
Für die US-Zuschauer war im Herbst schon zwei Folgen früher Schluss, mit der Episode "Firefly" ging es erst im Januar weiter, als «Fringe» sich auf einem neuen Sendeplatz am Freitagabend eingewöhnen musste, auf dem Jahre zuvor bereits eine hoch gelobte Sciencefiction-Serie verkümmerte. Ihr Titel: «Firefly». Die Befürchtungen, dass «Fringe» seine Abschiedstournee gibt, waren also berechtigt - erst recht nachdem die Einschaltquoten unter die propagierte Mindestgrenze fielen. Umso überraschender die Nachricht, die bereits einige Wochen vor den Upfronts-Veranstaltungen kam: Fringe wird im Herbst mit 22 neuen Folgen zurückkehren.

Ohne böse Geister beschwören zu wollen, erinnerte vieles an die späten Staffeln von «Lost». «Fringe» riss - wie aber auch früher schon - immer wieder rote Fäden an, nur um anschließend Monate lang kein Wort mehr darüber zu verlieren. Es drosselte das Erzähltempo ohne den entstandenen Raum mit starken Einzelepisoden zu füllen. Bemerkenswert ist auch hohe Maß an Esoterik, das Einzug in die Serie erhielt. Liebe siegt über Physik, Schicksal über den Tod und Walter beginnt sogar, die menschlichen Chakren in seine wissenschaftlichen Überlegungen einzubeziehen. In einer Serie, die sich stets pseudowissenschaftlich orientierte, ist das durchaus gewöhnungsbedürftig.
Ab und an macht es den Eindruck, als wäre den Autoren die Staffel einfach ein halbes Jahr zu lang gewesen. Einige teils recht obskure Nebenschauplätze werden aufgetan und nach wenigen Folgen ohne relevante Entwicklungen wieder beendet. Mehrmals werden Episoden eingeschoben, die den Anschein erwecken, ein wichtiges Stück Mythologie zu sein und dann doch nur marginalste Erkenntnisse einbringen. 22 neue Folgen hat die Serie ab Herbst, für die sich die kreativen Köpfe einiges einfallen lassen müssen. Auch um mit dem Budget hauszuhalten, dessen Mangel ausgerechnet im zweiteiligen Staffelfinale unübersehbar war.


Vorwerfen kann man das selbstverständlich niemandem. Doch auch an anderen Stellen zeigen sich ungewohnte Schwächen. Die Plots der zweiten Staffelhälfte sind manchmal ziemlich zerfahren, wirken zuweilen unfertig. Eine unsterbliche Attentäterin stirbt erst als durch ihr Tun vielen Menschen das Leben rettet, da sich nun ihr Schicksal erfüllt hat. Ein Ehepaar überwindet die Grenze zwischen den Universen durch die Kraft ihrer Liebe. William Bells Seele übernimmt den Körper von Olivia. Trotz Dasein als Mysteryserie strapaziert «Fringe» seine Glaubwürdigkeit sehr. Einher geht dies mit kräftigen Logiklöchern, die dem Fortgang der Geschichte wegen offenbar billigend in Kauf genommen werden. Eine Retro-Folge zeigt wie Olivia und Peter als Kinder aufeinandertreffen und wie Olivia eng mit Walter zusammenarbeitet. Szenen, an die sich in der Gegenwart offenbar niemand mehr erinnert. Auch die Herkunft der Maschine, die Walter selbst aus der Zukunft in die Vergangenheit geschickt haben soll, ergibt wenig Sinn und wird von der Serie selbst mit dem Begriff "Paradoxon" abgefrühstückt.

An Highlights wie sie zu Beginn der Staffel mit dem ungewöhnlichen Roadtrip "Olivia", dem clever geschriebenen "Milo" oder der schaurig-schönen Parabel "Marionette" reichlich vorhanden waren, mangelt es. Am Potential, diese zu wiederholen jedoch nicht. Das Finale der Staffel lässt die Zuschauer mit vielen spannenden Fragen und einer völlig neuen Ausgangssituation zurück. Nicht länger steht die Vernichtung einer Welt auf dem Plan, sondern ihre gemeinsame Rettung. Und was es mit dem Verschwinden Peters auf sich hat, dürfte einigen Fans bis zum Herbst schlaflose Nächte bereiten. Hoffentlich jedoch nicht auch den Autoren der Serie.