Weit vor «Glee» versuchte sich Steven Bochco an einer Mischung aus Polizeiserie und Broadwalk-Musical.
Musicalserien sind in eine Renaissance gekommen. Ohne Frage ist «Glee» das Top-Produkt aus dem Genre, allerdings vergessen viele Leute schnell, dass es nicht die erste Serie ihrer Art war. Schon vor 21 Jahren entwickelte der TV-Autor und Produzent Steven Bochco, der zuvor mit den NBC-Dramen «Hill Street Blues» und «L.A. Law» dabei war, TV-Geschichte zu schreiben, eine Idee, welche zu der Zeit sicherlich das Fernsehen revolutioniert hätte. «Cop Rock» war geboren, und damit ein ambitioniertes Projekt, in welchem Polizisten und Anwälte, wie es sich in einer Bochco-Serie gehört, ihrer Arbeit nachgehen und hin und wieder, wie es sich für ein Musical gehört, in eine Song- oder Tanznummer brechen und dabei die normale Welt des Gesetzes surreal erscheinen lassen.
Am 26. September 1990 premierte «Cop Rock» auf ABC und sollte jeden Mittwoch um 22 Uhr erneut beweisen, dass Steven Bochco zu den Nummer-eins-Produzenten des Fernsehens gehört. Mit einem Budget von 1,8 Millionen US-Dollar pro Episode war «Cop Rock» seiner Zeit die teuerste Serie, und mit Randy Newman gab es einen legendären Singer/Songwriter, der nicht nur den Titelsong „Under the Gun“, sondern auch einige der Originalsongs in der Serie schrieb. Die Kritiker waren enthusiastisch, was die Machart der Serie anging, und erwarteten jede Woche ein Spektakel – immerhin gab es nicht jedes Jahr eine Serie mit den erfolgreichen Elementen eines Polizeidramas und den showstoppenden Musicalnummern eines Broadwaystückes. Zu recht, wie sich schon bald herausstellte – am 12. November wurde die Produktion der Serie nach der elften Episode eingestellt, und am 26. Dezember flimmerte die letzte Performance mit allen Cast- und Crewmitgliedern über die Bildschirme.
Die Einschaltquoten waren schon von Beginn an für ABC-Verhältnisse ungenügend. All die Promotion im Fernsehen und selbst auf tausenden von Kinoleinwänden haben keine Zuschauer an Land gebracht. Am Ende der TV-Season rangierte «Cop Rock» an 80. Stelle von 101 Serien; mit einem Ratingsdurchschnitt von 7.4 war nichts zu holen, besonders wenn man die schwache Konkurrenz (auf NBC lief mit «Hunter» sogar ein weiteres Polizeidrama in seiner finalen Staffel im direkten Duell) bedenkt. Noch bevor ABCs Unterhaltungspräsident Robert Iger die Absetzung verkündete, versuchten er und Bochco «Cop Rock» ins nächste Jahr zu retten und diskutierten sogar über den Verzicht der Musicalnummern. Bochco lehnte jedoch ab, und Iger verkündete die Absetzung ohne die Gründe zu nennen und nicht ohne die Serie mit Lob zu überschütten.
Heute gilt «Cop Rock» als verschollenes TV-Gut und als eines der größten Fehlschläge in der Geschichte des US-Fernsehens. In 2002 listete TV Guide die Serie auf Platz 8 der "50 schlechtesten TV-Serien" und auch in der Chicago Tribune landete Bochcos Musicalflop unter den 25 schlechtesten TV-Serien. In einem Interview mit CBS News in 2003 versuchte Bochco sich an einer Erklärung: „Einige Leute würden sicherlich sagen, ich habe nicht nachgedacht. Ich dachte, dass «Cop Rock» ein fantastisches Experiment war, aber viele Leute waren beschämt.“ Nichtsdestotrotz war er nicht müde zu behaupten, dass die Produktion von «Cop Rock» der größte Spaß war, welchen er bis dato hatte. Von dem experimentellen Fehlschlag konnte Bochco sich glücklicherweise schnell erholen: Schon 1993 entwickelte er mit «NYPD Blue» eine der wichtigsten und erfolgreichsten Serien seiner Zeit und setzte die Messlatte für dramatisches Fernsehen im Network-Fernsehen noch einmal ein wenig höher. Und mit den einzelnen Musicalepisoden in Serien wie «Xena», «Ally McBeal» oder das Paradebeispiel «Buffy» waren auch bald die Zuschauer bereit, Musical im TV willkommen zu heißen.