Die Kritiker

«Willkommen in Wien»

von

Story


Der korrupte österreichische Polizist Albert Schuh, dessen Partner vor wenigen Monaten erschossen wurde, arbeitet in der Abteilung „Einbruch und Diebstahl“ und ist gar nicht gut drauf. Denn der Mörder seines Partners ist immer noch nicht gefasst. Ausgerechnet Grubmüller, mit dem Polizist eine langjährige Feindschaft verbindet, leitet derzeit die Mordkommission, die sich mit dem Fall seines ermordeten Partners beschäftigt. Da Schuh ihm nicht über den Weg traut, ermittelt er deshalb selbst, was seiner Vorgesetzten aber gar nicht schmeckt.

Schuh, der in seinen privaten Ermittlungen ein Einzelgänger geworden ist, bekommt von seiner Chefin deshalb einen neuen Partner vorgesetzt: Ein Deutscher namens Thorsten. Ausgerechnet ein junger Kerl, der noch nicht über so viel Erfahrung in der Polizeiarbeit in Wien verfügt. Noch dazu ein Deutscher. Schuh ist ziemlich angefressen und verhält sich dem Neuen gegenüber pampig. Denn Thorsten ist ein Ausbund aus Korrektheit und Ehrgeiz. Er klebt an Schuh wie eine Klette, ist seiner Ansicht nach bei den Ermittlungen nur im Weg, kritisiert alles was er tut und ist für Schuh so entbehrlich.

Ein seltsamer Einbruch bei einem Antiquitätenhändler, bei dem offenbar nichts gestohlen wurde, sorgt für weiteren Zoff zwischen den beiden neuen Partnern. Während Thorsten überzeugt ist, dass bei der Sache etwas faul ist, ist Schuh froh, wenn er einen Fall weniger hat. Schuh drängt Thorsten in eine eigentlich unnötige Undercover-Aktion bei einer Sex-Hotline, bei der es vor kurzem ebenso einen Einbruch gab. Es passieren weitere Einbrüche, und als der „schnelle Rudi“, ein Einbrecher und Jugendfreund von Schuh in großer Gefahr schwebt, wird Schuh klar, dass der Einbruch beim Antiquitätenhändler doch mehr zu bedeuten hat, als bisher angenommen.

Darsteller


Wolfgang Böck («Adel Dich») ist Albert Schuh
Florian Bartholomäi («Der Vorleser») ist Thorsten Richter
Aglaia Szyszkowitz («Einsatz in Hamburg») ist Stadthauptfrau
Ursula Strauss («Schnell ermittelt») ist Lucy
Johannes Silberschneider («Oben ohne») ist Rudi
Julia Stemberger («Der Alte») ist Susi Wagner
Peter Faerber («FC Rückpass») ist Grubmüller
Heinz Hönig («Die Affäre Semmeling») ist Andropow

Kritik


„Was solln der Schaß?“, brüllt der Ermittler Schuh, im Film dargestellt von Wolfgang Böck, als ihm ein neuer, junger Kollege aus Deutschland vorgesetzt wird. Die bereits Ende 2010 von der Wiener Produktionsfirma Allegro für ORF und ZDF hergestellte Krimi-Komödie ist jedenfalls kein „Schaß“. Vielmehr ist sie eine unterhaltsame Mischung aus spannenden wie komischen Elementen, die die jeweiligen Szenen bereithalten. Eine Extraportion Wiener Schmäh gibt es obendrauf. Umso skurriler wirkt der ZDF-Krimi, wenn selbst schwere Themen wie Korruption, Sex-Hotlines und eine Einbruch-Serie mit einer gewissen Lockerheit behandelt werden. Der Wiener Charme greift um sich. Gerade der altgediente Polizist Schuh, den Böck auf unnachahmliche Art spielt, verkörpert die doppelte Moral, die in dem Film gleich an mehreren Stellen angedeutet wird. Denn den „Moralapostel“ bekommt Schuh mit dem neuen Kollegen Thorsten Richter, den Florian Bartholomäi ebenso überzeugend spielt. Ein „Piefke“ soll für Recht und Ordnung in Wien sorgen, ja gerade in Wien. Noch lacht Schuh den neuen Kollegen Richter aus, wenig später geht der Junge ihm aber auf den Senkel. Denn der Deutsche ist ehrgeizig, was Schuh nur noch kennt, wenn er wieder auf eigene Faust den Mord an seinem Ex-Kollegen aufklären will. Noch dazu ist Thorsten Richter geradlinig und gesetzeskonform, während auch unter Polizisten hier und da krumme Dinger gedreht werden.

Kurzum ist der korrekte Deutsche, Thorsten Richter, das krasse Gegenteil zu dem leicht korrupten, leichtfüßigen Wiener, Albert Schuh. Ein ungleiches Paar, das sich als Team zusammenraufen muss. Katarina Bali hat das im Drehbuch wunderbar gelöst, so dass gerade die Szenen zwischen Schuh und Richter sehr erfrischend, rasant und auch witzig daher kommen. Großartig sind nämlich die Dialoge zwischen beiden Charakteren, in die die Drehbuchautorin auch Fragen der gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland aufwirft. Der Vergleich beider Länder, Kulturen und Sitten wird nicht gescheut, auch ohne eine abschließende Bewertung zu finden. Gerade das ist sehr lobenswert und ein deutliches Plus für den Film. Ferner nimmt Bali die Thematiken in ihren Dialogen auch nicht ganz ernst, sondern schon auch mit einer gewissen Lockerheit. Das führt dazu, dass witzige Momente entstehen, in denen dem Zuschauer nicht nur ein Lächeln auf die Lippen gezaubert wird. Beim verbalen Schlagabtausch zwischen Schuh und Richter hat der Zuseher gut lachen. Denn in diesen Szenen laufen die beiden Schauspieler Böck und Bartholomäi zur Hochform auf. Es amüsiert dem Duo zuzusehen, das man sich auch in einer flotten Krimi-Serie vorstellen könnte. Der Deutsche und der Ur-Wiener, gerade diese Konstellation macht das Drehbuch aus.

Was aber weniger zum Gelingen des Films beigetragen hat, ist der Kriminalfall selbst. Der ist erst im letzten Drittel des Films wirklich spannend und hat kaum überraschende Momente. Vielleicht aus deshalb, weil Regisseur Nikolaus Leytner die Story zu geradlinig erzählt. Bei all der Skurrilität, die in der Geschichte und der Figurenkonstellation steckt, wünscht man sich gelegentlich eine aufgeweckte Umsetzung. Ohnehin nimmt der Film auch erst richtig Fahrt auf, wenn Florian Bartholomäi als Thorsten Richter mitmischen darf und die filmische Welt etwas aus den Fugen geraten lässt. Es sind tatsächlich die stärksten Momente des Films als Thorsten Richter seinen neuen Kollegen Schuh bei der Chefin verpetzt, wenn er Schmiergeld kassiert oder in der Wiener Gastwirtschaft einen Salat statt dem Wiener Würstl verzehrt und auch kein Bier ausgegeben haben möchte. Das schmückt die ansonsten eher tröge Krimi-Geschichte aus und rettet den Film, der ansonsten kaum Spannung und Witz vorzuweisen hätte. Dazwischen gibt es aber Schmäh vom Feinsten. Willkommen in Wien.

Das ZDF zeigt «Willkommen in Wien» als Fernsehfilm der Woche am Montag, 30. Mai 2011, um 20.15 Uhr.

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