Gut ein Jahr nach dem Start wird sixx immer relevanter – beim Publikum, aber auch in der Branche.
Als die ProSiebenSat.1-Gruppe den Start der sogenannten „Senderin“ sixx ankündigte, einem Programm für jüngere Frauen insbesondere zwischen 14 und 39 Jahren, klang zwar nicht jedes Branchenecho überzeugt – doch die Idee dahinter leuchtete schon ein: Mit DMAX wurde vor Jahren ein unabhängiger (also nicht zu einer der beiden großen Sendergruppen gehörender), relativ erfolgreicher Männersender gestartet, der es innerhalb kurzer Zeit zu respektablen Einschaltquoten, einer bekannten Marke und zu einem guten Image gebracht hatte. Immerhin konnte DMAX schon ein Jahr nach Start Zielgruppen-Marktanteile von einem Prozent und mehr vorweisen – damit übertraf man fast auf Anhieb beispielsweise mehrere ARD-Dritte, Sport1 und Eurosport, MTV und VIVA sowie Nachrichten- und Kultursender.
Was lag also näher, ein entsprechend frauenaffines Programm zu starten, wenn es bei den Männern klappte? ProSiebenSat.1 sah die Chance und startete sixx am 07. Mai 2010 auf lediglich digitalen Verbreitungswegen. Interessant war insbesondere für Werbekunden, dass sixx auf Unterbrecherwerbung verzichtete – also dass während laufender TV-Formate keine Spots geschaltet werden, sondern lediglich zwischen eben jenen.
Ich glaube, dass dieses Konzept einen erheblichen Anteil am stetig wachsenden Erfolg von sixx hat: In der heutigen diversifizierten Fernsehlandschaft gibt es nur noch geringe Möglichkeiten, einen Spartensender – innerhalb so kurzer Zeit! – so bekannt und beliebt zu machen, wie es bei sixx der Fall ist. Erst kürzlich, am Ostermontag, meldete das Programm mit 1,0 Prozent Tagesmarktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen einen neuen Allzeit-Rekord; zuletzt machte der Sender mit immer neuen Quotenrekorden auf sich aufmerksam. Wenn Quotenmeter.de in den vergangenen Wochen über sixx-Zuschauerzahlen berichtete, dann (zwangsweise) lediglich positiv aufgrund höchst überraschender Erfolge.
Die Ziel- und Kernzielgruppe werden ein Jahr nach dem Senderstart erstaunlich gut erreicht; sixx wird zu mehr als drei Viertel von Frauen eingeschaltet und über 61 Prozent der Zuschauer gehören den 14- bis 39-jährigen Frauen an. Damit übertrumpft sixx auf Anhieb die Werte des männlichen Pendants DMAX, das nach knapp fünf Sendejahren 71 Prozent der Männer sowie 58 Prozent der Kernzielgruppe (Männer 14-49) erreicht.
Natürlich spielt beim sixx-Erfolg auch die stark unterstützende Promotion der größeren ProSiebenSat.1-Sender eine Rolle, die der Marke innerhalb kurzer Zeit größere Bekanntheit verleiht. Ohne diesen Hintergrund kann ein solcher Spartensender im aktuell eigentlich gesättigten Fernsehmarkt nicht in diesem Tempo wachsen – er wäre zwar erfolgreich geworden, aber langsamer.
Grundstein des Erfolgs dürfte aber das innovative Werbekonzept sein, das allein aus logischen Gründen viel „einsteigerfreundlicher“ und zugänglicher um Zuschauer wirbt. Denn ohne Werbung während der Sendungen bleibt das Publikum dran, lernt den Sender kennen, verfällt nicht in Zapping-Wahn – was vielen kleinen TV-Stationen das Leben schwer macht. Das sixx-Konzept sticht dem Zuschauer sofort ins Auge und fällt auf (auch aufgrund anderer Anfangszeiten, denn nach 20.15 Uhr beginnt die nächste Sendung oft beispielsweise schon um 21.00 Uhr anstatt 21.15 Uhr). Die fehlenden Einnahmen durch weniger Werbung dürften sich langfristig rechnen, da Zuschauer schnell und zahlreich den Sender entdecken, die Werbepreise bei höherer Reichweite folglich steigen. Mit Sonderwerbeformen oder Product Placement will sixx künftig verstärkt agieren und damit weiterhin auf weniger plakativem, weniger klassischem Weg seine Einnahmen erzielen. Sollte diese Strategie zunehmend erfolgreich sein und sixx weiter wachsen, dann werden auch andere Programme über einen Wechsel ihres klassischen Werbemodells nachdenken.
Vor wenigen Tagen hatte ProSiebenSat.1 angekündigt, den Sender 9live und das Geschäftsmodell Call-In einzustellen. Die freiwerdenden Frequenzen werden wohl für die stärkere Verbreitung der Senderin genutzt – ein modernes Geschäftsmodell löst ein überholtes ab. So könnte sich Fernsehen in Zukunft für Werbetreibende und Zuschauer gleichermaßen gestalten. Beide würden profitieren: Der Zuschauer vom Rückgang der störenden Reklame während der Sendungen, die Werbetreibenden von den endlich ersehnten modernen PR-Formen, die effizienter und zielgruppengenauer und mit stärkerer Akzeptanz beim Publikum ankommen, ohne nervig zu wirken.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.