Fußballmoderatoren zu werden. Seine tägliche Talkshow war dann ab 1996 auch gleichzeitig der erste Daily-Talk im Sat1-Programm.

Verglichen mit den meisten anderen Kollegen aus der Zunft, war Kerners Sendung weniger konfrontativ und mit Skandalen behaftet. Die Themen waren zwar auch bei ihm nicht immer das gelbe vom Ei, doch wirklich aufgeregt haben sie niemanden – weder Fernsehzuschauer, noch die Medienwächter. Kerner nutzte die Sendung derweil aber schon mal, um sich seine typische, etwas verkrampfte Neutralität und sein Motto „Man wird doch nochmal fragen dürfen“ anzueignen, die er später bei seinem ZDF-Abendtalk noch des Öfteren zur Geltung kommen lassen würde.

Und genau dort stieg dann auch seine wirkliche Berühmtheit: Ab 1998 im ZDF als Gastgeber seiner «Johannes B. Kerner»-Show und Moderator von verschiedenen Sportsendungen und abendlichen Event-Unterhaltungsformaten. Bis 2009 blieb er dem Zweiten treu und kam dann wieder zurück zu Sat1, um erneut «ran» zu präsentieren und sein neues Talkmagazin «Kerner» zu starten. Von seinen Daily-Talkshows aus den 90ern ist vor allem eine Folge vom 22. März 1996 in Erinnerung geblieben, die das selbstironische Thema „Ich hasse Talkshows“ hatte. Dabei kam ein Gast aus der ersten Reihe des Publikums zu Wort, der bekannte, dass er eigentlich auch Talkshows hasse und deshalb im Studio sei.

Ein Satz, mit dem Kerner einige Ausgaben seines Daily-Talks beendete, bildete auch gleichzeitig eine Parallele zu seinem Kollegen «Peter Imhof»: „Jeder Mensch ist verschieden“. Frei nach dieser Erkenntnis wurde Kerner also auch zu einem der bekanntesten deutschen TV-Gesichter, während Imhof in den Untiefen der dritten Programme verschwand. Als Kerner 1998 von Sat.1 zum ZDF entschwand, wurde jemand sein Daily-Talk-Nachfolger, der ebenfalls zu jenen wenigen berühmten Moderatoren seines Genres wurde und später in einem anderen Show-Genre, nämlich dem Quiz, Fuß fasste: Jörg Pilawa. Der Hamburger präsentierte von 1998 bis 2000 seine tägliche Talkshow «Jörg Pilawa»; ebenso wie Kerner am Vormittag um 11 Uhr in Sat.1. Gesendet wurde übrigens aus dem gleichen Studio, das Kerner nutzte. Dort enstand später auch «Franklin».

Schon vorher moderierte Pilawa mit seiner ersten Fernsehsendung «2 gegen 2» bei Pro Sieben einen Talk, allerdings aus dem politischen Bereich. 1996 kam er zu Sat.1, um dort – ebenso wie Kerner – zunächst durch «ran» zu führen. Pilawa war oftmals als Sportmoderator des Newsblocks am Morgen zu sehen.

In seinem Daily-Talk führte Pilawa die Schiene von Kerner fort, sein Talk gehörte zu den Harmloseren. Zwar waren auch seine Themen waren nicht von den teils primitiven seiner Kollegen zu unterscheiden, doch versuchte Pilawa nie die Diskussion anzuheizen oder Gäste bloß zu stellen, sondern eine Runde stets versöhnlich abzuschließen. Ob das sowohl bei Kerner als auch Pilawa der Grund für den Erfolg nach der Daily-Talk-Zeit war, lässt sich nicht bestimmt sagen, aber man darf wohl möglicherweise davon ausgehen.

So ließ Sat.1 seinen Jörg Pilawa ab 2000 «Die Quizshow» im Vorabendprogramm moderieren und eröffnete ihm damit den Einstieg in sein künftiges Kerngenre und die Möglichkeit zum endgültigen Aufstieg. So wurde er 2001 von der ARD verpflichtet und dort zum Unterhaltungsshow-Markenzeichen mit einer eigenen täglichen Quizshow und vielen Ausflügen in die Primetime aufgebaut. Seit 2010 quizzt er nun im ZDF und soll auch hier bald größere Abendshows, vor allem am Wochenende, präsentieren. Sollte sich «Wetten, dass..?» als eine davon herausstellen, wäre Pilawa wohl der am steilsten aufgestiegene Daily-Talker.

Eine besondere Folge von «Jörg Pilawa» ist nicht in Erinnerung geblieben, wohingegen man bis heute weiß, dass er von 2001 bis 2007 auch bei einer ARD-Anstalt getalkt hat: In der «NDR-Talkshow» interviewte er dann auch vor allem berühmte Persönlichkeiten. Im ZDF sollte er zunächst auch talken, doch sah man ihn in seiner überwiegenden Rolle inzwischen doch schon eher als Quizmaster und gab ihm mit «Rette die Million!» eine ziemlich sichere Bank.

In einem späteren Interview kritisierte Pilawa sich übrigens einmal selbst für seine schmuddelige Daily-Talkshow-Zeit. Zwei Männer also wurden nach ihrem täglichen Talkeinsatz also schon mal so richtig bekannt. Es waren aber nicht nur Männer, die eine steile Karriere starteten – auch zwei Frauen war nach ihrem Talk-Aus noch eine größere Karriere beschieden.

Bleibt man zunächst nochmal bei Sat.1, dann muss man auf jeden Fall Sonja Zietlow nennen. Sie präsentierte von 1997 bis 2001 erfolgreich ihre Talkshow «Sonja» auf dem bis heute mit Talk belegten 13-Uhr-Sendeplatz. Bis dato nur als Moderatorin von Kindersendungen wie «Bim Bam Bino» oder «Hugo» aufgefallen, konnte sie während ihrer Talk-Zeit schon einmal für ihre weitere Linie üben und fiel besonders mit harten Fragen und Kommentaren auf, wie sie sie später auch bei «Der schwächste fliegt!» oder «Ich bin ein Star – holt mich hier raus!» brachte.

Die Themen waren ebenso hart an der Grenze. Dennoch: Einen richtigen Skandal, für den eventuell sogar die Medienwächter eingeschritten wären, brachte die Sendung im Vergleich zu zahlreichen ihrer Artgenossen so gut wie nie hervor. «Sonja» vollbrachte also insofern ein kleines Kunststück. Nur eine einzige Ausgabe vom 25. April 1997 veranlasste die Landesmedienanstalt von Rheinland-Pfalz, Sat.1 100.000 D-Mark Bußgeld aufzuerlegen. Darin wurde ein etwa 11-jähriges Mädchen von ihrer Mutter, dem Studiopublikum und Zietlow selbst verbal doch recht heftig angegangen. Einen Verweis an alle Sender, Kinder nicht zu beeinträchtigen und verantwortliches Fernsehen zu produzieren, sprach die Medienanstalt in Folge dessen ebenfalls aus.

Nach rund 800 Folgen beendete Zietlow «Sonja» trotz immer noch ziemlich guter Quoten und ging ihrem Job im täglichen Nachmittagsprogramm dann bei RTL nach: Als herrische und zynische Moderatorin der Daily-Quizshow «Der schwächste fliegt!». Bei RTL durfte sie dann auch einige Abendshows zur Primetime präsentieren und wurde schließlich einem Millionenpublikum durch ihre ebenso zynische wie unterhaltsame Doppelmoderation mit Dirk Bach beim «Dschungel-Camp» bekannt. Hier richtet sie noch heute.

Die zweite Frau im Bunde, der dieser Tage noch tätigen und bekannten Daily-Talkerinnen, ist Andrea Kiewel. Noch im DDR-Fernsehen gestartet, bekam sie es ab 1993 mit dem «Sat.1-Frühstücksfernsehen» zu tun. Ab 1997 gab es dann ihren täglichen «Talk X» bei ProSieben. Darin ging es stets um esoterische und übernatürliche Themen. Von Fengshui über Astrologie bis hin zur Beeinflussung der weiblichen Zyklen durch den Mond musste Kiewel alles mit ihren Gästen bereden, zu denen eben nicht nur „Normalos“ gehörten, die zu dem Thema X schon einmal etwas erlebt haben, sondern auch Experten. Folglich kam die tägliche „Kiwi“-Talkshow auch nicht krawallig daher und war ebenso wenig auf offensichtliche Art und Weise unterhalb der Gürtellinie.

Die Titelmusik verband den «Talk X» ebenso wie der Sendungstitel ansich mit der Mystery-Serie «Akte X», die zu der Zeit ebenfalls sehr erfolgreich bei ProSieben lief. Der tägliche Talk zum mysteriösen Thema war aber nicht annähernd so erfolgreich und so musste Andrea Kiewel schon nach nur einem Monat wieder einpacken. Jedenfalls bei ProSieben. Eine größere Karriere war ihr danach aber ab 2000 mit der Moderation vom «ZDF-Fernsehgarten» am Sonntag-Vormittag sicher, durch den sie – mit Unterbrechung durch einen Schleichwerbeskandal – bis heute führt. Einem größeren Publikum wurde sie aber nicht nur 2007 durch ihre heiß diskutierte Werbung für die „Weight Watchers“ bekannt, sondern auch durch einige Ausflüge ins Primetime-Programm. So präsentierte in den Jahren 2000 und 2001 die ZDF-Spielshow «Jede Sekunde zählt» zur „Aktion Mensch“-Lotterie, blieb wie Pilawa dem Talk-Genre in etwas professionellerer Form beim alten MDR-Talkshowschlachtschiff «Riverboat» treu, auf dem sie 2007 Jörg Kachelmann und Jan Hofer unterstützte und moderiert sich seit 2009 mit Rechtsanwalt Ralf Höcker durch «Ein§pruch! Die Show der Rechtsirrtümer» bei RTL.

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