Das war es. Am Mittwoch verabschiedeten die TV-Gemeinde und Sie sich von 25 Jahren «Oprah Winfrey Show», von 25 Jahren der erfolgreichsten Talkshow innerhalb des US-Fernsehens. Werktäglich begrüßten Sie bei den Lokalstationen der vier größen Networks sowohl prominente als auch unbekannte Gäste. 25 Staffeln talkten Sie sich durch 4.561 Folgen Ihrer weltberühmten Sendung, die Sie selbst sehr berühmt und (erfolg)reich machte.
Was war aber der Grund Ihres Erfolgs? Wahrscheinlich Ihre hohe Glaubwürdigkeit. Weil Sie als armes, schwarzes Kind minderjähriger Eltern in Zeiten der Apartheid zur Welt kamen, welches mit neun Jahren sexuell missbraucht und mit 15 Jahren selbst schon schwanger wurde, das eigene Kind kurz nach der Geburt sterben sehen mussten, daraufhin drogen- und esssüchtig wurden und sich mühselig hochzuarbeiten hatten, nahmen die Zuschauer Ihnen Ihre Einfühlsamkeit, mit der Sie stets Ihre Fragen stellten, ohne Weiteres ab. Es schien immer so, als ob Sie selbst von den typischen, amerikanischen Alltagstragödien, die Sie wie kein anderer rührend und interessant mit den dazugehörigen Gesprächspartnern in Ihrer Sendung thematisierten, ein Lied singen könnten. Hinzu kam Ihre hohe Religiosität, denn Sie wurden nie müde zu erwähnen, dass der liebe Gott für Ihren Aufstieg und Erfolg verantwortlich zeichnen würde. Insgesamt kam Ihre Talkshow also immer sehr amerikanisch herüber. Große Emotionen und Pathos waren alles. Der „American Dream“ (den Sie ja also selbst bestens verkörperten) stand oft im Vordergrund. Dank Ihrer natürlichen Persönlichkeit aber nie sonderlich künstlich oder überdreht. Außerdem gaben Sie Ihrem Publikum stets ein Gefühl der Wichtigkeit. Das konnten auch Zuschauer in über 105 Ländern, in denen Ihre Show übertragen wurde, bestätigen. In Deutschland konnten wir Sie dank tm3 und sixx verfolgen. Und Sie standen auch wohl als Vorbild für fast die gesamte Daily-Talkshow-Welle in den 90ern in unseren Landen Patin.
Apropos Deutschland: Irgendwie haben Sie auch etwas mit Thomas Gottschalk gemeinsam. Denn: Auch er wirkte stets glaubwürdig und spielte nie eine Rolle, auch er präsentierte über 20 Jahre lang mit «Wetten, dass..?» eine Sendung, die Ihn richtig berühmt und erfolgreich machte, auch er hatte die meistgesehene Show und auch sein Abschied bedeutet einen Schnitt in der TV-Geschichte seines Landes. Während Ihre Sendung typisch amerikanisch daherkam, präsentierte er mit einer Samstagabendshow ein typisch deutsches Genre. Übrigens seit Ihr beiden auch bei den Quoten zu vergleichen: Beide habt Ihr im Verlauf der Jahre eurer großen Sendung die Zuschauerzahlen halbiert. Sie von über 12 Millionen Anfang der 90er auf gut sechs Millionen zuletzt, Thommy von fast 20 Millionen (ebenfalls Anfang der 90er) auf knappe 10 Millionen heute.
Die größten US-Stars inklusive der von Ihnen unterstützte Präsident Obama erwiesen Ihnen in Ihren Abschiedssendungen die „letzte“ Ehre. Sie waren allein und in ein rosa Kleid gehüllt. Mal sehen, ob Angela Merkel und/oder Christian Wulff unseren Gottschalk ebenso verabschieden werden und ob Thommy bei seinem allerletzten «Wetten, dass..?» auch einen rosafarbenen Anzug tragen und ohne Gäste durch die Finalshow führen wird… Beide bleibt Ihr uns aber im Fernsehen glücklicherweise erhalten: Sie innerhalb Ihres eigenen Kabelkanals OWN (Oprah Winfrey Network), der erst seit 1. Januar 2011 auf Sendung ist, aber durch das Ende Ihrer täglichen Show vielleicht umso mehr Zulauf von Ihren Fans erfahren wird. Thomas bleibt seinem Haussender ZDF zwar treu, aber die Sendung ist noch unklar.
Am Schluss Ihrer letzten Sendung riefen Sie „We did it!“ – das war nicht nur erneut ein typischer USA-Kampfaufruf, sondern die Abschiedsformel einer verdienten Fernsehgröße samt Team vom großen Publikum.
Sie sind DIE Talk-Queen überhaupt. Sie sind nicht nur Moderatorin, sondern auch Produzentin und Geschäftsfrau. Sie sind die erste Afroamerikanerin, die Milliardärin wurde. Sie sind laut TIMES und Forbes-Liste eine der einflussreichsten Frauen der Welt. Sie sind wohl einfach unnachahmlich. Sie sind und bleiben einfach Oprah!
Ihr
Gregor Elsbeck