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Große Hoffnungen und edle Ziele
Mit großen Erwartungen wird die Reihe am 11. Mai um 22.45 Uhr auf Sendung gehen, denn die Neueinführung sei nicht nur ein „publizistisches Statement“, sondern auch als Schaufenster für „selbstgemachten Journalismus“ zu verstehen. Gleichzeitig wäre das Format von der Flexibilität der Laufzeiten so konzipiert, dass internationale Kooperationsmöglichkeiten bestünden. ZDF-Chefredakteur Frey erwarte von dem neuen Format zudem mehr Tiefe, als dies in den bisherigen Magazinen möglich ist, bei einem gleichzeitigen aktuellen Bezug. Gegenwärtige Großereignisse sollen darin so schnell wie möglich aber trotzdem fundiert, behandelt werden. Es muss sich zeigen, wie die Redaktion diesen Spagat meistern wird.
Neu ist dabei die Tatsache, dass der Sendeplatz nun nicht mehr wie bisher üblich nach Ressorts besetzt wird, sondern mehr vom Format herangegangen werden soll. Künftig müssen also die In-, Auslands- oder Politikredaktionen nicht mehr eine bestimmte Anzahl an Beiträgen abliefern, sondern der jeweils kompetenteste Autor wird sich dem entsprechenden Thema widmen. Hier sieht Frey neben der zuständigen Redaktion auch die ZDF-Korrespondenten im In- und Ausland in der Verantwortung. Zudem könne er sich eine Einbindung von hauseigenen Köpfen wie Claus Kleber oder Marietta Slmoka vorstellen.
Neue Wege und frische Optik
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Abgesehen von den sichtbaren Autoren will man auch optisch neue Wege bestreiten und die Inhalte dadurch lebendiger gestalten. Dazu würden die Dokumentationen mit anderen Kameras und in einem filmischen Look von jungen und kreativen Kameraleuten und Cuttern produziert werden. Zusätzlich sollen vor allem integrierte 3D-Grafiken die Beiträge veredeln. Statistische Angaben würden so beispielsweise nicht wie bisher üblich als Bildtrenner, sondern direkt in die laufenden Bilder eingefügt werden. Dadurch könne der Zuschauer der Geschichte besser folgen. In den gezeigten Beispielen wirkten diese Einblendungen tatsächlich innovativ und dynamischer. Vor allem die „Bauchbinden“, welche die Sprecher vorstellten, fielen positiv auf, lenkten aber in einigen Fällen durch eine permanente Bewegung zu sehr ab. Problematisch scheint bei der integrierten Darstellung zu sein, dass kaum Raum für komplizierte Grafiken zur Verfügung steht. Komplexe Zusammenhänge werden sich auf diese Weise nur schwer darstellen lassen.
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Das erweist sich als umso schwieriger, wenn man sich die abstrakten Titel der ersten geplanten Ausgaben anschaut. Titel wie «Tatort Urlaubsparadies», «Hilfe, ich bin nackt!» oder «Das Recht des Stärkeren» erinnern eher an Boulevardbeiträge der Privatsender und lassen nicht direkt erkennen, welches gesellschaftlich relevante Thema sich dahinter verbirgt. Dies soll laut Dezer allerdings stets zu Beginn jeder Ausgabe durch eine eindeutig formulierte Eingangsfrage geklärt werden, die dabei direkt aus dem Erfahrungshorizont der Zuschauer kommen soll. Denkbar wären beispielsweise Fragen wie „Warum ist mein Sprit so teuer?“ oder „Wieso bekomme ich als Kassenpatient keinen Arzttermin?“. Anhand solcher konkreter Fragen, die sich die Zuschauer selbst stellen würden, soll im Laufe der Dokumentation ein Gesamtüberblick geschaffen werden.
Es bleibt dabei zu hoffen, dass die allgemeinen Titel ein Einschalten nicht von vornherein verhindern und die Zuschauer damit gar nicht erst zur zentralen Frage vorstoßen können. Bei einer anvisierten Resonanz von knapp zwei Millionen Zuschauern scheint es zudem schwierig, sich auf die Erlebniswelt aller Menschen einstellen zu können, ohne die Inhalte auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner und damit auf Stereotypen zu verkürzen. Hier muss die Redaktion viel Fingerspitzengefühl beweisen, um sich von Ratgeber- oder Wissensmagazinen wie «Galileo» abheben zu können und bei der Suche nach einer vermeintlich gemeinsamen Zuschauerperspektive den Blick für Besonderheiten nicht zu verlieren.
Neue Programmstrukturen und Kooperationen
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Darüber hinaus soll «ZDFzoom» auch stark mit dem Magazin «Frontal 21» am Dienstagabend verbunden werden, bei dem ein Thema bereits magazinisch aufbereitet werden könnte, um dann am Mittwochabend vertieft zu werden. Christian Dezer hob dabei hervor, dass bei der Produktion einer Dokumentation, ein Magazin-Beitrag fast nebenbei mit abfallen könnte. Angesichts dieser Äußerung besteht die Gefahr, dass die Verknüpfung dem Zuschauer tatsächlich keinen Mehrwert bietet, sondern innerhalb von «Frontal 21» lediglich eine komprimierte Fassung der Dokumentation als Programmteaser auftauchen wird, wie es bereits in den Magazinen der Privatsender gängige Praxis ist.
Zudem soll das neue Projekt den ZDFinfokanal stärken, der im September überarbeitet wird. Dort soll die Reihe, sofern dies die Aktualität der jeweiligen Ausgabe zulässt, bereits am Dienstagabend zur Hauptsendezeit seine Vorpremiere feiern. Zusätzlich werden die Beiträge in der Mediathek abgelegt, wo sich bereits frühere Dokumentationen mit bis zu 300.000 Klicks innerhalb weniger Tage großer Beliebtheit erfreut hätten.
«ZDFzeit»: Ein weiterer Neuzugang
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Ist diese etabliert, könnten die drei Sendungen regelmäßig zusammenspielen. Die «ZDF.reportage» soll dabei sehr zeitnah einzelne Schicksale nachzeichnen, während «ZDFzoom» etwa drei Wochen später im Stil einer Doku aufklären soll, wie es zu diesem Ereignis kommen konnte. «ZDFzeit» könne dann zum ersten Jahrestag des Geschehens eine minutiöse Nachbildung der Ereignisse liefern.
Neue Probleme
Doch dies ist zunächst noch Zukunftsmusik, denn «ZDFzoom» wird sich zunächst allein beweisen müssen. Als Resonanz erwartet Frey Werte, „mit denen man aufrecht durchs Land gehen kann“. Als Richtwert nannte er einen Gesamtmarktanteil von acht Prozent. Der Audienceflow am Mittwochabend wird bei der Erreichung des Ziels genauso hilfreich sein wie der regelmäßige Sendeplatz. Probleme sind jedoch bereits schon vor dem Start vorprogrammiert. Wenn ab dem kommenden Jahr die Übertragung der «Champions League» am Mittwochabend in der Regel bis 23.00 Uhr laufen wird, müsse es laut Frey zu Abwägungen kommen, was gezeigt werden könne. Von geplanten 44 Ausgaben im ersten Jahr, hofft er im Folgejahr dennoch mehr als 30 zeigen zu können.
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